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Schulen für saubere Toiletten ausgezeichnet

Wenn man nicht unbedingt muss, meidet man sie meistens: Schultoiletten. Sie gelten als vernachlässigt. Bundesweit ändern Schüler und Lehrer das und gestalten die Klos zu preiswürdigen Orten um.
Deutscher Schultoilettengipfel
Abgesandte der Hellweg Realschule in Unna-Massen (Nordrhein-Westfalen) stehen zusammen mit Moderator "Checker" Julian Janssen (l) bei der Verleihung der Hauptpreise des bundesweiten Wettbewerbs "Toiletten machen Schule" beim 1. Deutschen Schultoilettengipfel der German Toilet Organization (GTO) auf der Bühne. © Bernd von Jutrczenka/dpa

In den Toiletten hängen Discokugeln, es läuft Musik, Fliesen und Wände sind bunt gestaltet. Schüler in zahlreichen Bundesländern haben im Zuge des Wettbewerbs «Toiletten machen Schule» ihre Klos in Wohlfühlorte verwandelt. Die Deutsche Toilettenorganisation (GTO), die sich weltweit für eine Verbesserung der Sanitärversorgung einsetzt, hat am Dienstag Schulen aus München, Unna und Winsen an der Luhe für ihren Einsatz mit Preisen im Wert von 50 000 Euro ausgezeichnet und Sonderpreise an sieben weitere Schulen vergeben. Die Auszeichnung fand während des ersten deutschen Schultoiletten-Gipfels statt.

Mit Konzepten für ihre Toiletten hatten sich laut Koordinatorin Svenja Ksoll 135 Schulen mit mehr als 76 000 Schülern aus 14 Bundesländern beteiligt. Nicht dabei waren Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Der Deutsche Städtetag will Ideen aus dem Wettbewerb verbreiten.

Deprimierende Stimmung auf dem Schulklo

Achtklässler Hendrik Simon und seine Hellweg Realschule in Unna-Massen gehören zu den Hauptpreisträgern. Die dortige Schultoilette ist jetzt eine regelrechte Wohlfühloase - mit Discokugeln, Pflanzen, Duftspendern, Kleiderhaken, Handyhaltern, ausreichend Toilettenpapier, Seife und Licht. Das war vor der Umgestaltung ganz anders: «Urin war auf dem Boden, der war dadurch auch klebrig und hat sehr stark gestunken. Die Toilette war sehr dunkel und viele Toilettendeckel waren durch Vandalismus zerstört. Es herrschte eine sehr deprimierende Stimmung», erinnert sich der Schüler, der sich den Gang auf die Toilette in der Schule jahrelang verdrückt hat. «Es war nicht schön, mit so einem dringenden Gefühl im Unterricht zu sitzen», erzählt der 14-Jährige.

In der Schülervertretung sei das Thema dann zur Sprache gekommen. «Wir haben beschlossen, dass es so nicht weitergeht und wir etwas ändern wollen», so Simon. Besonders positiv sei gewesen, dass die Ideen der Schüler in die Umgestaltung eingeflossen seien und nicht von oben herab entschieden wurde. Die Schule erhielt 4000 Euro in bar sowie Sachpreise im Wert von 10 000 Euro. Weitere Hauptpreisträger sind die Grundschule an der Stielerstraße in München und das Gymnasium Winsen an der Luhe.

Schultoiletten neben Mobbing und Essen Hauptthema

Schultoiletten sind laut Svenja Ksoll vielerorts ein Brennpunkt: Oft seien die Schulgebäude und deshalb auch die Sanitärräume marode. Oft fehle es auch an Seife und Toilettenpapier. Vandalismus, Gestank oder die fehlende Privatsphäre seien weitere Probleme. «Man redet nicht darüber, es wird vernachlässigt, es spielt keine Rolle, sondern es nervt ja eigentlich nur. Viele Lehrkräfte oder auch Schulleitungen sagen uns: Es ist so ein blödes Thema, wir bekommen es ohnehin nicht in den Griff und es wird resigniert». Dabei seien die Toiletten neben Schulessen und Mobbing eines der Hauptthemen, das Schüler beschäftige, berichtet Ksoll.

Eine im August 2023 veröffentlichte Studie zu Berliner Schultoiletten der GTO zeigte exemplarisch, dass viele Schüler unter dem Zustand leiden, den Ort oftmals meiden und dafür im Schulalltag teilweise weniger essen und trinken. Man könne aber durchaus einiges tun, um die Situation zu verbessern, so Ksoll. Die GTO möchte mit der Verbesserung der Sanitärversorgung eigenen Angaben zufolge weltweit die Umwelt, Gesundheit, Bildung und Menschenwürde schützen.

Urinale mit Fußballtoren, Rätsel und Witze auf Whiteboards

Im Zuge des Wettbewerbs wurden Toiletten-Arbeitsgemeinschaften gegründet, Checklisten und Meldeketten zur schnellen Beseitigung von Mängeln entwickelt oder neue Angebote eingeführt, wie etwa die kostenfreie Ausgabe von Menstruationsprodukten durch die Schule. Es gibt Bewertungssysteme, wie etwa Ampelsysteme. Für Erstklässler werden Trainings angeboten, zum Beispiel zum Thema «Wie funktioniert die Spülung?» und das Thema Hygiene wurde mitunter in den Unterricht aufgenommen. Zur Deko in einigen Toiletten gehören auch Tafeln mit Nachrichten, Witzen und Rätseln, manche Urinale wurden mit Fußballtoren ausgestattet, die es zu treffen gilt.

In Berlin haben Schüler der Paul-Simmel-Grundschule - die Sauberhelden - einen eigenen Song aufgenommen und ein Video gedreht. Die Gruppe kümmert sich um die Toiletten, unterschreibt mit den Klassen Vereinbarungen für mehr Sauberkeit und unterstützt die Hausmeisterin in ihrer Arbeit. «Früher war die Toilette sehr dreckig und es wurde nicht gespült», erzählt Sauberheld Teym Ouercheffani. Das Projekt habe viele Schüler begeistert und mitgerissen, berichtet Initiator und Erzieher Sascha Suden: «Die Dynamik war toll». Für ihr Projekt erhielten die Berliner einen Sonderpreis.

Selbst Schulen, die nicht unter den Preisträgern sind, spüren laut Ksoll eine deutliche Besserung der Situation: «Ich bekomme Rückmeldungen, da heißt es: "Wir haben zwar nicht gewonnen, aber es hat sich so viel verändert und so viel verbessert und wir wollen dran bleiben. Das ist genau das, was der Wettbewerb zum Ziel hatte, dass man Wirkung entfalten kann», so Ksoll. Es gehe nicht nur um eine kurzfristige Verschönerung, sondern darum, alle Beteiligten mit ins Boot zu holen, um langfristige Lösungen für saubere Schultoiletten zu erreichen.

Eine Idee, die auch der Deutsche Städtetag unterstützt. «Für uns ist es wichtig, dass sich die Städte für das Thema Toiletten einsetzen. Wir haben 200 Mitgliedsstädte mit Tausenden Schulen», sagt Hilmar von Lojewski, Leiter des Dezernats Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr. Der Wettbewerb zeige, wie viele tolle Ideen es für die Schultoiletten gebe. «Unser Job ist es, dieses Thema zu verbreiten und deutlich zu machen, dass es Lösungsansätze gibt für scheinbar verfahrene Situationen», so von Lojewski. «Es ist ein Grundrecht für jedes Kind, jeden Mann und jede Frau, einen guten Toilettenbesuch zu haben».

© dpa ⁄ Anja Sokolow, dpa
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