Die Helden des wahren Lebens haben es Clint Eastwood schon immer angetan. Ob Flugzeugpiloten („Sully”), Staatsmänner („Invictus”) oder Kriegsheimkehrer („Flags of Our Fathers”) – der 92-Jährige ist DER Mann in Hollywood, wenn es um die Verfilmung von realen Ereignissen geht.
Auch seiner 2019er-Regiearbeit liegt eine wahre Geschichte zugrunde. In Der Fall Richard Jewell widmet er sich dem titelgebenden Amerikaner, der im Jahr 1996 von der Öffentlichkeit zuerst als Held gefeiert und anschließend von den Medien zum skrupellosen Attentäter deklariert wurde.
Fast 25 Jahre nach dem Vorfall hat Eastwood diese Geschichte auf die Leinwand gebracht und sich dafür Stars wie Sam Rockwell („Three Billboards Outside Ebbing, Missouri”), Kathy Bates („Misery”) und Jon Hamm („Baby Driver”) ins Boot geholt. Für die Titelrolle engagierte er den weniger bekannten, aber spätestens seit „I, Tonya” als hoffnungsvoller Geheimtipp geltenden Paul Walter Hauser als Hauptdarsteller.
Wir beleuchten für Dich die tatsächlichen Ereignisse, die „Der Fall Richard Jewell” als Vorlage dienten und das Schicksal eines tragischen Helden besiegelten.
Zu den Filmen „The Irishman” und „The Aeronauts” haben wir ebenfalls die wahren Geschichten dahinter ausführlich erläutert.
Der Bombenanschlag von Atlanta: Richard Jewells Anfang vom Ende
Die Olympischen Sommerspiele von Atlanta im Jahr 1996 sollten ein rauschendes Sportfest werden, auf das die ganze Welt voller Begeisterung blicken würde. Begeisterung, die am 27. Juli besagten Jahres jedoch in Entsetzen und Ungläubigkeit umschlug.
Die Spiele waren zur Hälfte vorbei, als um 1:21 Uhr nachts während eines Konzerts im Centennial Olympic Park eine dreifache Rohrbombe explodierte und zwei Menschen tötete sowie 111 weitere verletzte.
Dass es nicht noch schlimmer für alle Anwesenden ausging, war vor allem einem Mann zu verdanken: Richard Jewell, der als Wachmann für eine private Sicherheitsfirma arbeitete. Der damals 33-jährige entdeckte bei seinem Rundgang einen herrenlosen Rucksack unter einer Bank und alarmierte in weiser Voraussicht die Polizei.
Die Beamten fanden darin tatsächlich eine Bombe und evakuierten umgehend die Gefahrenzone, wobei Jewell sie tatkräftig unterstützte. Dank seiner Aufmerksamkeit und seines Einsatzes konnten viele Menschenleben gerettet werden, wenn leider auch nicht alle.
Der mit mehreren Nägeln und Schrauben ausgestattete Sprengkörper detonierte noch vor der endgültigen Räumung und tötete die Passantin Alice Hawthorne. Der türkische Kameramann Melih Uzunyol erlitt kurz nach der Explosion einen Herzinfarkt, der ihn ebenfalls das Leben kostete.
Während Richard Jewell am Morgen danach der Öffentlichkeit zu Recht als mutiger Held präsentiert wird, ist das FBI verzweifelt auf der Suche nach dem Täter, nur um zwei erfolglose Tage später ebendiesen Helden als potenziellen Verdächtigen zu verhören. Für den pflichtbewussten Patrioten Jewell beginnt danach ein wahrer Spießrutenlauf. Doch wie kam es überhaupt zu diesem plötzlichen Sinneswandel?
Fake News und Medienhetze: Richard Jewell als Staatsfeind Nr. 1
Alles begann mit einem Artikel der Tageszeitung Atlanta Journal-Constitution. Die Reporterin Kathy Scruggs (im Film gespielt von Olivia Wilde) erhielt kurz zuvor von einer ihrer Quellen den Hinweis, dass Jewell vom FBI als Tatverdächtiger befragt wurde. Prompt veröffentlichte das Blatt die Story und stellte darin wahnwitzige Behauptungen über den unschuldigen Mann auf.
Ein gefundenes Fressen für die amerikanischen Medien: TV-Sender und weitere Zeitungen stürzten sich ebenfalls auf die Geschichte und in Windeseile wendete sich das öffentliche Bild von Richard Jewell um 180 Grad. Schlagartig war nun nicht mehr von einem selbstlosen Helden, sondern von einem nach Aufmerksamkeit heischenden Einzelgänger die Rede.
Die Nachrichten überschlugen sich förmlich mit dreisten Diffamierungen, die das passende Profil eines Bombenlegers skizzieren sollten: Als „fetter, gescheiterter Ex-Hilfssheriff” wurde er bezeichnet, als „wütender homosexueller Cop-Hasser” sowie als „Individuum mit einer bizarren Berufskarriere und gespaltenen Persönlichkeit”. Manipulative Falschmeldungen aus der Prä-Fake-News-Ära.
