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Ballett im Wandel: Eine Welt zwischen Kunst und Spitzensport

Lange war die Ballettwelt von toxischen Körperbildern und kritischen Trainingsmethoden überschattet. Nun soll der Fokus auf dem Wohl der Tänzer liegen. Doch der Wandel ist langsam.
Bayerisches Staatsballett
Lange war die Ballettwelt von toxischen Körperbildern und kritischen Trainingsmethoden überschattet. Nun soll der Fokus auf dem Wohl der Tänzer liegen. © Lennart Preiss/dpa

Schlanke Frauen in Tutus, die graziös zu Musik herumwirbeln - was auf den ersten Blick so mühelos aussieht, ist in Wirklichkeit harte Arbeit. Das Bild des Balletts ist gleichzeitig von Magie und Kunst, aber auch Leistungsdruck und Klischees durchdrungen.

Eines davon: Tänzerinnen und Tänzer seien alle magersüchtig. Ein Vorurteil, wie die Primaballerina des Bayerischen Staatsballetts in München, Maria Baranova, erklärt. Dünn zu sein sei eher eine Konsequenz des Trainings, sagt sie. Ballett also als Leistungssport - im künstlerischen Gewand.

Ein normaler Arbeitstag startet für Baranova um 10.00 Uhr - danach tanzt sie bis 18.00 Uhr. «Wir sind Spitzensportler», sagt sie. «Jede Vorstellung ist für uns wie eine Olympiade, wir versuchen jeden Tag unsere Grenzen zu überwinden.» Der Job sei hart, es erfordere viel Disziplin. «Es gibt keinen einfachen Ausweg. Wir sind jedes Mal live auf der Bühne - man kann sein Ergebnis nicht photoshoppen, alles ist live», erzählt sie.

Magersucht: «Wir sprechen darüber, wir sind besorgt darüber.»

Umso wichtiger, auf den Körper einzugehen, wie auch Laurent Hilaire findet, Ballettdirektor des Bayerischen Staatsballetts: «Die Tänzer sind Athleten - 20 Jahre lang.» Ballettkompanien seien sich der Gefahr der Essstörungen und sogar der Magersucht bewusst, sagt Hilaire. Aber er ist überzeugt, dass dies ein altmodisches Bild ist - dieses Profil gäbe es in den meisten Kompanien nicht mehr. «Wir sprechen darüber, wir sind besorgt darüber. Ich verlange keineswegs den Typ der magersüchtigen Tänzerin und unterstütze das auch nicht», betont der Ballettdirektor.

Auch Ballettakademien setzen auf Gesundheitsprogramme. So gibt es an der Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) eine Lehrbeauftragte für Ernährungsberatung. Dorothy Meyer wurde eigens für den Studiengang Tanz berufen. Ungesunde Essgewohnheiten in der Ballettwelt seien weit verbreitet und normalisiert, sagt sie. Tänzerinnen und Tänzer hätten ein dreimal höheres Risiko als die Allgemeinbevölkerung, eine Essstörung zu entwickeln. «Studien zeigen, dass junge Tänzerinnen in der Regel nur 70 Prozent der empfohlenen Energiezufuhr zu sich nehmen und ein unterdurchschnittliches Körpergewicht und Fettmasse haben», berichtet die Expertin.

Um dem vorzubeugen, bietet die Dozentin Workshops, Kochkurse und Einzelberatungen an der Hochschule an. Zwei Mal im Jahr versorgt sie die Studierenden zudem mit Ernährungsempfehlungen und entwickelt mit jedem einen individuellen Ernährungsplan, der auf den eigenen Lebensstil zugeschnitten ist. Zudem gibt es ein festgelegtes Mindestgewicht an der HMTM: «Es ist wichtig, dass Tänzer erkennen, dass sie sowohl Künstler als auch Sportler sind. Ohne die richtige Ernährung leidet die Leistung», so Meyer.

Eine gesunde Ernährung unterstützt auch Primaballerina Baranova. Sie scherzt: «Du kannst nicht Luft essen - dein Körper kann ohne Treibstoff nicht funktionieren». Auch Hilaire sieht es als Ziel, den Körper Schritt für Schritt aufzubauen.

Hochleistungssport mit Wettbewerbsgedanken

Wer mittanzen will, muss früh anfangen. Baranova startete mit drei Jahren. Bereits mit 12 oder 13 Jahren trainieren Kinder täglich und leisten eine Menge körperliche Arbeit. «Irgendwann wird das zur Normalität. Man gewöhnt sich daran. Es ist der normale Weg, denn der Körper muss den Druck aushalten. Und Ballett wird zu deiner Identität», schildert Baranova ihre Erfahrungen.

Der Wandel im Ballett bezieht sich aber nicht nur auf Körperideale. Das Niveau sei in den vergangenen 50 Jahren gestiegen, die Technik sei anders, sagt Hilaire. Ballett ist sehr viel sportlicher geworden und mit noch mehr körperlicher Arbeit verbunden - es wurde zu einem Hochleistungssport. Damit verbunden ist auch der Wettbewerbsgedanke. «Es ist ein kompetitives Feld. Auf der sportlichen Seite versucht jeder, die höchste Leistung zu erreichen», berichtet Baranova, für die ihr Beruf aber mehr ist als ein Wettkampf. «Du bist ein Storyteller.»

Um genau dieses Geschichtenerzählen geht es auch Hilaire. «Das klassische Ballett in seinem gesamten Repertoire erzählt von Liebe, Hass, Untreue und vielem mehr - meiner Meinung nach handelt es vom Leben. Das ist der Grund, warum das klassische Ballett relevant bleibt.»

Angesichts der vielen Pirouetten oder schwebenden Tänzerinnen und Tänzer wird klar, wie viel Kontrolle und Fokus man im Ballett braucht. «Die meisten Verletzungen passieren im Kopf, dort fängt es immer an und dann reagiert der Körper. Um eine Leistung zu erbringen, musst du komplett mit deinem Körper und deinem Gehirn verbunden sein», so Baranova. «Es gibt diesen wunderbaren Moment, wenn du dich mit deinem Partner vereinst», schwärmt sie. «Wenn ihr dann auf der Bühne steht und live miteinander verbunden seid, ist das magisch.»

© dpa ⁄ Sabina Crisan und Jacqueline Melcher, dpa
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