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Elfmeterpfiff spaltet die Fußball-Welt

Der dänische Traum bei der EM ist vorbei - Grundlage ist ein in höchstem Maße umstrittener Elfmeter. Die Engländer schauen galant über die Entscheidung von Referee Makkelie hinweg.
Elfmeter
Englands Harry Kane tritt zum Elfmeter an - erst der Nachschuss landete im Tor. © Laurence Griffiths/Pool Getty/AP/dpa

Die fassungslosen Dänen versammelten sich geschlossen um Danny Makkelie und redeten auf den Schiedsrichter ein. Doch der Niederländer blieb stur, auch der Videoassistent hatte keine Einwände: Elfmeter!

Während Kapitän Simon Kjaer und Co. noch vehement lamentierten, schnappte sich Harry Kane bereits den Ball und entschied das EM-Halbfinale per Nachschuss vom Elfmeterpunkt.

Mindestens so sehr wie Englands Triumph und Dänemarks bitteres Ende des märchenhaften Weges wurde nach dem Krimi von Wembley aber der alles entscheidende Pfiff des Abends thematisiert.

Sterling sucht Kontakt

«Man kann ihn theoretisch geben, er ist jetzt nicht grottenschlecht», sagte Ex-Referee Manuel Gräfe als Experte im ZDF über den Strafstoß. «Ich finde ihn hier persönlich nicht richtig. Ich hätte gesagt: Weiterspielen, weil es zum Turnier passt, weil es auch zur Linie des Schiedsrichters gepasst hätte.» In einer ersten Situation im TV-Livebild hatte Gräfe spontan kommentiert, der 38 Jahre alte Niederländer habe sich vielleicht von einer vorangegangenen Situation «beeindrucken lassen».

Was war vor dem 2:1-Siegtor in der Verlängerung passiert? Englands Flügelstürmer Raheem Sterling dribbelte mit vollem Tempo in den Strafraum und näherte sich nahe des Fünfmeterraums der Grundlinie, als Dänemarks Außenbahnspieler Joakim Maehle den Engländer mit seinem Knie leicht erwischte. Der an der Wade touchierte Sterling nahm den Kontakt gerne an, kam zu Fall und wurde mit dem letztlich spielentscheidenden Pfiff belohnt. Doch war das korrekt?

«Man sieht den Kontakt Knie gegen Wade. Aber Sterling geht mit der Intention schon in den Zweikampf - man sieht, dass er den Körper nach vorne verlegt, den will er ziehen, den will er cheaten, wie man so schön sagt», sagte der 47 Jahre alte Gräfe. Dem stimmte auch Dänemarks Chefcoach Kasper Hjulmand zu: «Dass es so entschieden wird - ich habe die internationale Presse gelesen - es war ein Elfmeter, den es nicht hätte geben sollen, das macht mich ärgerlich. Wir sind sehr enttäuscht.» Man wisse nicht einmal, «wer das Foul begangen haben soll».

Umstrittenste Entscheidung dieser EM

Auch Ex-Referee Lutz Wagner bewertet den Pfiff sehr kritisch. «Es wäre besser gewesen, wenn er den Strafstoß nicht pfeift», sagte der 58-Jährige als Experte der ARD-«Sportschau». «Das hat nicht zur sonstigen Regelauslegung im Turnier und auch nicht zu der von Danny Makkelie gepasst, das ist konträr zur allgemeinen Zweikampfbewertung bisher. Es wurde eher viel laufen gelassen.»

Dass vor der Szene ein zweiter Ball nahe des Geschehens im Spiel war, hält Wagner für zweitrangig. «Offenbar hat Makkelie keine Beeinflussung des Spielgeschehens und der beteiligten Spieler festgestellt, dann muss er auch nicht unterbrechen», erklärte er.

Makkelies Pfiff war definitiv die bislang umstrittenste Entscheidung dieser EM - und auch diejenige, die inmitten sehr guter EM-Leistungen der Unparteiischen die meiste Kritik erntete. Auch internationale Fachleute hätten im Duell Maehle gegen Sterling eher nicht auf Strafstoß entschieden. «Kein Elfmeter. In Momenten wie diesen verstehe ich nicht, warum der Videoassistent nicht den Schiedsrichter bittet, sich das anzuschauen», sagte Ex-Coach Arsène Wenger. Für Portugals Starcoach José Mourinho war es gar «niemals ein Elfmeter».

Nur im euphorisierten Fußball-Volk England hatten sie erwartungsgemäß einen anderen Blick auf die Dinge. «Nicht sicher, ob das ein Elfmeter war, aber wen interessiert's?», schrieb der frühere Nationalspieler Michael Owen auf Twitter. Kultexperte Gary Lineker schwelgte nach dem Krimi von Wembley ganz grundsätzlich: «Fußball: Es gibt nichts Vergleichbares. In der einen Minute zerreißt es dich, in der anderen schießt es dich in die Erdumlaufbahn.»

© dpa ⁄ Patrick Reichardt, Jan Mies, Nils Bastek und Florian Lütticke, dpa
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