Nordrhein-Westfalen und weitere Bundesländer wollen mit einer Gesetzesinitiative im Bundesrat die Bereitschaft zu Organspenden in der Bevölkerung erhöhen. Der Gesetzentwurf, den die Länder am 14. Juni in den Bundesrat einbringen will, sehe die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung bei der Organspende vor, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag in Berlin. Dabei gilt grundsätzlich jeder Mensch als Organspender nach dem Tod, es sei denn, er hat dem zu Lebzeiten widersprochen. Aktuell kommt als Organspender nur infrage, wer einer Spende aktiv zustimmt.
«Klar ist: Niemand darf zu einer Organspende gezwungen werden. Ich bin aber schon der Meinung, dass wir die Menschen dazu verpflichten können, eine Entscheidung dafür oder dagegen zu treffen», sagte Laumann. Obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung der Organspende gegenüber positiv eingestellt sei, gebe es bei gespendeten Organen eine massive Lücke, die für viele Menschen am Ende womöglich den Tod bedeuten könne.
Rund 1800 Menschen warteten allein in NRW auf ein Spenderorgan, erklärte der Minister. Doch nur 166 Menschen hätten 2023 in NRW ein oder mehrere Organe gespendet. Bundesweit stehen rund 8400 Menschen auf der Warteliste für eine Transplantation. Vergangenes Jahr spendeten aber nur 965 Menschen nach ihrem Tod knapp 2900 Organe.
«Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland keinen Mangel an Menschen haben, die aus Solidarität oder Nächstenliebe nach ihrem Tod Organe spenden wollen. Wir haben aber ein Dokumentationsproblem», so der Minister. Daher brauche es einen «Systemwechsel». Mit der Widerspruchslösung werde denjenigen, die Organe spenden wollen, die Dokumentation abgenommen. Ein Widerspruch gegen eine Organspende müsse nicht begründet werden.
Zuletzt hatte der Bundestag im Jahr 2020 zum Vorgehen bei der Organspende abgestimmt – mit einer Mehrheit für die Entscheidungs- und gegen die Widerspruchslösung. «Mit der anderen Zusammensetzung des Bundestags durch die Wahl 2021 birgt eine erneute Abstimmung die Chance, die Widerspruchslösung endlich einzuführen – und mehr Leben zu retten», sagte Laumann.
Nach aktuellem Stand werde NRW den Gesetzentwurf gemeinsam mit Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein in den Bundesrat einbringen, sagte der CDU-Politiker. Er erwarte die Unterstützung weiterer Länder nach dort noch ausstehenden Kabinetts- und Senatsabstimmungen. Findet die Gesetzesinitiative eine Mehrheit im Bundesrat, muss sich der Bundestag mit ihr befassen.