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Ein Kleist-Essay als Tanzvorlage

Die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Maschine hat Heinrich von Kleist vor über 200 Jahren zum Thema eines Essays gemacht. Jetzt kommt er als Tanzperformance auf die Bühne - mit einem Star.
Tänzer Friedemann Vogel
Tänzer Friedemann Vogel in seinem Solostück «Die Seele am Faden» im Kleist Forum Frankfurt (Oder). © Yan Revazov/Kleist Forum /dpa

Ein außergewöhnlicher Wettstreit zwischen Mensch und Puppe erlebt an diesem Freitag mit einem Ausnahmetänzer seine Uraufführung auf der Bühne im Kleist Forum Frankfurt (Oder). Bei der Tanzperformance «Die Seele am Faden» mit dem Stuttgarter Solisten Friedemann Vogel geht es um die Frage, wer der bessere Tänzer ist: die Marionette ohne Bewusstsein oder der Mensch?

Der Essay Heinrich von Kleists «Über das Marionettentheater» zum Verlust von Anmut und Grazie durch das reflektierende Bewusstsein ist Grundlage für das Solo des preisgekrönten Balletttänzers, das er mit Choreograf und Partner Thomas Lempertz produziert hat. Inspiriert vom Essay, der 1810 in den «Berliner Abendblättern» erschien, gehen die Künstler der Frage nach, wie aus dem Unnatürlichen das Natürliche und aus dem Antrainierten das Anmutige wird.

Hinter dem Kleist-Aufsatz steckte noch etwas anderes, wie Historiker Adrian Robanus vom Kleist Museum Frankfurt (Oder) erklärt. Kleist habe das Marionettentheater aufwerten wollen. «Das Faszinierende ist: Als Kleist den Essay in den «Abendblättern» veröffentlichte, galt das Marionettentheater als niedrige Form der Kunst, war auf den Jahrmärkten zu sehen.» Der Dichter habe in seinem Aufsatz einen Balletttänzer zum Sprachrohr werden lassen, der einer Marionette mehr tänzerische Grazie zutraut als seiner Zunft. Denn die tanzenden Marionetten hätten einen entscheidenden Vorteil, so Kleist: Sie unterlägen durch die Fäden nicht der Schwerkraft, seien dadurch graziler und freier als jeder menschliche Tänzer mit Körpergewicht.

Vogel tanzt sein Solo bei der Generalprobe am Donnerstagabend so, als würde er keiner Schwerkraft unterliegen. Der 44-Jährige, der den Ehrentitel «Kammertänzer» trägt - die höchste Auszeichnung für einen Tänzer in Deutschland - folgt zwar einer Choreografie, doch wirkt er dabei auch selbstbestimmt. Jeden Muskel, jede Sehne nutzt der Künstler, um mal Technik, mal Grazie zu zeigen. Vogel ist gleichzeitig «Gliedermann» und befreiter Tänzer. Ein auf die Bühne projizierter Avatar als künstlerisches Mittel zeigt ihm seine Grenzen auf. Er habe sein ganzes Leben hart trainiert, um Anmut und Leichtigkeit ausführen zu können, sagt Vogel. Training und Disziplin seien wichtig. Sie sorgten dafür, dass man sich in der Vorstellung auf die Magie des Moments einlassen könne.

Siegt in dem Stück am Ende die menschliche Authentizität über technische Perfektion? Und wo hat ein Tänzer überhaupt seine Seele? Für Vogel liegt sie im Einklang der Bewegungen. «Mein Körper ist das Instrument meiner Seele», beschreibt er. Tanzen sei seine Art der Kommunikation. Er wolle mit seinen Bewegungen etwas ausdrücken und damit Menschen erreichen, eine Marionette könne das nicht. Letztlich habe der Tanz auch nichts mit technischer Brillanz zu tun, sondern die energetische Ebene, die Emotion sei es, die haften bleibe. Es sei nicht das Schöne das Erstrebenswerte, sondern das Wahrhaftige, meint er.

Er fühle sich frei, weil er das Stück mit seinem Team selbst produziert habe. Tanzen wolle er so lange, wie er sich nicht quälen müsse und keine Schmerzen habe. «Man ist so abhängig von seinem Körper. Das ist der Faden, an dem alle Tänzerinnen und Tänzer hängen.»

© dpa ⁄ Silke Nauschütz, dpa
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