Max Riemelt passt in keine Schublade. Die Rollen, in die er schlüpft sind besonders in jüngster Zeit vielseitiger denn je. In "Kopfplatzen" spielt er einen Pädosexuellen, der gegen seine Neigung ankämpft. Dann dreht er mit Keanu Reeves "Matrix 4" und in der Fortsetzung vom Kinofilm "Freier Fall" übernimmt er wieder die Hauptrolle des homosexuellen Polizisten. Im "Tatort: Die Zeit ist gekommen" flieht er als vorbestrafter Familienvater vor den Dresdener Kommissaren. In "Der Schneegänger" (Montag, 22.Februar, 20.15 Uhr, ZDF und bereits in der Mediathek) steht er dagegen auf der richtigen Seite des Gesetzes.
Zwei Jahren nach dem Verschwinden des damals elfjährigen Darijo, Sohn kroatischer Einwanderer, wird eine Leiche gefunden. Kommissar Gehring (Max Riemelt) zieht die junge Polizistin Sanela Beara (Nadja Bobyleva) zu den Ermittlungen hinzu, die in der kroatischen Exilgemeinde in Berlin gut vernetzt ist. Bald stellt sich heraus, dass Darijo vor seinem Tod misshandelt worden war. Doch davon will niemand etwas gewusst haben.
Wenn ihm einer vor 20 Jahren gesagt hätte, dass er in Hollywood vor der Kamera steht, hätte ihn Max Riemelt wohl für verrückt erklärt. Denn wie so oft bei herausragenden Schauspielern landete auch der am 7. Januar 1984 geborene Ost-Berliner eher zufällig vor der Kamera.
Im Alter von 13 Jahren nahm der unmotivierte Schüler auf Anraten einer Familienfreundin an einem Casting teil. Ein Jahr später gab Klein-Max sein Schauspieldebüt im TV-Zweiteiler "Eine Familie zum Küssen" und sorgte 1998 als Hauptdarsteller in der ZDF-Weihnachtsserie "Zwei allein" für erstes Aufsehen.
Richtig los mit der Schauspielerei ging es, als ihn Dennis Gansel 2001 für seine Teenie-Komödie "Mädchen, Mädchen" besetzte und offenbar einen Narren am unbekümmert aufspielenden Jungen fraß. 2004 besetzte er ihn in seinem NS-Drama "Napola – Elite für den Führer", was ihm Max Riemelt mit einer so intensiven Schauspielleistung dankte, dass die European Film Promotion auf der Berlinale 2005 gar nicht anders konnte, als den damals 19-Jährigen zum "Shooting Star des europäischen Films" zu küren.
Neben Dennis Gansel, mit dem Max Riemelt noch die Kassenerfolge "Die Welle" (2008), "Wir sind die Nacht" (2009) und "Die vierte Macht" (2012) drehte, fand der durchstartende Jungschauspieler in Dominik Graf einen zweiten Mentor, der ihn 2006 neben Jessica Schwarz und Roland Zehrfeld in "Der rote Kakadu" besetzte. Für seine darstellerische Leistung in der DDR-Romanze erhielt Riemelt den Bayerischen Filmpreis als bester männlicher Nachwuchsschauspieler – und vier Jahre später eine Hauptrolle in Grafs Grimme-Preis-prämierter Krimi-Reihe "Im Angesicht des Verbrechens".
In Deutschlands Schauspiel-A-Liga angekommen, konnte und kann es sich Max Riemelt erlauben, zwischen massentauglicher Unterhaltung wie "Heiter bis wolkig" (2012) und ambitionierten Indie-Produktionen wie "Freier Fall" (2013) hin und her zu wechseln. Eine Wandlungsfähigkeit, auf die auch das filmische Ausland aufmerksam wurde. Nach dem argentinischen Liebesdrama "Der deutsche Freund" (2012) und Barbet Schroeders "Amnesia" (2015) sorgte 2015 die gerade fortgesetzte Netflix-Mystery-Serie "Sense8" der Wachowski-Geschwister dafür, dass Riemelt weltweite Berühmtheit erlangte.
Kein Wunder also, dass die australische Regisseurin Cate Shortland die männliche Hauptrolle ihres Psycho-Thrillers mit Max Riemelt besetzte. In "Berlin Syndrome" spielt der 33-Jährige den Englischlehrer Andi, der die durch Berlin irrende Backpackerin Clare (Teresa Palmer) aufgabelt, nach gemeinsamer Liebesnacht in seiner Wohnung aber nicht mehr gehen lassen will. Zwischen Geisel und Geiselnehmer entbrennt ein packendes Psychoduell, in dem Riemelt als so unheimlicher wie liebenswerter Psychopath eine brillante Leistung abliefert.
So vielfältig wie die Charaktere sind, die Riemelt darstellt, so verbissen geht er auch seinem Job nach, für den er sogar aus Zeitgründen sein Abi sausen ließ: "Drehen ist für mich wie ein Sprint, bei dem ich mich zwei, drei Monate nur auf diese eine Sache konzentriere", sagte er in der ARD-Sendung Brisant.