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Kalkofe: «Selbst tiefste Klärgruben haben unten ein Loch»

Oliver Kalkofe und Peter Rütten sind wieder da. Ihre Kultreihe «#SchleFaZ» hat seit heute einen neuen Sender. Kalkofe erklärt im dpa-Interview den Unterschied zwischen «scheiße» und «schön scheiße».
Oliver Kalkofe
TV-Ausblick Nitro - «#SchleFaZ»
#SchleFaZ-Film

Für Fans waren es Monate des Bangens: Das Schundfilm-Festival «#SchleFaZ – Die schlechtesten Filme aller Zeiten» war zeitweise vom Aus bedroht. Heute Abend (22.00 Uhr) geht das Trash-TV nun doch in eine neue Staffel. Statt Tele 5 ist jetzt der RTL-Spartensender Nitro seine Heimat. Oliver Kalkofe spricht im Interview der Deutschen Presse-Agentur über Tränen, einen Neubeginn und Serienmörder im Aerobic-Studio.

Frage: Lieber Herr Kalkofe, nach acht Monaten «#SchleFaZ»-Pause sind Sie zurück auf dem Bildschirm. Vielleicht ein paar Worte zu dem Neustart?

Antwort: Als wir das Weihnachtswunder verkündet haben, dass «#SchleFaZ» nach dem Ende bei Tele 5 nun doch bei Nitro und im Stream auf RTL+ weitergehen würde, war das einer der schönsten und emotionalsten Momente, die ich je auf der Bühne erlebt habe. Auf die totale Trauer und Verzweiflung der Fans folgte explosionsartig eine unfassbare Freude. Menschen haben ehrlich geweint und sich in den Armen gelegen. Es war unglaublich!

Besonders freut uns, dass das komplette «#SchleFaZ-Team» wieder dabei ist und von Nitro keine Änderungen gefordert wurden. Deswegen können wir jetzt stolz sagen: Es bleibt alles genauso schön beschissen, wie es immer war! Insofern ist es zugleich eine Wiederbelebung und ein Neustart. Wir merken gerade, dass die ganze RTL-Familie volle Power in das Projekt gibt und mit echter Begeisterung dabei ist. Das noch einmal zu erleben, im hohen Alter, ist ein großartiges Gefühl.

Selbst zwei Bond-Stars retten es nicht 

Frage: Worauf dürfen sich Fans denn freuen? 

Antwort: Vorneweg gleich eine ganz wichtige Info für die Fans: Natürlich bleibt die berüchtigte «Ein-Hai-Film-pro-Jahr»-Klausel erhalten, diesmal erwarten uns die «Sand Sharks». Also Haie im Sand. Nach Haien im Wirbelsturm sind Flossen, die durch den Sandstrand pflügen, das wahrscheinlich Bizarrste, was man sich vorstellen kann. Deshalb war es höchste Zeit, dass wir uns den Streifen endlich mal vornehmen. 

Eine ebenso großartige Perle ist «Aerobicide», eine Mischung aus Aerobic, also Popgymnastik- und Slasher-Film. Die ganze Zeit wird nur geturnt, mit dem Arsch gewackelt und gemordet. 

Dann haben wir einen vergessenen Actionklassiker, nämlich «Der Einzelkämpfer» aus den späten 1970er-Jahren. Der glänzt mit doppelter James-Bond-Power, denn nicht nur der Original-007-Darsteller George Lazenby ist dabei, sondern auch Harold Sakata alias Oddjob, der bei «Goldfinger» zur Legende wurde. Man sieht aber, dass auch zwei James-Bond-Stars einen echten Scheiß-Film nicht retten können.

Praktikant im Affenkostüm

Frage: Weitere Highlights?

Antwort: Was haben wir noch? «Ape», ebenfalls aus den 1970er-Jahren, rund um einen zotteligen Riesenaffen, also im Grunde ein weiterer King-Kong-Abklatsch. Aber einer der wirklich besten schlechten. Damit wollte man dem damaligen King-Kong-Hype etwas entgegensetzen – allerdings komplett ohne Budget und mit ebenso wenig Können. 

Grandiose #SchleFaZ-Momente bietet dabei vor allem der Affe selbst: ein armer Praktikant im Affenkostüm, der ein paar Papphäuser zertreten musste und dabei ganz offensichtlich Turnschuhe trägt. Und es gibt einen langen spektakulären Kampf im Wasser gegen einen toten Hai vom Fischmarkt.

Frage: Der erste Film der Staffel ist heute Abend ja sogar einer aus dem RTL-Archiv.

Antwort: Auf den Staffelstart «S.O.S. Barracuda: Der Tod spielt Roulette» aus dem Jahr 1999 sind wir ganz besonders stolz, weil wir dafür direkt eine fantastische RTL-Eigenproduktion zu bieten haben. Wobei es natürlich sehr schwer ist, bei den hervorragenden, hochwertigen RTL-Produktionen etwas zu finden, was für «#SchleFaZ» passend ist, aber es ist uns doch gelungen! 

Der Film stammt aus einer Action-Reihe der späten 1990er-Jahre, besetzt mit Heinz Hoenig als Oberschurke sowie Verona Feldbusch noch vor Pooth-Zeiten und Maren Gilzer. Das Ganze ist eine «Stirb langsam»-Nach-Zahlen-Variation, aber auf einem Glücksspiel-Fischkutter vor Travemünde. Und den Bruce-Willis-Part übernimmt Nick Wilder, der Darsteller des Herrn Kaiser aus den Werbespots der Hamburg-Mannheimer. 

