Die Kunsthalle Rostock zeigt von Sonntag an 53 Gemälde und Aquarelle des Malers Tim Eitel. Der 53-Jährige ist ein Vertreter der Neuen Leipziger Schule. Die Werke umspannen eine Schaffenszeit von 2015 bis 2024. Die Idee für die Ausstellung sei vor zehn Jahren entstanden, als er ein Bild des Malers in Basel gesehen habe, erinnert sich Kunsthallen-Leiter Uwe Neumann. «Tim Eitel gelingt es, die Malerei ins 21. Jahrhundert zu führen.» Die Ausstellung trägt den Titel «Vorschläge für Nachbilder».
Die Bilder füllen die Wände der gesamten zweiten Etage der Kunsthalle. Als Motive wählte Eitel oft Innenräume von Museen, in denen Frauen und Männer betrachtend stehen oder gehen. Die Figuren sind meist fotorealistisch gemalt. «Ich mache keine Skizzen», so Eitel, der an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studierte und seit 2015 an der Kunstschule Beaux-Arts de Paris lehrt. Die Rostocker Ausstellung kuratierte er selbst. Oft entstünden die Bilder im Zwiegespräch mit dem Sujet selbst, sagte er.
Der Begriff Nachbilder steht für Eitel für die Momente und Eindrücke, die visuell nachhallen und -klingen, wenn man die Augen schließt, etwa nach einem Blick in die Sonne. In den Bildern sind es Menschen, die Abdrücke auch im eigenen Leben hinterlassen hätten, noch schemenhaft präsent oder teils schon verschwunden seien. «Es sind die, die da sind ohne wirklich da zu sein», beschrieb der aus Baden-Württemberg stammende Künstler.
Der Gedanke manifestierte sich besonders im 1,80 mal 2,10 Meter großen «Nachbild» (2016-2022). Es zeigt seine vor wenigen Jahren gestorbene Frau mit deren ebenfalls gestorbenem Großonkel gemeinsam gehend, aber doch irgendwie völlig getrennt vor einer angedeuteten Landschaft Südfrankreich. «Ich weiß gar nicht, ob das Bild fertig ist», sagte der Eitel. Das Motiv seiner Frau taucht mehrmals im zweiten Teil der Ausstellung auf.
Zwar gibt es keine empfohlene Laufrichtung durch die hellen Räume. Aber die Unterschiede fallen ins Auge. Gerade in dem Bereich, wo er Menschen in ihren Beziehungen zeigt - Frauengruppen oder gemalten Nahaufnahmen von einem Mann, dem der schwarze Bart gestutzt wird - wird der Betrachter quasi in eine Intimität hineingezogen. Zu erkennen sind fürsorgliche Gesten, in denen zugleich etwas Dominierendes mitschwingt.
Eitel ließ den Figuren in den Szenen ihr Eigenleben. Er sei nicht der allwissende Erzähler. Der Betrachter habe die Freiheit, sich selbst ein Bild zu machen. Deswegen laute der Titel der Ausstellung auch explizit «Vorschläge für Nachbilder». Sie ist vom 2. Juni bis zum 8. September in der Kunsthalle zu sehen.