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Experte: Radikalisierung in AfD-Fraktion

Wohin entwickelt sich die rheinland-pfälzischen AfD-Fraktion? Für den Politikwissenschaftler Jun setzen sich mit dem Führungswechsel radikalere Kräfte durch. Derweil werden gegenseitig Vorwürfe erhoben.
Politikwissenschaftler Uwe Jun
Der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun steht in seinem Büro an der Universität Trier. © Harald Tittel/dpa/Archivbild

Nach dem Wechsel an der Spitze der rheinland-pfälzischen AfD-Landtagsfraktion treten Konflikte innerhalb der Partei offen zu Tage. Während sowohl der abgewählte Fraktionschef Michael Frisch als auch sein Nachfolger Jan Bollinger keine inhaltlichen Differenzen ausmachen, betrachtet der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun den Wechsel als Zeichen einer gewissen Radikalisierung. «Die radikaleren Kräfte setzen sich durch, die moderaten Kräfte wurden weiter zurückgedrängt», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Das hat sich schon in der Partei gezeigt, jetzt auch in der Fraktion. Diese Entwicklung beobachten wir schon seit Jahren.»

Der 46 Jahre alte Bollinger war am Mittwoch zum neuen Fraktionschef und damit zum Nachfolger des 66-jährigen Frisch gewählt worden. Bollinger hatte Frisch 2022 bereits an der Spitze der Landespartei abgelöst. Frisch verkündete nach seiner Abwahl gemeinsam mit dem Abgeordneten Martin Louis Schmidt den Austritt aus der AfD-Fraktion im Landtag in Mainz.

Die AfD-Fraktion zählt nach diesen Austritten noch sechs Mitglieder. Nach der Landtagswahl im Frühjahr 2021 waren es noch neun gewesen. Im September 2021 hatte Matthias Joa bereits der Fraktion und der Partei den Rücken gekehrt. Damit sich im rheinland-pfälzischen Landtag Abgeordnete zu einer Fraktion zusammenschließen können, braucht es mindestens fünf Parlamentarier, die derselben in den Landtag gewählten Partei angehören.

Frisch sagte am Freitag, er habe den Führungswechsel auf diese Art zu verhindern versucht. Er habe sich vor seiner Abwahl und der Wahl seines Nachfolgers Jan Bollinger noch in einer Mail an den Landesvorstand der AfD gewandt, telefoniert und seinen Nachfolger Jan Bollinger um ein Vier-Augen-Gespräch gebeten. Es sei ihm darum gegangen, doch noch eine friedliche Lösung zu finden, das sei ihm aber letztlich nicht gelungen.

Bollinger hatte Frisch und Schmidt aufgefordert, ihre Landtagsmandate abzugeben. Frisch möchte sein Mandat aber behalten und in der Partei bleiben. «Ich stehe nach wie vor voll hinter der Programmatik der Partei», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Es gebe keine inhaltlichen Differenzen, er sehe auch keinen Rechtsruck in der rheinland-pfälzischen AfD. Er wolle nun versuchen, aus der Landespartei heraus wieder andere Mehrheiten zu organisieren.

Frisch wirft Bollinger einen Vertrauensbruch vor. Es habe eine Vereinbarung gegeben, die einen Wechsel an der Fraktionsspitze erst im unmittelbaren Vorfeld der nächsten Landtagswahl vorgesehen habe. Bollinger habe einen Wechsel bereits nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr angestrebt, sagte Frisch. Als Kompromiss habe er Bollinger einen Übergang etwa ein Jahr vor der Landtagswahl - also 2025 - angeboten. Das habe Bollinger abgelehnt.

Bollinger hatte dagegen erklärt, es habe keine entsprechenden Zusagen mit Blick auf die nächste Landtagswahl gegeben. Er warf Frisch vor, demokratisch gefällte Entscheidungen und vereinbarte Wahlen nicht akzeptieren zu können. Am Freitag betonte Bollinger, in der Fraktion habe seit langem Unzufriedenheit mit dem Führungsverhalten Frischs und seiner mangelnden Akzeptanz von Mehrheitsbeschlüssen bestanden. «Es wurde ihm frühzeitig ein Angebot für einen geordneten Übergang unterbreitet.»

Der Politikwissenschaftler Jun sagte mit Blick auf die Geschehnisse vom Mittwoch: «Man hätte es eleganter lösen können, Frisch wollte ja ohnehin nicht mehr antreten.» Bollinger gelte schon länger als potenzieller Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2026. Nun stehe er als starker Mann an der Spitze von Partei und Fraktion besonders im Fokus. «Bollinger muss jetzt zeigen, dass er es schafft, die Rolle der Opposition kraftvoll auszuführen», sagte Jun. «Frisch galt als einer der Moderaten, jetzt wurde er mit kalter Hand abgelöst.»

In der Wählergunst könnte die Entwicklung der AfD sogar einen Schub geben. Jun zufolge gibt es zwei Hauptwählergruppen, eine eher radikalere Gruppe und Protestwähler. «Die Protestwähler wählen die AfD nicht wegen Inhalten, sondern eher, weil sie mit den anderen Parteien nicht einverstanden sind», erklärte der Politikwissenschaftler. Die AfD habe es geschafft, als Katalysator der Protestierenden zu wirken. «Die andere Gruppe geht die Radikalisierung mit.» Wenn die etablierten Parteien und Regierenden das Thema Migration nicht in den Griff bekämen, werde das die AfD weiter stützen. «Das ist ihr Leit- und Zentralthema», betonte Jun.

© dpa
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