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Licht und Schatten nach fünf Jahren «Rettet die Bienen»

1,7 Millionen Menschen forderten 2019 mehr Arten- und Naturschutz in Bayern. Die Regierung lobt die Umsetzung des Volksbegehrens, aus wissenschaftlicher Sicht ist aber noch vieles nicht gut.
Agnes Becker
Fünf Jahre nach dem erfolgreichsten Volksbegehren in Bayern übt Initiatorin Agnes Becker Kritik an der Umsetzung. (Archivbild) © Armin Weigel/dpa

Anders als von der Staatsregierung behauptet, kommt die Umsetzung des Volksbegehrens «Rettet die Bienen» laut einer wissenschaftlichen Analyse nicht so schnell voran. Zwar seien insgesamt Fortschritte erkennbar, von 32 bewerteten Indikatoren seien fünf Jahre nach der Verabschiedung der Gesetze aber nur neun im grünen Bereich, sagte Roman Lenz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.

Lenz analysiert mit seinem Team anhand vorliegender Daten, ob die Ziele erreicht werden. Vollzug attestieren die Wissenschaftler etwa bei der Ausweisung von Öko-Modellregionen, der Anlage von Streuobstwiesen und dem Verzicht der Mahd vor dem 15. Juni. 

Mehrzahl der Indikatoren im gelben oder roten Bereich 

Sechs Indikatoren seien nur im gelben (Ziele größtenteils erreicht) und sechs im roten (Ziele verfehlt) Bereich, betonte Lenz. Zu ersteren gehört die Einrichtung fünf Meter breiter Gewässerrandstreifen oder der Verzicht auf Fassadenbeleuchtungen in 80 bayerischen Groß- und Kleinstädten, zu zweiten unter anderem die für mehr Artenschutz besonders wichtige Ausweitung des Ökolandbaus.

Bei fünf Indikatoren würden zwar die Zielwerte erreicht, eine Einschätzung der Qualität stehe aber noch aus - auch hierunter fällt der wichtige Verbund von Biotopen. Hier seien noch immer in den meisten Fällen keine aktuellen oder gesicherten Zahlen verfügbar.

Unklare Datengrundlage erschwert Evaluation

Als Beispiele dafür nannte Lenz die Ausweisung von Naturwaldflächen - bis 2023 sollten dies landesweit zehn Prozent sein. Es sei aber unklar, ob die von der Staatsregierung genannten Zahlen (2023: 10,6 Prozent) korrekt seien. Die Regierung rechne einen Großteil des Latschengebüschs im Staatswald zu den Naturwäldern, obwohl dort kein systemischer Holzeinschlag vorgesehen sei. Würden die 12.146 Hektar Latschen-Krummholzgebüsch abgezogen, reduziert sich der Naturwaldanteil im Staatswald auf nur noch 9,1 Prozent. 

Mit Blick auf die angestrebte Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2028 mahnte Lenz an, dass das Ziel bis 2028 noch mit einer entsprechenden Strategie erreichbar sei. «Wichtig ist bei der Umsetzung der Ziele jedoch nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität sowie die Flächenwirksamkeit der einzelnen Maßnahmen.» Die Staatsregierung solle daher ihren Schwerpunkt auf eine zielführende Umsetzung des Ausbaus des Ökolandbaus, des Aufbaus des Biotopverbunds, der Reduktion der Pestizide, der Verbesserung der Gewässerstrukturen und des Erhalts der Streuobstwiesen legen.

Erfolgreichstes bayerisches Volksbegehren setzte Zeichen für Artenschutz 

Am 13. Februar 2019 hatten mehr als 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger für das Volksbegehren Artenvielfalt – «Rettet die Bienen» unterschrieben. 18,3 Prozent der Wahlberechtigten setzten damit ein deutliches Zeichen für mehr Artenschutz. Am 17. Juli nahm der Landtag das Volksbegehren an.

Die Initiatorin des Volksbegehrens, ÖDP-Landeschefin Agnes Becker, kritisierte insbesondere die Tatsache, dass die drei großen Themen von «Rettet die Bienen» - mehr Biotopverbund, mehr Ökolandbau und die Halbierung der eingesetzten Pestizide «sträflich vernachlässigt» würden. «Hier fehlt aus unserer Sicht die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung.» Die Ziele des Volksbegehrens umzusetzen, bedeute auch internationalen Verpflichtungen nachzukommen, sagt Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung.

Auch das Fazit des inzwischen zum Landtagsvizepräsidenten gewählten Grünen-Politikers Ludwig Hartmann fiel eher durchwachsen aus: «Die Artenvielfalt im Freistaat wird nicht durch Schönrechnerei gerettet.» Einige Zwischenziele seien zwar bereits erreicht worden, jedoch seien die verbleibenden Schritte besonders schwer zu bewältigen. «Die Erfüllung zahlreicher kleiner Maßnahmen kann die mangelnde Umsetzung der großen Ziele nicht ausgleichen.»

Minister verteidigen Umsetzung

Dagegen verteidigten die primär zuständigen Minister in einer Podiumsdiskussion mit Lenz und Becker für die Umsetzung die Fortschritte. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Staatsregierung vorgerechnet, dass aus ihrer Sicht bereits knapp 90 Prozent der Maßnahmen umgesetzt seien. Agrarminister Michaela Kaniber (CSU) warnte zudem davor, dass durch ein Schlechtreden des Erreichten die Motivation für weiteres Engagement sinke. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) verteidigte, dass die Staatsregierung bei der Umsetzung nicht auf Verbote, sondern auf Anreize setze. Grundsätzlich müsse aber allen klar sein, dass es dauerhafte Investitionen brauche, um den Artenschwund zu stoppen. 

«Was zählt ist, ob es schlussendlich in unserer Landschaft wieder mehr Arten gibt. Darüber können wir mangels aktueller Daten für den Zeitraum nach dem Volksbegehren noch keine Aussage treffen», sagte Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz. Noch seien mehr als die Hälfte der heimischen Arten gefährdet.

© dpa
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