Dass Jewell noch bei seiner Mutter wohnte und eine immense Waffensammlung besaß, stützte die haltlosen Hypothesen der Medien. Fortan führte der Südstaatler ein völlig anderes Leben. Er musste etliche Befragungen über sich ergehen lassen und wurde rund um die Uhr beschattet. Stundenlang durchsuchte das FBI seine Wohnung und beschlagnahmte zahlreiche Gegenstände, die angeblich in Verbindung mit seiner Täterschaft standen.
Doch damit nicht genug: Um seine Person fand ein regelrechter Medienzirkus statt, Reporter belagerten ihn pausenlos und setzten ihn öffentlich unter Druck. Obwohl es keinerlei handfeste Beweise gegen ihn gab, stand Jewell für den Großteil der Bevölkerung bereits als Schuldiger fest. Selbst ein bestandener Lügendetektortest wurde schlicht ignoriert.
Besonders pikant: Eine halbe Stunde vor dem Anschlag ging ein anonymer Anruf bei der Polizei ein, der vor der Bombe warnte. Dieser wurde allerdings nicht ernstgenommen, was die Denunziation Jewells im Nachhinein noch skandalöser macht.
Erst nach drei quälend langen Monaten, in denen keine einzige Anklage erfolgte, erklärte das FBI Jewell für unschuldig und ermittelte nicht weiter in seine Richtung. Die in vielerlei Hinsicht schädigenden Folgen für ihn waren da jedoch schon längst irreparabel.
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Die Zeit nach dem Martyrium: Was wurde aus Richard Jewell?
Ich fühlte mich wie ein gejagtes Tier, ständig verfolgt, darauf wartend, getötet zu werden.
Dieser Satz Richard Jewells lässt bereits erahnen, welche Leidenszeit er und auch seine Mutter hinter sich bringen mussten. Der „88 Tage andauernde Albtraum” ruinierte allerdings nicht nur seinen Ruf, sondern auch seine Gesundheit.
Die ständige psychische Belastung beeinflusste schließlich ebenso seine körperliche Verfassung. Der ohnehin übergewichtige Mann litt an chronischer Fettsucht und Diabetes, später versagten sogar seine Nieren.
Viel schwerer wiegten aber die mentalen Nachwirkungen der Medienhetze. Richard Jewell wurde zu Unrecht mit öffentlichem Hass und Ablehnung überschüttet und verbrachte den Rest seines Lebens damit, dies zu verarbeiten und seine Ehre wiederherzustellen.
Mit Hilfe seines Anwalts Watson Bryant (im Film gespielt von Sam Rockwell) verklagte er nach seiner offiziellen Entlastung im Oktober 1996 seinen ehemaligen Arbeitgeber und mehrere Medien, unter anderem die Zeitungen Atlanta Journal und New York Post sowie die US-Sender NBC und CNN, auf Schadensersatz. In den meisten Fällen endeten die Prozesse erfolgreich für ihn, wodurch er hohe Entschädigungssummen erhielt. Offizielle Entschuldigungen seitens der Presse oder des FBIs gab es hingegen keine.
Im Gegenteil: Vor allem die Atlanta Journal-Constitution, die die Verleumdungswelle gegen Jewell überhaupt erst losgetreten hatte, ließ jegliche Einsicht vermissen. Zynischerweise war es genau diese Zeitung, die am Ende keine Entschädigung zahlen musste.
Erlösung verschaffte das viele Geld Richard Jewell sowieso nicht: Am 29. August 2007 – rund 11 Jahre nach dem Bombenattentat – starb der nun verheiratete Mann an den Folgen seiner gesundheitlichen Probleme im Alter von 44 Jahren. Er ging als tragischer Held und gebrochener Mann.
Späte Auflösung: Das ist der wahre Täter des Atlanta-Anschlags
Die Fassung des tatsächlichen Bombenlegers erlebte Jewell zum Glück noch mit. Am 31. Mai 2003 wurde der US-Amerikaner Eric Robert Rudolph in North Carolina festgenommen. Der Extremist fiel zuvor bereits durch Drogen- und Gewaltdelikte auf und war ebenso für mindestens drei andere Bombenanschläge verantwortlich.
Nach seiner Verhaftung gestand Rudolph auch das Olympia-Attentat in Atlanta und den anonymen Anruf kurz zuvor. Sein Motiv war politischer Natur und von seinem Hass auf die amerikanische Regierung geprägt.
Rudolph war der merkwürdige Einzelgänger, den man Jewell andichten wollte, und bekennender Homophob, christlicher Fundamentalist und Abtreibungsgegner. Er war bereits seit mehreren Jahren auf der Flucht vor dem FBI, das ihn 1998 auf die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher setzte.
2005 wurde er zu einer vierfachen lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Der Todesstrafe entging er nur, weil er ein umfassendes Geständnis ablegte und dem FBI verriet, wo es den zuvor von ihm in den Wäldern North Carolinas versteckten Sprengstoff finden konnte.
Heute ist Rudolph 56 Jahre alt und sitzt seine Strafe im Bundesgefängnis ADX Florence in Colorado ab. Reue für seine Taten empfindet der skrupellose Bombenleger bis heute nicht.
Clint Eastwoods Film „Der Fall Richard Jewell” klammert den Attentäter zwar nicht vollständig aus, legt den Fokus aber verdientermaßen auf seine Titelfigur und deren Leben.
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