Trotz eindeutiger Hinweise hat der Arzt eine Diagnose nicht gestellt. Unnötige Schmerzen oder schlimmerer Verlauf der Erkrankung waren die Folge: Das ist ein Beispiel für einen Behandlungsfehler.
Wer den Verdacht hat, dass es zu einem Behandlungsfehler gekommen ist, fühlt sich oft erst einmal ohnmächtig. Dabei haben Patientinnen und Patienten in so einer Situation rechtliche Möglichkeiten. Hier kommt ein Überblick:
1. Beweislast liegt bei den Betroffenen
Generell gilt: Geht es um Behandlungsfehler, liegt die Beweislast bei den Patienten. Sie müssen nicht nur beweisen können, dass dem behandelnden Arzt ein Fehler unterlaufen ist. Sondern auch, dass sie einen Gesundheitsschaden erlitten haben - und, dass der durch den Fehler verursacht wurde, wie das Portal «gesund.bund.de» erklärt.
Ohne Hilfe ist das kaum möglich. Behandlungsfehler sind oft schwer nachzuweisen, so das Portal. Schließlich können gesundheitliche Probleme auch andere Ursachen als eine fehlerhafte Behandlung haben.
2. Krankenkasse als Anlaufstelle
Daher kommt beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler ein medizinisches Gutachten ins Spiel. Um das anzustoßen, kann man sich an seine Krankenkasse wenden. In so einer Situation ist sie dazu verpflichtet, kostenlos zu unterstützen - zumindest dann, wenn sie die Behandlung bezahlt hat, so die Verbraucherzentrale.
Zwei Dinge können Betroffene tun, um gut vorbereitet zu sein:
- Gedächtnisprotokoll anfertigen: Wie ist die Behandlung aus Patientensicht abgelaufen, was hat der Arzt oder die Ärztin gesagt oder getan? Das lässt sich in einem Gedächtnisprotokoll festhalten. Sinnvoll ist, darin neben Terminen, Orten und Ereignissen der Behandlung auch Beteiligte und mögliche Zeugen zu vermerken, so der Tipp von «gesund.bund.de»
- Unterlagen anfordern: Wie ist die Behandlung aus Sicht von Arzt oder Ärztin abgelaufen? Aufschluss darüber geben die Behandlungsunterlagen, die vollständig und allen behandelnden Ärzten angefordert werden sollten, wie die Verbraucherzentrale rät. Das kann man selbst erledigen - oder auch die Krankenkasse, sofern man vorab eine Schweigepflicht-Entbindungsunterklärung unterschrieben hat.
Die Krankenkasse prüft die Unterlagen, fordert von Klinik oder Arztpraxis unter Umständen weitere an. Sieht auch die Kasse einen begründeten Verdacht auf einen Behandlungsfehler, kann sie den Medizinischen Dienst beauftragen, ein Gutachten anzufertigen. Dafür müssen Versicherte nichts zahlen, so die Verbraucherzentrale.
Das Gutachten des Medizinischen Dienstes liefert eine Beurteilung, ob ein gesundheitlicher Schaden vorliegt und ob die Ursache dafür ein Behandlungsfehler ist. Die Krankenkasse formuliert eine abschließende Stellungnahme - die Grundlage für weitere rechtliche Schritte.
3. Der Weg über die Landesärztekammern
Doch es gibt noch einen anderen Weg, dem Verdacht auf einen Behandlungsfehler nachzugehen: über die Landesärztekammern, die dafür Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eingerichtet haben. Die zuständige Anlaufstelle findet man auf der Internetseite «aerztekammern-schlichten.de».
Um dort ein Verfahren zu eröffnen, muss man einen Antrag stellen. Die jeweiligen Landesärztekammern bieten dafür Formulare. Auch hier gilt: Das Verfahren ist kostenlos. Am Ende steht auch hier eine Stellungnahme, ob nach ärztlicher und juristischer Bewertung ein Behandlungsfehler vorliegt.
4. Laut Gutachten liegt Behandlungsfehler vor - ein Fachanwalt muss her
Spätestens dann ist Zeit, einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Medizinrecht mit ins Boot zu holen, um Schadenersatzansprüche durchzusetzen, so die Verbraucherzentrale.
Gut zu wissen dabei: Nach drei Jahren verjähren Ansprüche auf Schadenersatz in der Regel. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem man vom möglichen Behandlungsfehler erfahren hat.