Wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche hat die Generalstaatsanwaltschaft München Ermittlungen gegen den AfD-Abgeordneten Petr Bystron eingeleitet und mehrere Objekte durchsucht. Darunter war Bystrons Abgeordnetenbüro in Berlin. Das Parlament hatte zuvor seine Immunität aufgehoben.
Am Abend verlor auch sein Fraktionskollege Hannes Gnauck seine Immunität, der Bundestag genehmigte damit die Durchführung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den Vorsitzenden der Jungen Alternative. Über die konkreten Hintergründe wurde bisher nichts bekannt.
Durchsuchungen an mehreren Orten
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München waren im Fall Bystron außerdem Durchsuchungen an mehreren Orten in Bayern und auf Mallorca geplant. Im Einsatz waren demnach elf Staatsanwälte und etwa 70 Polizisten des bayerischen Landeskriminalamts. Die Generalstaatsanwaltschaft wies darauf hin, dass bis zu einer möglichen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte.
Bystron selbst bezeichnete das Ermittlungsverfahren gegenüber «Zeit online» als politisch motiviert. «Das Verfahren wird eingestellt werden, wenn die Wahl vorbei ist», zitierte ihn das Portal. «Das wird uns bei den Wahlen einige Stimmen kosten.» Andere Wähler würden aber zur AfD halten: «Diejenigen, die die Geschichte unserer von Gegenkampagnen beschädigten Partei kennen, wird das nicht abschrecken.»
Schlagzeilen wegen möglicher Russland- und China-Verbindungen
Der Abgeordnete aus dem Wahlkreis München-Nord ist seit 2017 Obmann der AfD im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Er steht zudem auf Platz zwei der Liste der Kandidaten der AfD für die Europawahl am 9. Juni. Bystron und Spitzenkandidat Maximilian Krah sind wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und möglicher Geldzahlungen seit Wochen in den Schlagzeilen.
Im März hatte Tschechien nach Geheimdienstermittlungen die prorussische Internetplattform «Voice of Europe» (VoE) auf die nationale Sanktionsliste gesetzt, dort waren auch Interviews mit Bystron und Krah erschienen. Eine tschechische Zeitung hatte berichtet, Bystron habe möglicherweise auch Geld entgegengenommen. Die Staatsanwaltschaft in München leitete im Falle Bystron sogenannte Vorermittlungen ein, um zu prüfen, ob sich ein Anfangsverdacht wegen eines strafbaren Verhaltens einer Abgeordnetenbestechung ergibt. Bei den nun eingeleiteten Ermittlungen geht es nach dpa-Informationen um die Vorwürfe im Zusammenhang mit «Voice of Europe».
Die Strafverfolgungsbehörden in Dresden hatten ein Vorermittlungsverfahren auch gegen Krah, der aus Dresden stammt, eingeleitet und ein weiteres wegen möglicher Zahlungen aus China. Während die Münchner den nächsten Schritt gehen und gegen Bystron ermitteln, läuft in Dresden das Vorermittlungsverfahren im Falle Krah weiter. Es gebe keinen neuen Stand, hieß es in der sächsischen Landeshauptstadt am Donnerstag auf Nachfrage. Krah und Bystron hatten angegeben, kein Geld angenommen zu haben.
Krah steht außerdem im Fokus, weil sein ehemaliger Mitarbeiter Jian G. wegen Spionageverdachts für China verhaftet worden war. Die Bundesanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen G. am Dienstag vergangener Woche Krahs Büroräume und die seines Ex-Mitarbeiters im Europäischen Parlament in Brüssel durchsuchen lassen. Dokumente, die Krah gehören, sind durch seine Immunität als Abgeordneter geschützt. Die Immunität kann nur durch einen Beschluss des Parlaments auf Antrag der Behörden aufgehoben werden. Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments tagt aber nicht mehr vor der Europawahl am 9. Juni. Krah selbst bestreitet jedes Fehlverhalten.
AfD-Spitze vermisst weiterhin Beweise
Die AfD-Spitze hält bislang weiter zu ihren beiden Europawahl-Kandidaten. Krah nimmt nach kurzzeitiger Pause wieder Wahlkampfauftritte wahr und im Falle Bystrons teilten die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla nur kurz schriftlich mit: «Die Aufhebung der Immunität und die Durchsuchung der Büro- und Privaträume von Petr Bystron sind ein schwerwiegender Vorgang.» Bislang seien für die seit Wochen erhobenen Vorwürfe gegen ihn keine Beweise vorgelegt worden. Die Fraktion hoffe auf einen raschen Abschluss der Ermittlungen, «damit nicht der Verdacht entsteht, dass hier versucht wird, durch Behörden und weisungsgebundene Staatsanwaltschaften den Europawahlkampf zu beeinflussen».
Zweiter AfD-Parlamentarier verliert Immunität
Am Abend entzog der Bundestag auch dem AfD-Parlamentarier Gnauck die Immunität und erteilte damit die «Genehmigung zur Durchführung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens» gegen den Vorsitzenden der Jungen Alternative. Die Jugendorganisation der AfD wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz im April 2023 als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.
Über die Hintergründe der Aufhebung der Immunität des 32-Jährigen wurde bisher nichts bekannt. Nach ARD-Informationen soll es um eine Disziplinarklage aus seiner Zeit bei der Bundeswehr gehen. Gnauck vertritt die AfD im Verteidigungsausschuss. Das hatten Politiker anderer Parteien bereits scharf kritisiert, nachdem bekannt geworden war, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr den früheren Soldaten als «Extremisten» eingestuft hatte.
Gnauck, der von 2014 nach 2021 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr war, erklärte am Abend, er habe Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bereits vor Wochen angeboten, seine Immunität aufzuheben, um im Raum stehende Vorwürfe auszuräumen. Bas habe ihn damals wissen lassen, dass dieser Schritt nicht notwendig sei.
Nun werde kurz vor der EU-Wahl «ohne ersichtlichen Anlass» seine Immunität doch aufgehoben, um Ermittlungen in einem seit drei Jahren ruhenden Verfahrens zu ermöglichen. «Die fälschliche Darstellung von Oppositionspolitikern als korrupt oder kriminell soll offensichtlich die Ergebnisse der AfD verschlechtern», erklärte der Politiker. Er habe sich nichts vorzuwerfen und warte die Ergebnisse der Ermittlungen ab.
Lindner gegen Verbotsverfahren - Warnung vor «Persilschein»
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner lehnt Versuche, die AfD vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen, ab. «Die Hürden für das Verbot einer Partei sind sehr hoch. Am Ende des Tages sollte nicht durch eine Abweisung eines Verbotsantrags der AfD ein Persilschein ausgestellt werden», sagte der Bundesfinanzminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Auseinandersetzung mit dieser Partei müsse im demokratischen Wettbewerb erfolgen, damit sich die AfD nicht als Opfer inszenieren könne.