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Balci: Politiker denken nur bis zur nächsten Wahl

Wie lassen sich Ausschreitungen wie in der vergangenen Silvesternacht vermeiden? Neuköllns Integrationsbeauftragte fordert weniger Politik mit der Gießkanne und mehr langfristige Strategie.
Neuköllns Integrationsbeauftragte Güner Balci
Güner Balci, Neuköllner Integrationsbeauftragte, steht auf der Karl-Marx-Alle im Stadtteil Neukölln. © Carsten Koall/dpa

Aus Sicht von Neuköllns Integrationsbeauftragter Güner Balci hat die Politik aus den Ausschreitungen in der vergangenen Silvesternacht nicht die richtigen Schlüsse gezogen. «Das Problem ist, dass Politiker in der Regel immer nur bis zur nächsten Wahl denken», sagte Balci der Deutschen Presse-Agentur.

Balci kritisiert Jugendgipfel

Sie sehe die beiden Jugendgipfel, bei denen nach den Ausschreitungen auf Einladung des Senats über Maßnahmen gegen Jugendgewalt diskutiert wurde, sehr kritisch. «Da wird mit der Gießkanne Geld verteilt, und dann werden ein paar Träger herausgepickt, die man pressewirksam vorstellen kann. Das ist alles eine große Show», sagte Balci. «Man wird der Sache aber nur gerecht, wenn man das längerfristig denkt.»

Polizei- und Rettungskräfte waren in der vergangenen Silvesternacht in mehreren deutschen Städten bei ihrer Arbeit behindert sowie mit Böllern und Raketen beschossen worden. Besonders heftige Ausschreitungen gab es in Berlin.

«Wir brauchen nicht 20 Millionen für das und das Projekt. Stattdessen müssen wir überlegen: Wie muss Schule in einem sozialen Brennpunkt heute aussehen? Was brauchen diese Kinder?», erklärte Balci, die seit 2020 Integrationsbeauftragte im Bezirk Neukölln ist, der nach den Ausschreitungen besonders im Fokus stand.

Balci fordert einen stärkeren Fokus auf Bildung

«Ich würde mir so sehr wünschen, dass sich die Leute mal jenseits ihrer parteipolitischen Interessen zusammenfinden und - zum Beispiel - sagen: Wir haben seit Jahren das Problem, dass unsere Kinder nicht gut lesen können und in der Pisa-Studie so schlecht abschneiden», sagte Balci. «Wir haben Milieus, in denen die Kinder nicht den sozialen Aufstieg schaffen. Lasst uns darüber nachdenken, wie wir das besser machen können. Das fehlt mir total.» Da bringe auch kein Jugendgipfel etwas.

«Man muss das angehen wie beim Klimawandel: Wir haben das jahrzehntelang verschlafen, wir haben falsch investiert. Jetzt müssen wir es richtig machen. Berlin könnte Vorreiter sein anstatt die Stadt, auf die alle mit dem Finger zeigen», sagte Balci.

«Ich glaube, dass wir die Verantwortung nicht übernehmen wollen für die Ursachen der Ausschreitungen in der vergangenen Silvesternacht. Wir wollen nicht die Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen, die in diesen abgeschotteten Milieus aufwachsen», kritisierte die Integrationsbeauftragte. «Ohne eine soziale und kulturelle Durchmischung wird es nie eine gesunde Einwanderungsgesellschaft in diesen Brennpunkten geben.»

Einwanderung bringt Herausforderungen mit sich

«Sehr wenige Menschen machen sich darüber ernsthaft und ehrlich Gedanken, wie man das gestalten muss, um irgendwann sagen zu können: Das ist eine bunte, gute Gesellschaft.» Einwanderung erfordere auch Auseinandersetzung mit diesen Milieus. «Wir sind uns und den anderen schuldig, dass wir genau hingucken: Wie ticken die, wo kommen die her, was wollen die? Und was wollen wir von ihnen?», sagte sie.

«Wenn meine Eltern heute in Deutschland ankämen und ich in Neukölln aufwachsen würde - vermutlich würde ich irgendwann freiwillig Kopftuch tragen oder abhauen», so Balci, die 1975 in Neukölln geboren wurde. «Das kann doch nicht sein. Ich möchte nicht, dass Mädchen hier so eingeengt aufwachsen.» Es gebe Menschen mit einem reaktionären Familienbild. «Wenn man deren Kinder alle in dieselbe Schule schickt, dann wird sich das verfestigen - und das ist demokratiefeindlich», warnte Balci.

«Wenn die aber nicht nur unter sich sind und nicht die alleinige Deutungshoheit darüber haben, wie man zum Beispiel den Islam zu leben hat - wenn es stattdessen eine gewisse soziale Bandbreite gibt, dann müssen die sich damit auseinandersetzen und können nicht alle anderen dominieren.» Es gebe kein Allgemeinrezept. «Aber eins ist klar: Es funktioniert nur, wenn wir soziale und kulturelle Durchmischung fördern.»

© dpa
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