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Ukraine festigt Positionen in Kursk und fordert mehr Waffen

Das Kampfgeschehen im russisch-ukrainischen Krieg wird immer intensiver. Kiew meldet Erfolge in Kursk, Moskau im Gebiet Donezk. International gibt es Sorge wegen der Atomkraftwerke in Kampfgebieten.
Ukraine-Krieg - Region Kursk
IAEA-Generaldirektor Grossi in Russland
Rosatom-Generaldirektor beim russischen Ministerpräsidenten
Ukraine-Krieg - Charkiw
Kernkraftwerk Saporischschja
Ukraine-Krieg - Region Donezk

Bei ihrem Vormarsch im russischen Gebiet Kursk festigt die Ukraine ihre Positionen und meldet immer mehr Erfolge bei der Vernichtung militärischer Infrastruktur. «Die Operation entfaltet sich genauso, wie wir es erwartet haben», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. «Nun verstärken wir unsere Positionen.» Die Ukraine nehme zudem immer mehr russische Kriegsgefangene, um den Fonds für den nächsten Austausch mit Russland aufzufüllen. Ziel sei es, Soldaten und Zivilisten aus russischer Gefangenschaft nach Hause zu holen. 

Russische Militärblogger fassten die Lage in Kursk als stabil angespannt zusammen. Der Kanal «Rybar» bestätigte bei Telegram Angaben Selenskyjs, dass der Gegner seine Positionen auf eingenommenem Gebiet festige und seine Kräfte aufstocke. Demnach verlegten die Ukrainer auch Technik und Flugabwehrsysteme in die Region.

Trotz des Erfolgs im Raum Kursk, der den ukrainischen Streitkräften auch Auftrieb geben soll, ist Kiew im eigenen Land im Gebiet Donezk massiv unter Druck. 

Selenskyj fordert mehr Waffen vom Westen

Selenskyj forderte vom Westen die Lieferung von Waffen mit größerer Reichweite. Die Fähigkeiten der Streitkräfte, solche Waffen gegen Russland einzusetzen, sei die wichtigste strategische Frage dieses Krieges, sagte er. Seitens der westlichen Verbündeten fehle es an den nötigen Entscheidungen, kritisierte er. Großbritannien etwa sei langsamer geworden.

«Und wir könnten dem Besatzer effektiv jede Möglichkeit nehmen, vorzurücken und Schaden anzurichten, wenn unsere Langstreckenfähigkeiten ausreichen würden», sagte der Präsident. Er hatte immer wieder gefordert, Raketen und Marschflugkörper gegen Ziele in Russland einsetzen zu dürfen. Derzeit gelten dafür Beschränkungen.

Moskau meldet Einnahme im Gebiet Donezk 

Derweil setzte sich die Ukraine auch im eigenen Land zur Wehr. Die russischen Truppen rücken nach eigenen Angaben in der ostukrainischen Region Donezk weiter vor. Moskaus Einheiten hätten das Dorf Swyrydoniwka im Kreis Pokrowsk eingenommen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Überprüfbar waren die Angaben von unabhängiger Seite nicht.

Allerdings hatte auch das ukrainische Militärprojekt DeepState gemeldet, dass die Russen neue Gebiete in Donezk eingenommen hätten. So sei etwa die Stadt Mykolajiwka im Kreis Kramatorsk erobert worden. Auch in anderen Richtungen rückten die Besatzer vor. Die Ukraine macht zu eigenen Gebietsverlusten in der Regel keine Angaben. Der Generalstab meldete schwere Kämpfe in den Richtungen Pokrowsk und Torezk, betonte aber zugleich, dass die russischen Angriffe zurückgeschlagen würden.

Kiews Luftwaffe trifft weitere Brücke im Gebiet Kursk

Bei dem Vormarsch im Gebiet Kursk meldete die ukrainische Luftwaffe nach der Zerstörung der wichtigsten Brücke über den Fluss Sejm einen weiteren Treffer an einer zweiten Brücke. «Noch einmal minus eine Brücke», teilte Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk in seinem Telegramkanal mit und veröffentlichte ein Video dazu. 

