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Völler warnt auch ohne Brandherde: EM geht jetzt neu los

Nicht Julian Nagelsmann, sondern Rudi Völler übernimmt die Einstimmung aufs K.-o.-Duell mit Dänemark. Der Sportdirektor fühlt sich bei der EM um eine Kernaufgabe gebracht. Eine Warnung hat er dennoch.
Rudi Völler
Spürt große Vorfreude auf die K.-o.-Phase: DFB-Sportdirektor Rudi Völler. © Federico Gambarini/dpa

Julian Nagelsmann scheuchte die Fußball-Nationalspieler nach einem Tag mit Pool- und Freizeitspaß bei brütender Hitze wieder über den Trainingsplatz in Franken.

Die öffentliche Einstimmung samt deutlichem Warnsignal vor dem ersten K.o.-Duell mit Dänemark überließ der Bundestrainer aber Rudi Völler - wie auch das neueste Bulletin zum Gesundheitszustand von Abwehrchef Antonio Rüdiger. 

Mit der Erfahrung aus fünf Fußball-Jahrzehnten saß der Sportdirektor im gut klimatisierten Medienzentrum, nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse und schlüpfte kurz in die Rolle des Mahners. Optimismus ist erlaubt, aber die Sinne müssen jetzt unbedingt geschärft sein. Sonst ist die tolle EM-Stimmung schon am Wochenende verpufft. «Jetzt ist ein neuer Wettbewerb, jetzt ist K.-o.-System, Achtelfinale, jetzt zählt's. Und wir sind gewappnet», sagte der 64-Jährige in Herzogenaurach. 

Erinnerung an 1992

Danish Dynamite hat sein Gefahrenpotenzial im deutschen Fußball-Bewusstsein nicht verloren. Auch Völler erinnerte sich natürlich an jenes legendäre EM-Finale 1992, als er mit gebrochenem Arm vergeblich als Glücksbringer zurück zur deutschen Mannschaft flog. Das 0:2 im Finale musste er gegen die dänischen EM-Urlauber von der Tribüne aus verfolgen. 

Alles Geschichte, meint Völler heute. Für ihn zählt nur 2024. Ganz «wunderbar» sei die Nationalmannschaft, ganz «wunderbar» sei Nagelsmann als Trainer und Mensch, holte Völler in seinem typisch launigen Tante-Käthe-Erzählstil aus. Aber die EM, die geht nach einer formidablen Gruppenphase mit Gute-Laune-Fußball und notwendiger Widerstandskraft eben nochmal von vorne los. 

Dänemark ist für Völler nach dem TV-Studium auf dem Riesenbildschirm im Home Ground der logische deutsche Gegner im EM-Achtelfinale am Samstag (21.00 Uhr/ZDF/Magenta TV). Natürlich lobte er den Kontrahenten, wie es sich in der Branche aus Respekt, aber auch aus einer Spur Selbstschutz und Vorsicht gehört. «Das ist ein brandgefährlicher Gegner, das wissen wir», sagte er. 

Dortmund als großer Faktor

Das entscheidende Feuer hat Völler aber bei Nagelsmann und den eigenen Nationalspielern ausgemacht. Und mit dem Faktor Dortmund, dem Stadion mit der magischen Fußball-Energie, soll der Einzug ins Viertelfinale schon gelingen. «Diesen Optimismus, das Selbstvertrauen haben wir uns redlich verdient. Diese Zuversicht, dass wir in die nächste Runde einziehen wollen, die haben wir auf jeden Fall», sagte Völler. 

Nach eineinhalb Jahren im Amt fühlt er sich bei dieser EM um seine Kernaufgabe beraubt. Als emotionaler Feuerwehrmann war er nach dem WM-Desaster in Katar Nagelsmanns Vorgänger Hansi Flick zur Seite gestellt worden. Und jetzt? Im EM-Sommer 2024? Brände? «Die gab es bisher nicht», sagte Völler. Und da ist er gar nicht böse drum. 

Zu einem vergleichsweise moderaten Krisenbericht sah sich Völler bei der Abwehrlage veranlasst. Die gute Nachricht: Rüdiger konnte drei Tage nach der Zerrung im rechten Oberschenkel im Fitnesszelt neben dem Trainingsplatz wieder eine leichte Laufeinheit absolvieren. Teamtraining war wegen der Blessur aus dem Schweiz-Spiel noch nicht drin. 

Ausgeschlossen ist ein Einsatz am Samstag nach offizieller Sprachregelung auch nicht. «Am Ende wird es Toni zusammen mit dem Trainer und der medizinischen Abteilung entscheiden. Im Moment ist es zu früh, irgendwas Endgültiges zu sagen», ließ Völler wissen.

Ungewollte Transfer-News

Sollte Rüdiger neben dem gelb-gesperrten Jonathan Tah auch ausfallen, will Völler bloß keine Panikgefühle aufkommen lassen. «Es gibt keine negativen Gedanken, dass es nicht gut gehen könnte», sagte er. Nico Schlotterbeck habe gegen die Schweiz gut gespielt. Und Waldemar Anton? Auch dem traut er einen EM-Einsatz zu. Bei Anton aber verplapperte sich Völler auch ein wenig. Der Stuttgarter habe viele Angebote gehabt und sich für Dortmund als künftigen Arbeitgeber entschieden. Eine Transfernews in der DFB-Pk? Völler relativierte später ein wenig. Aber die Info war plötzlich interessanter als der Oberschenkel von Rüdiger. 

Klar ist durch Völlers Anton-Hinweis weiterhin, dass Nagelsmann auch bei Ausfällen strikt an seinem EM-Rollenmodell festhält. Gedankenspiele mit Emre Can als Ersatzinnenverteidiger - wie vom früheren Nationalelf-Kapitän Michael Ballack favorisiert - gibt es nicht. 

Argumente für Havertz

Im Angriff wird der Fan-Wunsch nach einem Starteinsatz von Torheld Niclas Füllkrug anstelle von Kai Havertz nicht erfüllt werden. Völler legte sich in der großen deutschen Stürmer-Diskussion nicht fest. Aber bei einer Beschreibung der jeweiligen Stärken ließ der 64-Jährige erkennen, in welche Richtung Nagelsmann denkt. 

«Die Quote von Fülle ist sicherlich außergewöhnlich», sagte Völler. 13 Tore in 19 Länderspielen hat der 31 Jahre alte Füllkrug erzielt. Aber: «Du brauchst auch einen spielenden Mittelstürmer, das kann Kai wunderbar lösen. Er macht das auf seine Art aber auch außergewöhnlich gut», sagte Völler. Havertz steht gegen die Dänen vor seinem 50. Einsatz für Deutschland.

© dpa ⁄ Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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