Das ab 1. Januar geltende Fangverbot von Dorsch in der Ostsee auch für Freizeitangler wird laut Experten keinen erheblichen Einfluss mehr auf den Bestand haben. Im Vergleich zur natürlichen Sterblichkeit durch Umwelteinflüsse sei der Faktor Fischerei zuletzt insgesamt gering gewesen, sagte der Fischereiexperte Christopher Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur.
Die EU-Staaten hatten beschlossen, dass Angler ab 1. Januar keinen Dorsch mehr in der Ostsee angeln dürfen. Zuvor war noch ein Dorsch pro Tag erlaubt gewesen. Auch Berufsfischer dürfen Dorsch nur als Beifang anlanden. Dorsch war neben Hering als sogenannter Brotfisch lange eine der wichtigsten Arten für die hiesige Fischerei gewesen. Die Fischerei, aber auch die Erwärmung der Ostsee und die Überfrachtung mit Nährstoffen etwa aus der Landwirtschaft haben den Beständen stark zugesetzt. Im Gegensatz zum Hering deutete sich beim Dorsch zuletzt keine Verbesserung an.
«Das Angelverbot ist für die Angler natürlich bedeutend, denn es ist noch nicht lange her, da war Dorsch insbesondere in der westlichen Ostsee mit Abstand die wichtigste Zielart», sagte Zimmermann, der das Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock leitet. Der Beschluss werde das Verschwinden der Angelkutter beschleunigen. Wegen des geringen Einflusses hätte man die Beschränkung auf einen Dorsch pro Tag aus Sicht seines Instituts auch beibehalten können. Ein Angelverbot sei aber leichter umzusetzen gewesen als andere Maßnahmen, etwa die von Anglerverbänden vorgeschlagene Änderung von Höchst- und Mindestmaßen.
Auch beim Anglerverband in Mecklenburg-Vorpommern weiß man um die Probleme des Dorschbestandes. «Tatsächlich berichten viele Anglerinnen und Angler und erleben wir selbst, dass es ohnehin schwer ist, überhaupt einen Dorsch an den Haken zu bekommen», sagte eine Sprecherin. «Wenn tatsächlich mal ein Dorsch an die Angel geht, ist es schade, diesen wohlschmeckenden Fisch nicht mitnehmen zu dürfen.» Wie groß der Einfluss des Verbots auf die Freizeit-Fischerei an und auf der Ostsee tatsächlich sein werde, bleibe abzuwarten. Aktuell sei die Plattfischangelei ein lohnenswerter Ersatz. Hinzu kämen saisonal Fischarten wie Hornhecht, Hering und Makrele.
Experten vermuten, dass zu warmes Wasser an der Oberfläche und zu wenig Sauerstoff in der Tiefe dem Dorsch bei seiner Entwicklung zusetzen. Mit einer großangelegten Untersuchung wollen Forscher zudem die Auswirkungen der wieder zahlreicheren Kormorane auf die Dorsch-Population in der westlichen Ostsee untersuchen. Zimmermann ist auf absehbare Zeit wenig optimistisch: «Am miserablen Zustand der Dorschbestände wird sich leider voraussichtlich nichts ändern.»