Das Güstrower Schloss gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der Renaissance im Norden Deutschlands. Fassade und Dach des Ensembles aus dem 16. Jahrhundert werden für rund 30 Millionen Euro restauriert, der Großteil stammt aus EU-Mitteln. Ende 2024 sollen die Arbeiten weitgehend abgeschlossen sein, auch wenn dann wohl die Gerüste noch nicht vollständig weg sind und die Restaurierung der Schlossbrücke noch bis 2025 dauert. Aber die meiste Arbeit sei Ende nächsten Jahres getan, sagte Claudia Henning, zuständige Projektmanagerin beim Staatlichen Bau- und Liegenschaftsamt Schwerin bei einem Vorort-Termin am Dienstag im Güstrower Stadtarchiv.
Man halte sich bei der Restaurierung an historische Quellen wie Fotos, Bauunterlagen und Pläne. «Wir wollen kein Walt Disney», sagte Henning, deren Großvater, Johannes Henning, schon als Maurer- und späterer Baumeister 1923 Grundrisse für Restaurierungsarbeiten am Schloss anfertigte.
Bauforscher Tilo Schöfbeck und Restaurator Matthias Zahn betonten die Einzigartigkeit des Schlosses in Deutschland und Mitteleuropa. «Der vorhandene historische Fotobestand ist fantastisch», so Schöfbeck. Die Fotos stammten teils vom Ende des 19. Jahrhunderts und gäben detailreich Aufschluss auch über die zahlreichen Zierschornsteine. Die größten von ihnen sind fünf Meter hoch, ein Meter breit und rund vier Tonnen schwer. «Das Besondere an ihnen ist: Jeder Schornstein ist anders», hob Zahn hervor.
Die Geschichte des Schlosses ist wechselhaft. Im Dreißigjährigen Krieg residierte dort von 1628 bis 1630 der Kriegsherr auf Seiten der Katholischen Liga, Albrecht von Wallenstein.
Das Gebäude war Militärlazarett, Krankenhaus mit Leichenhalle und ab 1817 Landarbeitshaus, wo Personen untergebracht wurden, «die durch Müßiggang, verbotenes Gewerbe oder Bettelei der bürgerlichen Gesellschaft beschwerlich oder gefährlich werden», heißt es in historischen Akten. Nach 1945 wurde das Schloss als Kreisfeierabendheim genutzt.
Der Schweriner Herzog wollte das Schloss seinerzeit abreißen, zu teuer wurde ihm der Unterhalt. Die Güstrower stellten sich gegen die Herrschaft, forderten den Erhalt des Schlosses, was den Herzog zwar zunächst nicht sonderlich scherte, aber doch irgendwie beeindruckte. Denn er ließ von seinen Pläne ab, wie Zahn erzählte: «Ohne die Güstrower gäbe es das Schloss nicht mehr.»
Die aktuellen Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen wurden aufgrund von Braunfäule und Hausschwammbefall sowie Feuchtigkeitsschäden und Rissen notwendig. Eine umfassende Sanierung erfolgte bereits zu DDR-Zeiten in den 1960er Jahren. Aus dieser Umbauzeit gibt es keine originalen Sandsteinteile mehr. «Alles ist verschwunden. Wohin? Wir wissen es nicht», bedauerte Bauforscher Schöfbeck, der sich an die Güstrower wandte. Wer immer etwas über den Verbleib der Steine wisse, solle sich melden.