Auf Bildern ist ein großes Loch in der Fahrbahn zu sehen. Es soll sich um die Überführung nahe dem Dorf Swannoje handeln. Anders als die Brücke bei Gluschkowo, die am Freitag zerbombt worden war, stand das Bauwerk noch. Russische Militärblogger bestätigten die Schäden. Der Übergang sei noch für Fußgänger und vereinzelt für Autos nutzbar, hieß es im Telegram-Kanal «Rybar».

«Die Luftstreitkräfte nehmen dem Feind mit Präzisionsschlägen die logistischen Möglichkeiten, was sich erheblich auf den Verlauf der Kampfhandlungen auswirkt», sagte Oleschtschuk. Details nannte er nicht. Die Brücke diente ebenfalls der Versorgung der russischen Streitkräfte.

Fehlende Brücken machen russischem Militär zu schaffen

Nach Angaben russischer Militärblogger gibt es nun nur noch eine Brücke im Kreis Gluschkowo für den Nachschub der Moskauer Truppen - und zwar bei dem Dorf Karysch. Der Militärbeobachter Jan Matwejew erklärte, dass sich die Lage für die russischen Truppen verschlechtere. Sie könnten in eine Falle geraten. «Wenn die russischen Soldaten nicht abrücken, dann werden sie umzingelt. Wenn sie abrücken, dann lassen sie ein großes Gebiet ohne Schutz», sagte Matwejew. 

Das russische Außenministerium hatte kritisiert, dass die Infrastruktur unter Einsatz von Waffen aus Nato-Staaten zerstört werde. 

Die Ukraine führt in ihrem Abwehrkampf gegen den seit fast zweieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg seit dem 6. August eine beispiellose Bodenoffensive im Raum Kursk. Kiew will damit nach eigenen Angaben Moskau zu Verhandlungen zwingen, den Krieg zu beenden.

Sorge um Atomkraftwerke im Kriegsgebiet

Erneut machten sich Sorgen um die Atomkraftwerke im Kriegsgebiet breit. Die Internationale Atomenergie-Behörde sieht die Sicherheit des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja bedroht: In unmittelbarer Nähe der Sicherheitszone habe es eine Explosion gegeben, die nach Einschätzung von IAEA-Experten vor Ort von einer Drohne mit Sprengladung verursacht wurde, teilte die Organisation mit.

«Wieder einmal sehen wir eine Eskalation der Gefahren für die nukleare Sicherheit am AKW Saporischschja», warnte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi. Er sei «nach wie vor äußerst besorgt» und rufe alle Seiten zur Zurückhaltung auf. 

Heftige Kämpfe trotz aller Warnungen

Den IAEA-Beobachtern zufolge war die Umgebung des Kraftwerks in der vergangenen Woche stark umkämpft. Trotz aller Appelle gebe es keine Anzeichen, dass die Kämpfe nachließen, hieß es. Zuletzt hatte es auch an einem Kühlturm des AKW Saporischschja einen Brand gegeben.

Das Atomkraftwerk, das Russland besetzt hält, ist immer wieder Ziel von Angriffen und Sabotageakten. Moskau und Kiew geben sich dafür gegenseitig die Schuld.

Russische Atomagentur: Verschlimmerung der Lage in Kursk

Russlands staatliche Atomagentur Rosatom hatte Grossi zuvor über eine Verschlimmerung der Lage um das Kernkraftwerk Kursk informiert. Rosatom-Chef Alexej Lichatschow lud Grossi ein, sich in dem AKW und in der Stadt Kurtschatow ein Bild von der Situation zu machen. Demnach gibt es dort wegen der Gefahr ukrainischer Angriffe täglich mehrfach Luftalarm. Nach russischen Angaben wurden auf dem AKW-Gelände auch Raketenteile gefunden.

Die IAEA hatte angesichts des ukrainischen Vorstoßes vor möglichen Gefahren für das Kernkraftwerk Kursk gewarnt. Es ist unklar, ob der Vormarsch auf das AKW zielt. Russland hat den Schutz der Atomanlage, die etwa 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt liegt, verstärkt. Zudem wurde vorübergehend ein Teil der Arbeiter aus dem Werk abgezogen, die dort an zwei neuen Reaktoren bauen.

© dpa ⁄ Ulf Mauder, dpa
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