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Rampenlicht und Eiffelturm: Gold-Gymnastin im Genuss-Modus

Darja Varfolomeev wird für den Olympiasieg in der Rhythmischen Sportgymnastik gefeiert - und verabschiedet sich in den Touristen-Modus. Der Gold-Glanz soll für dauerhafte Strahlkraft sorgen.
Paris 2024 - Deutsches Haus
Paris 2024 - Rhythmische Sportgymnastik
Paris 2024 - Rhythmische Sportgymnastik
Paris 2024 - Rhythmische Sportgymnastik

Die Party im Deutschen Haus zu Paris erreichte einen Höhepunkt, als Darja Varfolomeev zu ohrenbetäubender Musik durch das Spalier Hunderter Fans zur Bühne ging. Die erste deutsche Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik genoss die «Dascha, Dascha»-Sprechchöre mit einem seligen Lächeln, aber auch etwas überwältigt und verschüchtert. «Ich fühle mich dann richtig unwohl, wenn ich alleine bin. Vor allen Menschen, die nur für mich da sind, das ist halt nicht so meins. Ich fühle mich nicht so wohl», sagte die 17-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.

Kanzler-Foto und Follower-Sprung

Wenige Stunden zuvor sah es noch ganz anders aus. Vor 8.000 begeisterten Zuschauern turnte sie vier Übungen «nahe an der Perfektion», wie Bundestrainerin Yuliya Raskina befand. In der Arena Porte de La Chapelle hatten Varfolomeev und Margarita Kolosov als Vierte des olympischen Mehrkampfes ein Schlaglicht auf ihre oft unterschätzte Sportart gesetzt. 

Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ es sich nicht nehmen, mit der Olympiasiegerin und einer Hand an ihrer Medaille für Fotos mit Symbolkraft zu posieren. Auf Varfolomeevs Instagram-Account stieg die Zahl der Follower zwischen Abschluss der prächtigen Vorträge bis zum Mittag des Folgetages von rund 60.000 auf 72.000.

Bundestrainerin glaubte nicht an Olympiasieg

Der glanzvolle Auftritt der 17 Jahre alten Fünffach-Weltmeisterin aus Schmiden und der drei Jahre älteren deutschen Mehrkampf-Meisterin Kolosov aus Potsdam soll ihren Sport nun auch aus der Nische zu größerer Aufmerksamkeit führen. Rampenlicht statt Funzelbeleuchtung. «Ich hoffe, dass die Rhythmische Sportgymnastik populärer wird in Deutschland. Auf jeden Fall haben die Leute Interesse an unserer Sportart. Es ist auch ein sehr schöner Sport», sagte Bundestrainerin Raskina.

Die 42 Jahre alte Belarussin hatte 2000 in Sydney Olympia-Silber in der Gymnastik gewonnen. Vor zwei Jahren war sie zu Deutschlands Trainerin des Jahres gewählt worden. Seit 2018, als Varfolomeev mit zwölf Jahren aus dem russischen BarnauI ohne Eltern nach Deutschland gekommen war, ist sie deren Trainerin. In Paris verriet sie, dass seinerzeit nicht daran geglaubt hatte, dass ihr Schützling sie einmal übertreffen könnte. «Niemals», sagte sie. Erst nach den fünf WM-Titeln 2023 in Valencia «konnte man sich vorstellen, dass es möglich ist».

«Stärkste Trainingsgruppe der Welt»

«Ich hoffe, die Sportart bekommt jetzt ein bisschen mehr Aufmerksamkeit. Es ist eine tolle Sportart», sagte auch Kolosov, die gemeinsam mit Varfolomeev bei Raskina am Bundesstützpunkt im schwäbischen Schmiden trainiert. Er freue sich, dass nicht nur zwei Sportlerinnen im Finale gestanden hätten, sondern unter den Top Vier gewesen seien, sagte Thomas Gutekunst, Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes (DTB). «Das zeigt einfach, dass die Trainingsgruppe in Schmiden die stärkste der Welt ist. Wir hoffen, das zukünftig zu verstetigen, um da weiter in der Weltklasse mitspielen zu können», betonte er.

Touristen-Modus und Vorfreude auf Urlaub

Nach dem Gold-Coup und dem anschließenden Trubel mit Interviews in Ultra-Marathon-Länge und ungezählten Selfies wechselte Darja Varfolomeev aus dem angespannten Sportler- in den erholsamen Touristen-Modus. Der Eiffelturm und andere Sehenswürdigkeiten standen auf dem Programm. Mit den Eltern, dem Bruder und den Großeltern wollte sie «spazieren, alles anschauen». 

Am Sonntag dann steht noch die Abschlussfeier der Olympischen Spiele an, ehe sich die Ausnahme-Gymnastin in einen dreiwöchigen Urlaub inklusiver einer von den Eltern organisierten Reise verabschiedet. «Ich werde das einfach genießen», kündigte sie an.

Redaktionshinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es im 6. Absatz Guteknecht, richtig ist Gutekunst.

© dpa ⁄ Martin Kloth und Thomas Bremser, dpa
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