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Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Berliner Ausstellung würdigt das Lebenswerk der renommierten Künstlerin Nan Goldin. Doch vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte über die politische Haltung der US-Fotografin im Nahost-Konflikt.
US-Künstlerin Nan Goldin
Die Haltung von Nan Goldin zum Nahost-Konflikt sorgt aktuell für Diskussionen. (Archivbild) © Vianney Le Caer/Invision/AP/dpa

Nan Goldin zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der zeitgenössischen Fotografie. Die Neue Nationalgalerie in Berlin widmet der US-Fotografin nun eine große Retrospektive mit dem Titel «This Will Not End Well». Doch noch vor der Eröffnung am Freitag wird die Schau von Diskussionen über die politische Haltung Goldins im Nahost-Konflikt überschattet. 

Anlässlich der Ausstellung plant das Museum am Wochenende das Symposium «Kunst und Aktivismus in Zeiten der Polarisierung. Diskussionsraum zum Nahostkonflikt». Goldin wurde dazu eingeladen, will aber nicht teilnehmen. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat sich die Amerikanerin, die selbst aus einer jüdischen Familie stammt, mehrmals antiisraelisch positioniert. 

Sie unterzeichnete etwa einen Offenen Brief des US-Magazins «Artforum», in dem Israel für seine Reaktion auf den Hamas-Überfall scharf kritisiert wird. Die Hamas und deren Geiseln wurden erst nachträglich erwähnt. Zudem wird Goldin eine Nähe zur umstrittenen Israel-Boykottbewegung BDS nachgesagt. 

Unter einem Aufruf auf Instagram der obskuren Initiative «Strike Germany», das Symposium zu boykottieren, hat sich das Studio der Filmemacherin von dem Gesprächsformat klar distanziert. 

Biesenbach: Wir teilen Goldins Haltung zum Nahost-Konflikt nicht

«Es ist wichtig, festzuhalten, dass wir die Meinungsfreiheit respektieren und jeder Mensch ein Recht zu einer freien Meinungsäußerung hat», sagte Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, der Deutschen Presse-Agentur. Doch: «Wir stimmen Nan Goldins Aussagen zum Nahost-Konflikt nicht zu. Es war auch Nan Goldin im Rahmen dieser Ausstellungsvorbereitung klar, dass wir sie als Künstlerin sehr schätzen, aber nicht ihre Meinung teilen.» 

Auch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) erklärte in einem Statement, die Meinungen Goldins, die sie im Rahmen der öffentlichen Debatte äußere, machten sich weder die Stiftung noch das Museum zu eigen. Zudem verwies Biesenbach auf den zeitlichen Vorlauf der Schau, die als internationale Tournee angelegt ist. Sie wurde im Oktober 2022 in Stockholm eröffnet, war danach in Amsterdam zu sehen und ist nun in Berlin angekommen. Weitere Stopps sind Mailand und Paris. 

«Dass die Ausstellung kommen soll, ist bereits vor fast drei Jahren entschieden worden», sagte Biesenbach. Goldins Aussagen zum Nahost-Konflikt werden in der Schau nicht thematisiert. Sie zeige eine Retrospektive zu ihrem Lebenswerk.

Goldin wird zur Eröffnung am Freitag erwartet

Die 1953 geborene Künstlerin schuf mit Fotos, die in einer Art Schnappschuss-Ästhetik ihr eigenes unkonventionelles Leben und das ihres Umfelds dokumentierten, eine neue Ästhetik. Ihre intimen Porträts thematisieren immer wieder Drogen, Sex, Gewalt und Tod. Bekannt ist auch ihr politischer Aktivismus. 

So kämpfte Goldin etwa gegen die US-amerikanische Familie Sackler - den Eigentümern eines Pharma-Unternehmens, das mit für die Opioid-Krise in den USA verantwortlich gemacht wird. Beim Filmfestival Venedig 2022 gewann eine Doku über Goldin mit dem Titel «All the Beauty and the Bloodshed» den Hauptpreis.

«Wir haben Nan Goldin eingeladen, weil sie eine hervorragende, vielleicht eine der wichtigsten lebenden Künstlerinnen ist», sagte Biesenbach. Zudem habe sie einen Teil ihres Lebens in Berlin verbracht und somit einen großen Bezug zur Hauptstadt. «Es war uns wichtig, dass diese Ausstellung hier ihren Platz hat.» Goldin wird zur Eröffnung am Freitag erwartet.

Meron Mendel: Wir brauchen eine gesunde Debattenkultur

Zwei Tage später ist das Symposium geplant. Es wird von der Politologin Saba-Nur Cheema und dem Historiker Meron Mendel kuratiert. Das jüdisch-muslimische Paar setzt sich immer wieder dafür ein, in den Dialog zu treten. 

Die Debatten in der Kunst- und Kulturwelt über den Nahost-Konflikt, gerade in Deutschland, seien bislang sehr polemisch verlaufen, sagte Mendel, Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank. Man brauche aber eine «gesunde Debattenkultur, um solche Konflikte in eine diskursive Form zu bringen.»

Das Symposium sei eine einzigartige Möglichkeit, die verschiedenen Positionen in einem sachlichen Rahmen miteinander auszutauschen, nicht unbedingt mit dem Ziel, am Ende einen Konsens zu finden.

Cheema und Mendel wollen auch die gegensätzlichen Positionen zu Wort kommen lassen. Darunter Menschen, die die Boykottbewegung gegen Israel befürworten, aber auch Teilnehmer, die dieser kritisch gegenüberstehen, wie der Historiker sagte. Das Symposium sei längst ausgebucht. Auch Biesenbach betonte, er halte es für wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem man redet, sich friedlich austauscht und nicht kämpft. 

Goldin mehrfach zu Symposium eingeladen

Der Account «nangoldinstudio» schrieb unter dem Boykott-Aufruf von «Strike Germany»: «Für mich ist klar, dass das Museum dieses Symposium prophylaktisch organisiert hat, um seine Position in der deutschen Diskussion zu sichern - mit anderen Worten, um zu beweisen, dass sie meine Politik nicht unterstützen.»

Die Künstlerin sei mehrfach eingeladen worden, beim Symposium eine prominente Rolle zu übernehmen, sagte Mendel. «Wir finden ihre Positionen wichtig für die Debatte.» Auch Biesenbach erläuterte, er habe Goldin über die Veranstaltung informiert, aber nicht um Erlaubnis gebeten. «Ich hätte mir gewünscht, dass Nan Goldin am Symposium teilnimmt.»

«Massiver Druck» auf Podiumsgäste

Einige Podiumsgäste hatten ihre Teilnahme abgesagt, darunter die Künstlerin Hito Steyerl. Dennoch halten Cheema und Mendel weiter an dem Format fest. «Wir wissen, dass es in den vergangenen Tagen massiven Druck auf Podiumsgäste gab, ihre Zusage zurückzunehmen», sagte Mendel.

Die Mehrheit der Teilnehmer sei jedoch weiter bereit, miteinander zu sprechen, darunter etwa Palästinenser und Israelis. Man werde am Sonntag «mit denjenigen diskutieren, die diskutieren wollen und mit denjenigen, die bereit sind, ihre Meinung vorzutragen und eine Gegenmeinung auszuhalten.»

© dpa ⁄ Sabrina Szameitat, dpa
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