Das ist reines «#SchleFaZ»-Gold! Für mich als «Die Hard»- Fan ist diese überambitionierte Schülertheaterversion ein grandioser und absolut würdiger Beginn bei der neuen RTL-Heimat.

«Aus dem schlechten Film wird eine große Party»

Frage: Was macht eigentlich den Erfolg dieser Reihe aus? 

Antwort: «#SchleFaZ» war ursprünglich nur eine Schnapsidee für einen Sommer. Wir haben nie damit gerechnet, was wir da anstoßen würden. In England und Amerika war es zuvor schon populär, gemeinsam mit Freunden schlechte Filme anzuschauen und Spaß an der unfreiwilligen Komik zu haben, bei uns eher weniger. 

Aber es löst ein kathartisches Gefühl aus: Du hast etwas eigentlich Beschissenes und machst daraus etwas Großartiges. Durch unsere Bearbeitung wird aus dem schlechten Film eine große Party. 

Allein würde man sich über den miesen Streifen ärgern, aber zusammen mit uns kann man lachen und verdammt viel Spaß haben. Außerdem merkt man unserem Produkt an, dass alle Beteiligten es mit echter Leidenschaft und Liebe machen. Das Publikum schätzt es, wenn man ihm gegenüber ehrlich ist, denn das ist beim Fernsehen nicht immer der Fall.

Beschwerden? «Es sind eher die Regisseure oder Produzenten» 

Frage: Hat sich in den elf Jahren eigentlich jemals ein Beteiligter von einem Film, ein Regisseur oder ein Kameramann oder ein Schauspieler gar mal bei euch beschwert, dass seine künstlerische Arbeit bei euch ein bisschen durch den Kakao gezogen wird?

Antwort: Es gab vonseiten der Beteiligten sowohl schon Beschwerden als auch Freude, dass sie dabei waren. Die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können und eine gewisse Selbstironie und Distanz zur eigenen Arbeit mitzubringen, die habe ich eher bei Schauspielern erlebt.

Es sind eher die Regisseure oder Produzenten, die ihre Arbeit zu ernst nehmen und keinen ironischen Abstand haben. Ein Beispiel ist der Film «Troll 2», der inzwischen Kultstatus erreicht hat und gefeiert wird, weil er so unfreiwillig schlecht ist. Bei einer Vorführung freute sich der Regisseur zuerst über die Euphorie, doch dann wurde er immer frustrierter und richtig wütend, weil die Leute stets an den – aus seiner Sicht – falschen Stellen lachten. Solche Menschen sind dann auch mal sauer, wenn wir uns ihre Werke vornehmen.

Auch bei den deutschsprachigen Produktionen gab es Firmen, die uns ihre Filme erst nicht geben wollten, weil sie dachten, dass sie dann einen «Schlecht»-Stempel aufgedrückt bekämen. Allerdings sehe ich «#SchleFaZ» eher als nachträgliche Veredelung von Filmen, die sicherlich gut gemeint, aber ehrlicherweise nicht wie gewünscht gelungen sind. 

Wenn man es schafft, dann mit etwas Abstand gemeinsam darüber zu lachen, tut das den Filmen nur gut und macht sie im Nachhinein größer, weil man damit Selbstironie und Stärke beweist. Insofern ist es das Beste, was man tun kann, denn wir sind die Einzigen, die aus Scheiße Gold machen können!

Nachschub? «Ich habe jetzt schon eine Liste von 150 Titeln»

Frage: Werden Ihnen die schlechten Filme je ausgehen?

Antwort: Ich glaube nicht. Am Anfang haben wir das genommen, was wir bekommen konnten, aber wir haben schnell gemerkt, dass das nicht reicht. Viele Filme sind schlecht, weil sie einfach nur belanglos und langweilig sind. Aber unser Motto lautet ja „Schöne Scheiße“. 

Das bedeutet, wir wollen Filme, die so schlecht sind, dass man auch über sie lachen kann, die ungeplant mit Herzblut an die Wand gefahren wurden. Diese wirklich guten Scheiß-Filme zu finden, das ist eine echte Arbeit. Dafür kaufe und streame ich potenzielle Kandidaten seit Jahren wie ein Irrer. 

Ich habe jetzt schon eine Liste von rund 150 Titeln, die sofort #SchleFaZ-tauglich wären. Diese gebe ich an den Sender weiter, der dann nach den Lizenzgebern sucht und schaut, welche Rechte wir bekommen können. Auch wenn wir manchmal denken, dass die Auswahl endlich ist, weiß ich inzwischen: Selbst die tiefsten Klärgruben haben unten noch ein Loch. Man kann immer weiterbuddeln, wenn man sich traut.

ZUR PERSON: Bei der Berufsberatung haben sie Oliver Kalkofe (58) gesagt, er solle Schifffahrtskaufmann werden. Über Umwege wurde der gebürtige Niedersachse dann doch lieber TV-Kritiker. Seine Parodien von TV-Müll - entwickelt für Radio ffn, später zu sehen unter anderem auf Premiere - haben ihm eine Riesen-Fangemeinde beschert. Auch als Drehbuchautor (er schrieb mit am Kinofilm «Der Wixxer») und Synchronsprecher ist Kalkofe erfolgreich. Er lebt in Berlin.

© dpa ⁄ Interview: Christof Bock, dpa
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