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Warnung vor Flickenteppich: Debatte um Bezahlkarte läuft

Lange wird über die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen diskutiert - im Verlauf dieses Jahres soll sie kommen. Der Flüchtlingsrat ist dagegen, in den Kommunen finden sich unterschiedliche Meinungen.
Bezahlkarte für Asylbewerber
Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz im Landratsamt gezeigt. © Bodo Schackow/dpa

Sie wird nach langen, teils kontroversen Diskussionen kommen - und die einen finden sie richtig, die anderen sehen sie kritisch: Die Bezahlkarte für Flüchtlinge spaltet auch die politische Landschaft in Rheinland-Pfalz. Das Land macht bei einem Vergabeverfahren von insgesamt 14 Bundesländern mit. Eine Reihe kommunaler Vertreter begrüßt die Karte grundsätzlich, es sind aber auch kritische Anmerkungen zu hören und es werden weitere Schritte in der Migrationspolitik gefordert. Das grün geführte Integrationsministerium zählt beim Thema Bezahlkarte im Ländervergleich nicht zu den offensiven Fachministerien.

Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Das Land Rheinland-Pfalz verfolgt mit der Einführung das Ziel, eine praktikable, rechtssichere und diskriminierungsfreie Bezahlkarte in den landeseigenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende zu etablieren.» Die Kreise und kreisfreien Städte würden über die Planungen des Landes informiert und könnten sich dann im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und der rechtlichen Möglichkeiten entscheiden, ob sie die Karte einführen oder nicht. Zahlreiche Details stehen noch nicht fest. Dazu zählt, wie hoch der Betrag sein wird, den sich Karteninhaber auszahlen lassen können.

Frieden: Bezahlkarte ein Baustein in Migrationspolitik

14 von 16 Bundesländern - darunter Rheinland-Pfalz - hatten sich bei der Karte auf gemeinsame Standards für ein Vergabeverfahren verständigt, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Nur Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege, wollen die Karte aber ebenfalls einführen. Bayern will den Auszahlungsbetrag auf 50 Euro begrenzen.

Das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, Karl-Heinz Frieden, sagte, die Bezahlkarte sei ein Baustein, um in der Migrationspolitik besser zu steuern, zu ordnen und zu begrenzen. Sie reduziere kompliziertere Barauszahlungen, auch würden Überweisungen an Schlepper oder in Herkunftsländer ausgeschlossen. «Das sind durchaus Signale insbesondere für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern, die kaum eine Chance auf Anerkennung haben.»

Die Karte könne aber nur ein erster Schritt sein. Dringend nötig sei auch, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) seine Verfahren beschleunige, nur Menschen mit einer guten Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt würden und Rückführungen verstärkt angegangen würden. «Das kann einen weiteren wichtigen Beitrag zur Entlastung der Kommunen leisten», sagte Frieden.

Binz: Kommunen müssen Kosten für Nutzung der Karte tragen

Das Land sollte nach Einschätzung des Gemeinde- und Städtebundes die Kommunen bei der Einführung der Karte finanziell unterstützen, betonte Frieden. Noch stehe nicht fest, wie die Kosten in Rheinland-Pfalz getragen werden sollen. Wie hoch die Betriebskosten sein werden, werde sich voraussichtlich erst nach der Ausschreibung zeigen. Wichtig sei, dass eine solche Karte möglichst einheitlich eingeführt werde, ein Flickenteppich müsse vermieden werden. Frieden sieht bei einem nur punktuellen Start einer solchen Karte das Risiko, dass ankommende Menschen sich dann vorrangig dort aufhalten wollen, wo keine Bezahlkarte kommen wird.

Dieses Risiko sieht Ministerin Binz nicht. Die Verteilung von Asylsuchenden auf die Länder und Kommunen erfolge auf Basis gesetzlicher Maßgaben und unter Berücksichtigung von Quoten, sagte sie. «Asylsuchende haben kein Wahlrecht bezüglich ihres Aufenthaltsortes. Deshalb ist auch nicht zu erwarten, dass mögliche Unterschiede zwischen den Ländern bei der Ausgestaltung der Bezahlkarte die Zugangslage beeinflussen könnten.»

Die Kommunen würden bei der Einführung der Karte unterstützt, sagte die Ministerin. Es sei geplant, dass sie ohne eigenes Ausschreibungs- und Vergabeverfahren teilnehmen können. «Zudem ist geplant, dass die vom Land ausgegebenen Bezahlkarten in den Kommunen weitergenutzt werden können», erklärte die Grünen-Politikerin. Sie betonte aber auch, Kreise und kreisfreie Städte müssten die Kosten für die Nutzung der Bezahlkarte als zuständige Kostenträger für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes tragen.

