Der Mauretanier – (K)eine Frage der Gerechtigkeit ist seit dem 10. Oktober 2024 auf Netflix zu sehen. Erstmals in Deutschland gezeigt wurde der Film am 9. Juni 2021 im Rahmen der Berlinale.
Die Rolle des Mohamedou Ould Slahi spielt der französische Schauspieler Tahar Rahim. Seine Anwältin Nancy Hollander verkörpert Jodie Foster, während Benedict Cumberbatch den Militäranwalt Stuart Couch gibt.
Das Wichtigste in Kürze
• Mohamedou Ould Slahi war 14 Jahre in Guantanamo inhaftiert, ohne Anklage oder Beweise gegen ihn. Er wurde 2016 entlassen.
• Verdachtsmomente basierten auf Telefonaten und Moschee-Besuchen, reichten aber nie für eine Anklage aus.
• Slahi schrieb das „Guantanamo Diary” (Guantanamo Tagebuch) während seiner Haft. Der Bericht wurde als Der Mauretanier verfilmt.
• Anwältin Nancy Hollander kämpfte für sein Recht auf ein faires Verfahren und setzte schlussendlich seine Freilassung durch.
• Slahi kämpft weiterhin um die Einreise nach Deutschland, um mit seiner Familie vereint zu sein.
Von Deutschland nach Guantanamo: Mohamedous Reise
Die Geschichte beginnt schon lange, bevor Mohamedou Ould Slahi ins berüchtigte Gefangenenlager Guantanamo Bay gebracht wurde. Geboren und aufgewachsen in Mauretanien, erhielt Mohamedou 1988 ein Hochbegabtenstipendium, um in Deutschland Elektrotechnik an der Duisburger Mercator-Universität zu studieren.
Während dieser Zeit kam es zu unglücklichen Verbindungen, die später verhängnisvoll sein sollten. Denn in den späten 90er-Jahren telefonierte er zweimal mit einem Cousin, der Osama bin Laden nahe stand, und besuchte dieselbe Moschee wie ein Al-Qaida-Mitglied.
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Diese Kontakte, kombiniert mit seiner Vergangenheit als Kämpfer im afghanischen Bürgerkrieg – ein Krieg, der von den USA unterstützt wurde – machten ihn zu einem potenziellen Ziel der US-Behörden nach den Anschlägen vom 11. September.
Die Vereinigten Staaten starteten eine beispiellose Jagd auf alle, die in irgendeiner Weise mit Terrorismus in Verbindung stehen könnten. Im Jahr 2001 verhafteten die US-Behörden Mohamedou während eines Aufenthalts in Mauretanien. Sie verschleppten ihn rechtswidrig über Jordanien nach Afghanistan und schließlich, am 05. August 2002, nach Guantanamo Bay.
Gefangenschaft und Folter: Ein unschuldiger Mann im Albtraum
Schon während seiner Verschleppung wurde Mohamedou Ould Slahi gefoltert. Doch in Guantanamo wurde alles noch schlimmer und es begann ein jahrelanger Albtraum. Ohne Anklage saß er 14 Jahre lang in Haft, erlebte unvorstellbare Folter und Verhöre, die darauf abzielten, ein Geständnis zu erzwingen. Die Methoden reichten von Isolation über Schlafentzug durch Scheinwerferlicht und laute Musik bis hin zu inszenierten Hinrichtungen und Waterboarding.
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Zu einem anderen Zeitpunkt wurden die Türen seiner Zelle modifiziert, um jeglichen Lichteinfall zu verhindern. Zusätzlich war es ihm zwei untersagt, sich tagsüber im Außenbereich aufzuhalten. Zudem setzten ihn die Wachen niedrigen Temperaturen aus und übergossen ihn mit kaltem Wasser.
Immer wieder griff man ihn tätlich an, entzog ihm die Nahrung und drohte, seine Familie ebenfalls zu foltern. Trotz allem gab es keine Beweise, die seine Beteiligung an feindlichen Aktivitäten bestätigten.
Wahre Geschichte: Die Rettung durch Nancy Hollander
Im Jahr 2005 nahm sich die international renommierte Strafverteidigerin und Menschenrechtsanwältin Nancy Hollander gemeinsam mit Anwältin Theresa Duncan des Falls Slahi an. Trotz der Kritik, einen Terrorverdächtigen zu vertreten, setzten sie sich für Slahis Recht auf ein faires Verfahren ein. Ihr Engagement und unermüdlicher Einsatz gaben ihm Hoffnung auf ein faires Verfahren und die Kraft, durchzuhalten.
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Im Laufe der Jahre kämpfte Nancy gegen bürokratische Hürden und massive Widerstände der US-Behörden, schaffte es jedoch, 2010 eine Anhörung zu erwirken. Besonders tragisch: Ein US-Bundesrichter stufte Slahis Inhaftierung daraufhin als rechtswidrig ein und ordnete eine Freilassung an. Doch die US-Regierung legte Berufung ein und so dauerten seine Gefangenschaft und sein Leid weiter an.
Erst im Oktober 2016 wurde Mohamedou Ould Slahi endgültig freigesprochen und entlassen, nachdem ihn eine von Präsident Obama ins Leben gerufene Untersuchungskommission entlastete.
Leben nach Guantanamo: Ein neuer Kampf für den Mauretanier
Nach seiner Freilassung wurde Mohamedou nach Mauretanien gebracht und stand vor neuen Herausforderungen. Obwohl er technisch gesehen ein freier Mann war, genoss er kaum Bewegungsfreiheit, denn bis 2019 erhielt er keinen Reisepass.
Heute lebt er in den Niederlanden. Besonders schmerzhaft ist, dass er nach wie vor nicht nach Deutschland einreisen darf. Seine Frau, eine US-amerikanische Anwältin, lebt mit dem gemeinsamen Sohn in Deutschland, doch eine Wiedervereinigung ist bislang gescheitert.
Das Einreiseverbot besteht aufgrund eines Sozialbetruges vor mehr als 30 Jahren, als Slahi in Deutschland studierte. Damals hatte er sich arbeitslos gemeldet und zeitgleich eine Selbstständigkeit begonnen – laut Slahi ein Versehen. Der Kampf um das Visum dauert bis heute an. Obwohl das Verwaltungsgericht Düsseldorf am 2. November 2023 die Einreisesperre der Ausländerbehörde Duisburg für rechtswidrig erklärte, darf Salhi aufgrund eines Berufungsverfahrens nicht einreisen.
Unterstützt wird er nach wie vor von Anwältin Nancy Hollander und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International.
Die Botschaft von Der Mauretanier: Menschlichkeit über alles
Der Film Der Mauretanier ist mehr als nur eine dramatische Nacherzählung von Mohamedous Geschichte. Er fordert das Publikum auf, über die Menschlichkeit des sogenannten Feindes nachzudenken. Während der Film deutliche Kritik an den Methoden zur Terrorbekämpfung äußert, weckt er auch Mitgefühl und Verständnis. Wer ist Täter:in und wer ist Opfer? Das ist in Der Mauretanier häufig bewusst nicht ganz klar.
Regisseur Kevin Macdonald betont mit seinem Werk, dass wir in Zeiten wie diesen die Menschlichkeit auf allen Seiten erkennen müssen. Dass ein unschuldiger Mann wie Mohamedou Ould Slahi solch ein Schicksal erleben musste, stellt eine Mahnung dar, Ungerechtigkeit nicht nur zu erkennen, sondern auch zu bekämpfen.
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