Im roten Rauch auf dem spektakulärsten Podium der Formel 1 mit Tausenden von Tifosi zu Füßen genoss Charles Leclerc jede Sekunde dieses famosen Triumphs. Mit einer Alles-oder-Nichts-Fahrt bescherte er Ferrari den Emotions-Höhepunkt des Jahres mit dem Heimsieg im Autodromo Nazionale von Monza. Vor fünf Jahren hatte es zuletzt einen Sieg der Scuderia im Königlichen Park gegeben. Sieger damals: Charles Leclerc.
«Ich dachte, beim zweiten Mal würde es sich nicht mehr so besonders anfühlen, aber mein Gott: Die Gefühle in den letzten Runden waren dieselben wie 2019», sagte der 26-Jährige: «Mamma mia.» In bestem Italienisch bedankte er sich auch noch bei den Fans, die wie immer in Monza die komplette Start- und Zielgerade in eine PS-Partymeile verwandelten. «Was das Feiern betrifft, sind wir kreativ, wir sind ja in Italien», betonte Teamchef Frédéric Vasseur.
Es war ein überraschender und vor allem überragender Sieg von Startplatz vier aus - keine Frage. Denn Ferrari und Leclerc wagten eine Ein-Stopp-Strategie, die auf den letzten Metern auch hätte schiefgehen können. So aber raste Leclerc zu seinem siebten Grand-Prix-Erfolg und verwies das alles andere als bestens gelaunte, rivalisierende McLaren-Duo Oscar Piastri und Lando Norris auf den zweiten und dritten Platz. Nur einer war auf jeden Fall noch schlechter drauf: WM-Spitzenreiter Max Verstappen.
Vor einer Woche rettete er im schwächelnden Red Bull in Zandvoort noch Platz zwei hinter Norris ins Ziel. Diesmal schleppte er sich mit dem weiter abbauenden und immer mehr Fragen aufwerfenden RB19 als Sechster ins Ziel. Im Klassement schmolz sein Vorsprung auf Norris weiter: 62 statt der 70 vor dem Italien-Rennen sind es nun nur noch. Und Besserung ist nicht in Sicht. Stattdessen leistet sich Red Bull bei seiner sonstigen Paradedisziplin Reifenwechsel auch noch ungewohnt lange Standzeiten.
«Das ist immer schlecht, da verlierst du viel Zeit», sagte Verstappen. «Generell war das ganze Rennen schlecht. Ich konnte das ganze Rennen auch nicht mit voller Motorleistung fahren, auch da hatten wir Probleme. Wir haben viele Probleme, die wir jetzt lösen müssen», sagte der Niederländer und wähnt sich vorerst «im Niemandsland». In zwei Wochen geht es in der Formel 1 auf dem Stadtkurs in Aserbaidschan weiter. Verstappen wartet nun schon seit sechs Rennen auf seinen nächsten Sieg.
Dass das Red-Bull-Fiasko von Monza nicht noch schwerer bestraft wurde, hatte Verstappen letztlich McLaren zu verdanken. Norris war von der Pole gestartet, er hatte diese auch zunächst verteidigt, war dann aber von Piastri hart attackiert und überholt worden. Dabei nutzte auch noch Leclerc in der ersten Runde die Gelegenheit und arbeitete sich zunächst auf Platz zwei vor.
Das Rennen entwickelte sich danach vor allem zu einem Zweikampf zwischen Piastri und Norris, die allerdings beide zweimal die Reifen wechselten, während Ferrari mit Leclerc und auch dem viertplatzierten Carlos Sainz auf eine Ein-Stopp-Strategie setzten.
Ein schmerzvoller zweiter Platz
«Es tut weh, ich will nicht lügen: Es tut sehr weh», sagte Piastri, der lange wie der wahrscheinliche Sieger aussah. «Einfach enttäuscht», war erst recht Norris. Statt die vollen 25 Punkte für den Sieger wurden es nur 15. Auch noch drei weniger als Piastri. Einen Extra-Punkt holte Norris immerhin für die schnellste Rennrunde. «Wir hatten die Chance, das Rennen zu gewinnen, aber Ferrari hat das Glücksspiel versucht und gewonnen. Wir müssen über Platz zwei und drei froh sein und haben den Rückstand verkürzt», sagte McLarens Geschäftsführer Zak Brown.
Nachdem das Team aber schon in Ungarn mit seinen Rennstrategien durchaus für Verwirrung gesorgt hatte, und letztlich dort Piastri vor Norris gewann, sind es die nächsten Punkte, die im WM-Duell Norris gegen Verstappen am Ende fehlen könnten.
Acht Grand Prix sind es noch, dazu kommen noch drei Sprintentscheidungen. Und im Klassement kommt nun auch Leclerc noch näher. 24 Punkte Rückstand sind es als Dritter nur noch auf Norris. «Es liegen noch viele Punkte auf dem Tisch», betonte Ferraris Teamchef Vasseur: «Jetzt werden wir weiter pushen.»
Hülkenberg mit Pech, Magnussen mit Rennsperre
Für den künftigen Ferrari-Star Lewis Hamilton, der wie Michael Schumacher schon fünfmal in Monza gewinnen konnte, blieb diesmal im Mercedes der fünfte Platz. Sein Teamkollege George Russell, der von Platz drei losgefahren war, nahm als Siebter Verstappen ins Silberpfeil-Sandwich.
Der einzige deutsche Stammfahrer wurde 17. Nico Hülkenbergs Rennen war nach dem starken zehnten Platz in der Qualifikation nach der ersten Runde schon dahin. Nach einem Unfall, für den er nichts konnte, fiel er zu weit zurück. Sein Haas-Teamkollege Kevin Magnussen erwischte es aber noch heftiger. Der für seinen aggressiven Fahrstil bekannte Däne bekam für ein Manöver zwei Strafpunkte und wird beim nächsten Rennen gesperrt sein, weil er die Grenze von zwölf Strafpunkten erreicht hat, wie die Rennkommissare bestätigten.