Berlin (dpa) – Nach mehreren Sicherheitspannen bei der Fußball-EM sieht Experte Harald Olschok Defizite vor allem bei der Schulung des Sicherheitspersonals. «Das ist die falsche Schulung. Die gesetzliche Vorgabe ist eine rein theoretische Unterrichtung im Klassenzimmer der Industrie- und Handelskammer - und die ist nicht geeignet für den Schutz von Veranstaltungen», sagte Olschok der Deutschen Presse-Agentur. Beim deutschen Achtelfinale gegen Dänemark hatte ein Mann für Aufsehen gesorgt, der vermummt und mit Rucksack unter das Dach des Dortmunder Stadions gelangt war.
Olschok schlägt eine praktischere Ausbildung an den Einsatzorten für das Sicherheitspersonal vor. Es sei wichtig, die Räume und Fluchtwege zu kennen, aber auch Kontakte zu den staatlichen Sicherheitskräften von der Feuerwehr oder zu Sanitätern zu haben. «Es ist die völlig falsche Qualifizierung für diese spezielle Tätigkeit», sagte der Honorarprofessor für Sicherheitswirtschaft von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin.
UEFA kann Kritik nachvollziehen
Das Sicherheitspersonal müsse für eine Woche ein sogenanntes Unterrichtungsverfahren durchlaufen. Dem Personal werde zwar beigebracht, was die Rechte und Pflichten des Sicherheitspersonals sind. «Aber da findet sich mit keinem Satz das Thema: Wie verhalte ich mich in einem Stadion in Dortmund oder München?», bemängelte Olschok.
Die Europäische Fußball-Union UEFA reagierte mit Verständnis auf die Kritik. Diese könne der Verband «sehr gut nachvollziehen», die UEFA sei selbst mit der Lösung, die den Organisatoren «von behördlicher Seite auferlegt wurde, nur bedingt einverstanden». Die gesetzlichen Anforderungen an die Qualifizierung von Veranstaltungsordnern mit Sicherheitspflichten würden «auf sehr alte Gewerbeordnungen» zurückgehen, schrieb die UEFA auf dpa-Anfrage. «Dies ist – aus unserer Sicht – nachweislich nicht geeignet, um Stewards auf ihre konkreten Aufgaben im Rahmen von Fußballspielen vorzubereiten.»
Sichere EM - trotz Pannen
Olschock sieht die EM trotz der jüngsten Pannen als sichere Veranstaltung an - gerade in Anbetracht der vielen Millionen Menschen, die bereits unterwegs waren. Sicherheitslücken könne man nie gänzlich ausschließen. «Wichtig ist es, aus Vorfällen wie diesen Konsequenzen zu ziehen und daraus zu lernen», sagte er.
In Dortmund hatten Einsatzkräfte einer Spezialeinheit den 21-Jährigen erst nach mehr als anderthalb Stunden festgenommen. Polizeiangaben zufolge wollte der Mann Fotos machen. «Zu keinem Zeitpunkt» habe eine Gefahr bestanden, hieß es.
Beim Eröffnungsspiel in München hatte sich ein Webvideoproduzent in einem Kostüm des Maskottchens «Albärt» mit gefälschter Akkreditierung Zugang zum Innenraum des Münchner Stadions verschafft. Auch sogenannte Flitzer gelangten bei Spielen immer wieder auf das Feld, um Fotos mit Spielern zu machen.