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Auszeit, Camping, Tennis mit Nowitzki: Bolls Rentenpläne

Timo Boll tritt als einer der größten deutschen Sportler der Geschichte von der internationalen Bühne ab. Er wird fehlen. Nicht nur im Tischtennis.
Paris 2024 - Tischtennis
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Als alle Fragen beantwortet waren, erlebte Timo Boll noch einen besonderen olympischen Moment. Nach dem letzten internationalen Match seiner Karriere betrat der Tischtennis-Star einen durch provisorische Metallwände abgetrennten Teil der Halle und sah sich plötzlich seinem engen Freund Dirk Nowitzki gegenüber. Die Basketball-Legende applaudierte, verneigte sich vor Boll - und schloss ihn fest in seine Arme.

Ein besseres Drehbuch hätte es für die Freundschaft von zwei der größten deutschen Sportler der Geschichte kaum geben können. Schließlich begann alles 2008 in Peking - ebenfalls bei Olympia. Nun schloss sich der Kreis in Paris. «Er sagt schon jahrelang, hör' endlich auf, dass wir ein bisschen mehr zusammen unternehmen können. Ich habe mich immer wieder dagegen gesträubt, aber jetzt ist es so weit», sagte Boll mit seinem typischen Grinsen.

Tränen durch Sprechchöre

In der Halle hatten ihn die Gefühle nach dem 0:3 gegen Schweden noch «brutal übermannt». Tränen flossen, als die über 6000 Fans mit ihren «Timo, Timo»-Rufen gar nicht mehr aufhören wollten. Der Verlierer des Abends war der Sieger der Herzen. Er sei ein «herausragender Spieler, der größte Spieler, den wir je hatten», sagte der nicht gerade erfolglose Bundestrainer Jörg Roßkopf.

Andere mögen höher dekoriert sein als Boll. Sein großer Traum von der olympischen Einzelmedaille wurde nie wahr. Doch der 43-Jährige bewahrte sich bei allen Höhenflügen seine zutiefst empathische Art. Er sei nicht nur einer der größten Tischtennis-Spieler aller Zeiten, wie sein langjähriger Teamkollege Dimitrij Ovtcharov befand, sondern «auch ein sehr guter Mensch, der immer sehr viel gibt.»

Noch heute kann sich Boll in China praktisch nicht frei bewegen. Im Land des Tischtennis als Deutscher vergöttert zu werden, ist eine wohl kaum wiederholbare Lebensleistung. Zu Bolls besten Zeiten beauftragten sie im Reich der Mitte sogar eine ganze Reihe von Akteuren, das Spiel des Hessen perfekt im Training zu imitieren. So groß war der Respekt. Dreimal erklomm Boll die Spitze der Weltrangliste, gewann vier Team-Medaillen bei Olympia, holte zweimal Einzel-Edelmetall bei der WM und acht EM-Titel.

Eine Woche Urlaub

Nach einer Woche Urlaub beginnt nun die Teilzeit-Rente. Mit seinem Club Düsseldorf spielt Boll noch eine Saison. Doch er wird ohne internationale Turniere beachtlich mehr Zeit haben. Und die will er nutzen. Zeit mit Frau Rodelia und Tochter Zoey Malaya zu verbringen sowie Tennis mit Kumpel Nowitzki zu spielen stehen weit oben auf der Liste. Das Wohnmobil, in dem er zuletzt lebte, wenn er in Düsseldorf war, soll noch öfter zum Einsatz kommen.

Vor allem will er sich Zeit nehmen. «Ich glaube, ich brauche jetzt erst einmal ein, zwei Jahre ein bisschen Ruhe, um den Kopf freizubekommen», sagte Boll. Er wolle in ein paar Sachen reinschnuppern und dann entscheiden, in welche Richtung es gehe. «Das muss ich erst einmal für mich selbst herausfinden», sagte Boll.

Tischtennis-Team kein Medaillengarant mehr

Die Zukunft ohne den Leistungssport machte ihm Nowitzki schon einmal schmackhaft. «Es liegen viele schöne Zeiten vor ihm», sagte der 46-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. «Wir Athleten haben immer ein bisschen Angst davor, aufzuhören. Wenn man eine Sache 20, 25, 30 Jahre lang gemacht hat – da gehört eine gewisse Leere dazu erstmal. Das Leben danach ist aber nicht so schlimm, wie es sich anhört.»

Das viel größere Problem bahnt sich für das deutsche Tischtennis an. Boll ist weg, Ovtcharov bald 36 Jahre alt und die klare Niederlage gegen Schweden offenbarte, dass andere Nationen aufgeholt haben - oder sogar vorbeigezogen sind. «Wir waren die letzten 25, 30 Jahre immer irgendwo weit vorn dabei», sagte Roßkopf. Nun gebe es viel mehr Einzelspieler, viel mehr Mannschaften, die ums Podium spielen. Man habe gute Spieler. Aber so einen Ausnahmespieler wie Boll noch einmal zu bekommen, «wird definitiv schwierig».

© dpa ⁄ Tom Bachmann und Florian Lütticke, dpa
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