Im endenden Jahr 2023 haben Flüchtlinge bei christlichen Kirchen in Hessen Schutz vor einer Abschiebung gesucht - und teils gefunden. Die Evangelische Kirche in Hessen-Nassau gewährte nach eigenen Angaben in 156 Fällen Kirchenasyl. Die meisten Betroffenen kamen aus Syrien oder Afghanistan, hieß es. In der überwiegenden Zahl handele es sich um drohende Abschiebungen in einen Vertragsstaat des sogenannten Dublin-Abkommens wie Bulgarien und Kroatien, in denen es Berichte über schwere Misshandlungen, Inhaftierungen und Demütigungen, Hunger und fehlender medizinischer Versorgung gebe.
Die Kirchengemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) gewährten nach eigenen Angaben in diesem Jahr 56 Erwachsenen und 19 Kindern Kirchenasyl. Die Herkunftsländer der Menschen, denen Kirchenasyl gewährt wurde, sind nach Kirchenangaben Syrien, Afghanistan, Äthiopien, Iran und die Türkei. Es kämen täglich Bitten von Menschen, ihnen Kirchenasyl zu gewähren. «Der Großteil dieser Bitten muss leider abgelehnt werden», teilte die EKKW mit. Die Gemeinden böten Kirchenasyl nach sorgfältiger Abwägung an, wenn die Verletzung der elementaren Menschenrechte der Schutzbedürftigen bei einer Abschiebung drohe.
Die Mehrzahl der Menschen, die in diesem Jahr um Kirchenasyl im Bistum Fulda gebeten haben, stammten nach Angaben der Pressestelle aus Syrien. Kirchenasyl sei insbesondere dann gewährt worden, wenn eine Abschiebung in ein Ersteinreiseland drohte, bei dem es Hinweise auf «systemische Mängel» gab. «Das ist etwa dann der Fall, wenn betroffene Personen glaubhaft von gewalttätigen Übergriffen durch Sicherheitskräfte und menschenunwürdige Unterbringungsbedingungen berichtet hatten», hieß es. Genaue Zahlen wurden nicht genannt.
Im Bistum Mainz gab es in diesem Jahr keinen Fall von Kirchenasyl. Das Bistum erklärte, es seien inzwischen Verfahrenswege ausgearbeitet worden, die sicherstellten, dass eine «gute und vernünftige Kommunikation» zwischen staatlichen und kirchlichen Stellen gewährleistet sei. Die katholische Kirche akzeptiere die rechtlichen Vorgaben des Staates bei der Handhabung des Asylrechtes. «Das Kirchenasyl kann nicht dazu dienen, das staatliche Asylrecht auszuhebeln oder gar die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden», erklärte das Bistum.
Im Bistum Limburg wurde in diesem Jahr in mehreren Fällen Schutzsuchenden Kirchenasyl gewährt. Es handelte sich dabei um ein Ehepaar, eine Familie und um überwiegend männliche Einzelpersonen. Sie kamen aus Syrien, Pakistan, Äthiopien, der Türkei und Russland. Den Menschen habe die Abschiebung in einen anderen Dublin-Staat gedroht, die mit besonderer Härte im Einzelfall verbunden gewesen sei. Kirchenasyl werde nur im Sinne einer «Ultima Ratio» gewährt. Die mit der staatlichen Seite vereinbarten Verfahrenswege würden strikt eingehalten.
Als Kirchenasyl wird die befristete Aufnahme von Geflüchteten in kirchlichen Räumen bezeichnet, denen bei Abschiebung Gefahr für Leib und Leben oder die Verletzungen ihrer Menschenrechte droht. In den sogenannten Dublin-Verfahren wird entschieden, welcher europäische Staat für den gestellten Asylantrag zuständig ist. Grundsätzlich ist es derjenige, in den der Asylsuchende zuerst eingereist ist.