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Ende des Hypes: Ungewohnte Sorgen in Heidenheim

Dem langen Höhenflug folgt auf einmal der Absturz. Der 1. FC Heidenheim steckt tief in der Krise, könnte gegen St. Gallen aber Großes schaffen. Ein Club zwischen Abenteuer und Abstiegsangst.
Frank Schmidt
Fans des 1. FC Heidenheim
Paul Wanner

Es ist paradox. Der 1. FC Heidenheim erlebt die aufregendste Zeit seiner Historie und zugleich eine der schwierigsten. In der Conference League geht es gegen den FC St. Gallen am Donnerstag (21.00 Uhr/RTL) um den noch möglichen direkten Einzug ins Achtelfinale, in der Fußball-Bundesliga einzig und allein gegen den Abstieg. Der kleine Ostalb-Club mischt mittlerweile in gleich zwei Wettbewerben mit, die für ihn lange unerreichbar schienen. Und genau das bringt ihn offenbar aus der Balance.

Neun Niederlagen in zehn Spielen

Eine «schwierige, herausfordernde Phase» sei das, sagte Vorstandschef Holger Sanwald zuletzt. Mit dem Landesduell gegen den VfB Stuttgart (1:3) wollte der FCH am vergangenen Sonntag die Trendwende einleiten, stattdessen gab es die siebte Pflichtspiel-Niederlage in Serie. In der Liga haben die Heidenheimer seit Ende Oktober keinen Punkt mehr geholt. Wettbewerbsübergreifend gingen seitdem neun von zehn Partien verloren. Erschreckende Zahlen, die man von den Schwaben sonst nicht kennt. Und die sie in Alarmbereitschaft versetzen.

Er habe die «hundertprozentige Überzeugung», dass der FCH aus diesem Tal herauskomme, sagte Sanwald. Genau wie Kapitän Patrick Mainka beschwor er den Zusammenhalt, der den Club in den vergangenen Jahren so ausgezeichnet hat. Er fordere von den Spielern «totale Hingabe für unseren Verein», erklärte Sanwald aber auch - und schloss Konsequenzen auf dem Winter-Transfermarkt nicht aus. Zumindest habe die Mannschaft trotz der erneuten Niederlage gegen Stuttgart eine Reaktion auf den blutleeren Europapokal-Auftritt bei Istanbul Basaksehir (1:3) wenige Tage zuvor gezeigt, befand Trainer Frank Schmidt.

Heftige Kritik nach Pleite in Istanbul

Die Kritik, die Sanwald und Schmidt nach der Partie in der Türkei öffentlich an den Spielern geäußert hatten, war für ihre Verhältnisse außergewöhnlich scharf. Es waren Worte wie Warnschüsse. Als fürchte das Erfolgsduo an der Spitze des Clubs, dass zeitnah das zusammenbrechen könnte, was es sich über Jahre hinweg mühsam aufgebaut hat. Dem lange nicht enden wollenden Höhen- folgte zuletzt ein ungeahnter Sturzflug. Oder kam er gar nicht so überraschend?

In Heidenheim war immer allen klar, dass es auch im zweiten Bundesliga-Jahr um nichts anderes gehen würde als den Klassenerhalt. Es war allen klar, dass die Abgänge der Leistungsträger Tim Kleindienst, Jan-Niklas Beste und Eren Dinkci schwer zu kompensieren sein würden. Und es war allen klar, dass die Zusatzbelastung durch die Conference League eine Herausforderung darstellt.

Schmidt muss immer wieder rotieren

Zumindest von den Verantwortlichen auf der Ostalb hatte sich auch keiner von diesem traumhaften Saisonstart mit fünf Pflichtspielsiegen und der kurzzeitigen Tabellenführung in der Bundesliga blenden lassen. Der sei auch der Euphorie aus der Vorsaison und dem Spielplan geschuldet gewesen, sagte Sanwald. 

Der Hype um Bayern-Leihgabe Paul Wanner, Top-Talent und Shootingstar der Mannschaft, war Coach Schmidt ohnehin stets ein Dorn im Auge. Auch für den 50-Jährigen ist es eine knifflige Aufgabe, zwischen all den Highlight-Spielen - erst Ende November war der ruhmreiche FC Chelsea zu Gast - den Kurs zu halten. Seine Mannschaft müsse «einen wahnsinnigen Aufwand» betreiben, erklärte Schmidt. Immer wieder zu rotieren, sei für ihn daher «alternativlos».

Gegen St. Gallen und im anschließenden Liga-Kellerduell beim VfL Bochum geht es für den FCH darum, ein bemerkenswertes Jahr würdig zu beenden. Es sei eigentlich «die beste Zeit», die dieser Verein bisher hatte, meinte Sanwald. Und doch fühlt sie sich ganz anders an.

© dpa ⁄ Christoph Lother, dpa
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