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Spionage für Russland: Dreieinhalb Jahre Haft für Offizier

«Tage des Verrats»: Ein AfD-naher Hauptmann der Bundeswehr bietet Russland militärische Geheimnisse an. Vor Gericht gesteht er «den größten Bockmist meines Lebens». Nun ist das Urteil verkündet.
Gericht
Akten liegen vor einem Prozess in einem Landgericht auf dem Tisch. © Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

Ein Bundeswehroffizier ist in Düsseldorf wegen Spionage für Russland zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sprach den 54-Jährigen am Montag wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit schuldig.

Der Hauptmann hatte ein weitgehendes Geständnis abgelegt. Laut Bundesanwaltschaft hatte sich der Berufssoldat Russland «fast penetrant angedient», um den russischen Streitkräften einen Vorteil zu verschaffen. Etwa zeitgleich war er in die AfD eingetreten.

«Was, in Gottes Namen, hat den Angeklagten veranlasst zu tun, was er getan hat?», fragte der Vorsitzende Richter Lars Bachler bei der Urteilsbegründung. Der 54-Jährige habe dies in seinem Geständnis auf seine psychischen und körperlichen Beschwerden zurückgeführt. «Aber der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass auch seine politischen Ansichten für die Tat bedeutsam waren.»

Schon kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine habe er sich an einen AfD-Landtagsabgeordneten und an einen Kreisvorsitzenden der Partei Die Linke gewandt. Er sei dagegen gewesen, der Ukraine zu helfen. In zeitlichen Zusammenhang mit seinen Spionageaktivitäten war er dann in die AfD eingetreten. Zudem habe er Kontakt zu einem prorussischen Social-Media-Aktivisten aufgenommen und sei im August 2023 dessen Telegram-Kanal beigetreten.

Dass er seine gesundheitlichen Beschwerden seiner Corona-Impfung zuordnet, deute ebenfalls in eine «gewisse Richtung», so das Gericht. Am 3. Mai vergangenen Jahres habe der Offizier in seinem Büro 123 Dokumente gesichtet und auf eine CD gebrannt. Dabei habe es sich um 1400 Seiten Material gehandelt, dass als Verschlusssache eingestuft war.

Ein paar Auszüge habe er auf Papier ausgedruckt und, obwohl er dies als einziges bestritten hatte, nach Überzeugung des Gerichts auch die CD in einem Umschlag einen Tag später in den Briefkasten des russischen Generalkonsulats in Bonn eingeworfen. Dabei war er fotografiert worden.

Den Beteuerungen, dass die CD nicht in dem Umschlag war, glaubte das Gericht nicht: «Es ist wenig plausibel, dass jemand einen Verrat begeht, die Unterlagen dann aber einfach in seinem Büro liegen lässt.» Zudem sei die CD bei der Durchsuchung nicht gefunden worden.

Der Hauptmann war bei einem Bundesamt der Bundeswehr in Koblenz beschäftigt, das für Ausrüstung und Informationstechnik zuständig war. Die Dokumente hätten Details aus Beschaffungsprojekten der Bundeswehr für die elektronische Aufklärung und Kampfführung enthalten. In den Händen einer fremden Macht könne dies Nachteile für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands haben.

Er habe die Informationen in einem Begleitschreiben selbst beworben mit den Worten, diese könnten «ein beträchtliches Plus für die russischen Streitkräfte und die Russische Föderation» bedeuten. Obwohl sich die russische Seite trotz beigelegtem Klarnamen und Telefonnummer nicht gemeldet habe, habe er nicht aufgegeben, sondern auch noch die russische Botschaft in Berlin angeschrieben. Als sein Vorgesetzter von den Vorgängen erfahren habe, habe dieser mit den Worten reagiert: «Der Idiot», berichtete Richter Bachler.

Strafmildernd wertete das Gericht, dass der Angeklagte durch das Urteil seine Stellung bei der Bundeswehr und seine beamtenrechtliche Versorgung verlieren werde. Zu seinen Lasten wertete es, dass der Berufssoldat für ein sehr aggressives, kriegerisches Land tätig geworden sei, eigeninitiativ bedeutsame Dokumente verraten und dabei eine hohe kriminelle Energie an den Tag gelegt habe. Dies stehe auch im Gegensatz zu seiner Burn-out-Diagnose, der zufolge er eher in Passivität hätte verfallen müssen.

«Die übermittelten Unterlagen dienten zum Anfüttern. Sie sollten Appetit auf mehr machen», hatte der Vertreter der Bundesanwaltschaft kritisiert. «Das alles für einen Staat, der sich als rücksichtsloser Aggressor erwiesen hat.»

Mit der Strafhöhe entsprach das Gericht der Forderung der Bundesanwaltschaft. Hätte der Offizier nicht nur Dienst-, sondern Staatsgeheimnisse verraten, hätte ihm sogar lebenslange Haft gedroht, hatte diese ausgeführt.

Im Gegensatz zur Anklage sah das Gericht aber keinen schweren Fall der Agententätigkeit erfüllt. Zwei Gutachten waren zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, was die Brisanz des verratenen Materials angeht.

Verteidiger Marvin Schroth hatte gesagt, sein Mandant habe in vier Tagen «alles in Schutt und Asche gelegt, was er zuvor in Jahren als pflichtbewusster Berufssoldat aufgebaut» habe: «Vier Tage des Verrats, an denen er rote Linien überschritten hat. Vier Tage des völligen Versagens.»

In einer fordernden beruflichen Zeit habe sich sein Medienkonsum allmählich auf Telegram und Tiktok verlagert. Dort sei er Fake News und aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten aufgesessen. Der Realität sei er zeitweise deutlich entrückt gewesen. Inzwischen sei er aus der AfD wieder ausgetreten.

Der Hauptmann hatte behauptet, die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukraine-Kriegs habe ihn getrieben. «Es ist der größte Bockmist, den ich in meinem Leben gebaut habe», hatte er in seinem Schlusswort gesagt. Eine Depression, verursacht durch chronische Überarbeitung, habe sein rationales Denken beeinträchtigt.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Mann am 9. August in Koblenz festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig und könnte noch beim Bundesgerichtshof angefochten werden.

Russische Spione im Fokus der deutschen Justiz

Erst im April wurden in Bayern zwei Deutsch-Russen festgenommen, weil sie der Bundesanwaltschaft zufolge für Moskau Ziele für mögliche Sabotageakte in Deutschland ausgekundschaftet haben sollen. Einem der beiden wird unter anderem die Verabredung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und zur Brandstiftung vorgeworfen.

Vor dem Berliner Kammergericht wiederum müssen sich derzeit ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und ein Geschäftsmann wegen Landesverrats in besonders schwerem Fall verantworten. Sie sollen geheime Dokumente und Informationen aus dem deutschen Auslandsnachrichtendienst an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB gegeben und dafür zusammen 850 000 Euro erhalten haben. Der BND-Mitarbeiter bestreitet das.

Im November 2022 erhielt ein Ex-Reserveoffizier der Bundeswehr vom Düsseldorfer Oberlandesgericht ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung, weil er Informationen über das Reservistenwesen der Bundeswehr an den russischen Militärgeheimdienst GRU geliefert hatte. Im April 2022 verurteilte das OLG München einen russischen Doktoranden der Universität Augsburg zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Er hatte öffentlich zugängliche Informationen zum europäischen Raketensystem Ariane an den russischen Geheimdienstes SWR gegeben.

© dpa ⁄ Frank Christiansen, dpa
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