Die Menschen werden älter, die Zeit des Ruhestandes wird länger. Um in dieser Lebensphase aktiv sein zu können, braucht es körperliche und geistige Fitness. Die Moderatorin und Medizinerin Marianne Koch (92) geht in ihrem neuen Buch «Mit Verstand altern» der Frage nach, wie das Gehirn und die Nerven altern und was der Mensch tun kann, Geist und Seele möglichst jung zu halten. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur verriet die ehemalige Hollywood-Schauspielerin auch, wie sich selber fit hält.
Das Buch mit dem Untertitel «Wie es gelingt, geistig fit und lebendig zu bleiben» ist bei dtv in München erschienen. Darin bietet Marianne Koch auf 144 Seiten medizinische Fachkenntnis gut lesbar und unterhaltsam aufbereitet. Um im Alter fit zu sein, brauche es aber eine allgemeine Gesundheit, schickt sie im Gespräch voraus. Krankheit und körperliche Einschränkungen könnten es schwer machen.
In neun Kapiteln widmet sie sich vor allem den Nerven- und Gehirnzellen - die sie besonders faszinierend findet - und unternimmt einen Streifzug durch Themen, die Senioren beschäftigen: Bewegung und Schlaf, Schutz vor Schlaganfall und Demenz sowie Umgang mit Schmerzen, Trauer und Einsamkeit.
Milliarden Zellen im Gehirn
Die Neurowissenschaft rätsele immer noch darüber, was die Milliarden von Zellen im Gehirn leisten. «Man weiß, wie Muskeln oder Organe, zum Beispiel das Herz, funktionieren. Aber wieso können wir denken, Gefühle haben, uns erinnern, uns verändern? Ziemlich aufregend, finde ich.» Das sei für sie eine Anregung gewesen, darüber zu schreiben.
Für die geistige Fitness sei es gut, sich möglichst ein Leben lang für neue Dinge zu interessieren und das Gehirn zu zwingen, sich damit zu beschäftigen. «Es hat sich in vielen Studien herausgestellt, dass dann die wichtigen Verbindungen zwischen den Gehirnzellen aufrechterhalten werden und sich neue Gehirnzellen bilden.»
Die Gehirnzellen ließen sich trainieren, fast so wie Muskeln. «Gerade, wenn man nicht mehr in seinem Beruf tätig ist oder tätig sein kann, sollte man positiv denken, mutig sein und den neuen Lebensabschnitt als eine Chance sehen.» Wichtig seien auch gute Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität. «Das Gehirn hat immerhin den höchsten Bedarf an Nährstoffen und an Sauerstoff.»
Spätes Staatsexamen
Marianne Koch erzählt auch von eigenen Erfahrungen: «Ich habe ja erst im hohen Alter von 44 Jahren mein Staatsexamen gemacht, das heißt, ich musste nach einer langen Medizin-Pause wieder sehr intensiv lernen. Meine armen Gehirnzellen haben dabei wahrscheinlich geflucht.» Es sei aber sicher gut für die Zellen gewesen.
Die Autorin hatte Anfang der 1950er-Jahre ihr Studium für eine Schauspielkarriere unterbrochen. Nach etwa 20 Jahren kehrte sie zur Medizin zurück, beendete das Studium und führte eine eigene Praxis.
Lust auf Neues
Man könne auch noch mit 80 Jahren etwas Neues beginnen, ist sie überzeugt. Wichtig sei, dranzubleiben. Viele Menschen würden im Alter zögerlicher, im Sinne von «muss es denn noch sein?», sagte sie. Dann sei es wichtig, diese Zögerlichkeit zu überwinden und sich zu trauen. Die Wissenschaft habe bewiesen, dass Menschen, die ihr Leben lang geistig aktiv waren, ein geringeres Risiko hätten, dement zu werden.
Nicht unterschätzt werden dürften soziale Kontakte. «Einsamkeit ist heute eines der größten Probleme, übrigens nicht nur von alten Menschen. Das Gefühl, nirgends dazuzugehören, macht krank - seelisch, aber auch körperlich.»
Viel Bewegung
In vielen Gemeinden gebe es anregende Seniorenkreise, Volkshochschulen böten Kurse, bei denen man dann nicht nur neue Dinge lerne, sondern auch neue Menschen treffe. Und: «Viele Fitnessstudios bieten Programme für ältere Menschen, wobei die Ärzte nicht nur ein Ausdauertraining, sondern auch ein gewisses Maß an Krafttraining zur Erhaltung der Muskulatur empfehlen.» Aber auch regelmäßige Spaziergänge seien gut für die Kondition. «Insgesamt 150 Minuten pro Woche sollten es aber schon sein.»
Ob sie es selbst schafft, ihre Tipps einzuhalten? Sie mache sicher nicht alles richtig, sagt die Autorin, die regelmäßig als Hörfunk-Gesundheitsexpertin tätig ist. Jedoch: «Ich denke, ich bewege mich ziemlich viel. Zweimal eine halbe Stunde Spaziergänge mit meinem kleinen Hund, Einkäufe nach Hause schleppen. Schon die Treppen im Haus, in dem ich wohne, sorgen für eine gewisse Kondition.»