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Haftstrafen im «Knockout 51»-Prozess – Kritik an Begründung

Im Verfahren um die rechtsextremistische Kampfsportgruppe «Knockout 51» ist ein Urteil gefallen. Die Gerichtsentscheidung ruft auch harsche Kritik hervor.
Justizzentrum Jena
Am Oberlandesgericht Jena sind vier Mitglieder der Kampfsportgruppe «Knockout 51» verurteilt worden. © picture alliance / Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Jena (dpa/th) - Im Prozess um eine rechtsextreme Kampfsportgruppe hat die Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Jena vier Männer als «Knockout 51»-Mitglieder zu Haftstrafen verurteilt. Drei der Angeklagten sollen nach der Entscheidung zwei Jahre und zwei Monate, zwei Jahre und sechs Monate sowie drei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Der vierte Angeklagte erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. 

Alle vier Angeklagten seien Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung «Knockout 51» gewesen, sagte der Vorsitzende Richter der Kammer, Martin Giebel, bei der Urteilsverkündung. Auch im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2022 wird «Knockout 51» als «gewaltbereite, neonazistische Vereinigungen mit demokratiefeindlichen Zielsetzungen» beschrieben. 

«Offensive Verbreitung rechtsextremistischer Ideologie»

Die Gruppe sei deutlich mehr gewesen als eine unpolitische Kampfsportvereinigung. «Der eigentliche Hauptzweck dieser Gruppe war vielmehr die offensive Verbreitung von rechtsextremistischer Ideologie», so Giebel. Sie habe eine nationalsozialistische Grundausrichtung gehabt und sei gegen die Demokratie gerichtet gewesen.

Als Mitglieder dieser Gruppe haben die nun Verurteilten nach Überzeugung des Gerichts unter anderem zahlreiche Körperverletzungen begangen und teilweise gegen das Waffengesetz verstoßen. Sie hätten vor allem in Eisenach als Ordnungsmacht auftreten und zudem auch private Interessen durchsetzen wollen, hieß es. Mitglieder der Gruppierung hätten andere Menschen geschlagen und bedroht, wenn diese sich nicht so verhalten hätten, wie sie sich das vorstellten.

Bundesanwaltschaft stuft Gruppe auch als terroristisch ein

Mit dem Urteil folgt das Oberlandesgericht nicht der Einschätzung des Generalbundesanwalts. Dieser sieht in «Knockout 51» auch eine terroristische Vereinigung. Die Gruppierung sei nach Überzeugung des Gerichts auf die Begehung von Körperverletzungen, nicht aber auf Mord und Totschlag ausgerichtet gewesen, sagte Giebel.

In seiner Anklage hatte der Generalbundesanwalt betont, aus Sicht der Strafverfolger hätten die vier Männer schwerste Straftaten vorbereitet. «Spätestens ab April 2021 war die Vereinigung "Knockout 51" neben der Begehung von Körperverletzungen auch auf die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet», hatte der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage gesagt. Die Männer hätten geplant, ihre politischen Gegner durch den Einsatz von Messern, Äxten und Macheten zu töten. Solche Waffen hätten sie auch besessen. Auch während des Plädoyers des Generalbundesanwalts hatten dessen Vertreter an dieser Einschätzung festgehalten.

Vorsitzender Richter: Terrorvorwurf konstruiert

Giebel sagte nun während der Urteilsbegründung, der Vorwurf, «Knockout 51» sei eine terroristische Vereinigung gewesen, sei vom Generalbundesanwalt geradezu konstruiert worden. «Das ist eine reine Fiktion, das muss man so deutlich sagen.» Schon die grundsätzliche Gewaltbereitschaft der Mitglieder von «Knockout 51» habe unter anderem ausweislich abgehörter Gespräche der Angeklagten aus Sicht der Rechtsextremisten stets unter einem Notwehrvorbehalt gestanden. 

Die Männer hätten sich für den Fall vorbereiten wollen, dass sie von Linksextremisten angegriffen würden. Immerhin habe es Attacken von Linksextremisten auf Rechtsextremisten in der Vergangenheit tatsächlich gegeben. «Es handelt sich um den Gedanken der Abschreckung», sagte Giebel. Die Mitglieder von «Knockout 51» hätten mögliche Angriffen auf sich «durch eigene Stärke» verhindern wollen. Unbekannt sei dieses Prinzip nicht. Bis in die 1990er Jahre habe die Weltpolitik auf dem Prinzip der Abschreckung gefußt, so Giebel.

Richter: Angebliche Mordpläne nicht verwirklicht

Die Darstellung des Generalbundesanwalts, die Angeklagten hätten den Notwehrvorbehalt nur benutzt, um geplante Morde an politischen Gegnern zu verschleiern, sah das Gericht nicht als erwiesen an. Dagegen spreche auch, dass sie ein Jahr Zeit gehabt hätten, solche angeblichen Pläne zu verwirklichen – ohne dass es dazu gekommen sei, sagte Giebel.

Kritik von links: Urteil verharmlost Gefahr von rechts 

Insbesondere dieser Teil der Urteilsbegründung hat inzwischen scharfe Kritik hervorgerufen. «Ein solches Urteil für schwerste organisierte Gewalttaten, Waffenbeschaffung und Mordpläne kann fast als eine Art Freifahrtschein der Thüringer Justiz für die extreme Rechte verstanden werden», sagte die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss. Wieder einmal werde von einem Thüringer Gericht die Gefahr verharmlost, die von bewaffneten Rechtsextremisten ausgehe. Die Opferschutzorganisation ezra kritisierte, mit dem Urteil werde eine Täter-Opfer-Umkehr begangen.

Der Generalbundesanwalt hatte für die vier Angeklagten deutlich härtere Strafen verlangt, die Verteidiger hatten mildere Strafen gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© dpa
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