Kreis wartet auf weitere Anweisungen

Es bleibt also abzuwarten, wie viele und welche Kreise und kreisfreien Städte im Land am Ende bei der Karte mitmachen werden. Der Kreistag des Kreises Mainz-Bingen beispielsweise beauftragte kürzlich die Kreisverwaltung, die Einführung sowie die Möglichkeiten einer zeitnahen Umsetzung einer Bezahlkarte zu überprüfen, wie ein Sprecher des Kreises mitteilte. Insgesamt stehe der Kreis der Einführung einer Karte positiv gegenüber.

Eine wesentliche Voraussetzung sei, dass die Rahmenbedingungen stimmten und einheitlich im Land verfahren werde. Der Kreis habe dem Land signalisiert, dass eine landeseinheitliche Vorgehensweise beziehungsweise Empfehlung für notwendig erachtet würden. «Andernfalls könnte dies dazu führen, dass sich die Leistungsbehörden der Landkreise unter Umständen untereinander in ihrer Vorgehensweise rechtfertigen müssten. Daher wartet der Kreis derzeit auf die weiteren Anweisungen des Landes gegenüber den Leistungsbehörden.»

Im Mainzer Stadtrat wurde im Januar über einen Antrag aus der AfD-Fraktion debattiert. Der hatte sich für eine Umstellung auf Sachleistungen für Asylbewerber zum nächstmöglichen Zeitpunkt und die Prüfung der Einführung einer Guthabenkarte ausgesprochen. In der Diskussion nannte Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) die Einführung einer solchen Karte verwaltungstechnisch aufwendig. Sie führe immer auch zu einer gewissen Stigmatisierung. Aktuell sehe die Stadt keinen Änderungsbedarf. Vertreter anderer Fraktionen verwiesen auf die laufenden Planungen für eine Bezahlkarte auf Landesebene, die abgewartet werden sollten. Der AfD-Antrag wurde schließlich im Mainzer Stadtrat mehrheitlich abgelehnt.

Flüchtlingsrat: Aspekte der Karte könnten verfassungswidrig sein

In der Beratungsarbeit des rheinland-pfälzischen Flüchtlingsrates spielt die Bezahlkarte bisher keine Rolle. «Da gibt es andere, sehr viele wichtigere Themen», teilte das Gremium mit. Aus Sicht des Flüchtlingsrates könnten einige Aspekte der geplanten Bezahlkarte verfassungswidrig sein. Als Begründung wurde genannt, dass Bargeldabhebungen auf 50 Euro beschränkt und Überweisungen ausgeschlossen werden könnten. Diese Einschränkung würde etwa ausschließen, dass die für ein Asylverfahren oft unabdingbaren Rechtsbeistände bezahlt werden können. Weder eine Anzahlung noch Ratenzahlung wäre möglich.

«Grundsätzlich würden wir eine bundeseinheitliche Lösung begrüßen, schon weil Gerichtsurteile dann besser übertragbar sind», erklärte der Flüchtlingsrat. Es bestehe allerdings das Risiko, dass für Rheinland-Pfalz so eine restriktivere Bezahlkarte komme. Wenn jede Kommune ihre eigenen Regeln für die Einführung einer Bezahlkarte formulieren dürfe, würde es zu einem unüberschaubaren Flickenteppich kommen. Dadurch würde die Beratungsarbeit erheblich erschwert und für die Schutzsuchenden zu einem Glücksspiel, ob sie in eine wohlmeinende oder in eine restriktive Kommune verteilt werden.

Rheinland-pfälzische Unternehmer hoffen auf Entlastung

Ein Sprecher der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) sagte, es wäre wünschenswert, wenn die Einführung einer einheitlichen Bezahlkarte zur erhofften Entlastung in der Verwaltung führe. «Aktuell könnten wir diese Ressourcen sehr gut dazu gebrauchen, um Geflüchteten durch kürzer Verfahren einen schnelleren Zugang in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Angesichts des akuten Arbeitskräftemangels und unserer wirtschaftlichen Schwäche kommt es jetzt auf jede Hand und jede Stunde an.»

Auch der Erfolg des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes werde maßgeblich davon abhängen, ob die vereinfachten gesetzlichen Regelung auch tatsächlich zügig in der Praxis umgesetzt werden könnten, erklärte der LVU-Sprecher. «Nicht zuletzt zählt der Arbeitsplatz zu den wichtigsten Integrationsorten überhaupt.»

© dpa ⁄ Christian Schultz und Bernd Glebe, dpa
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