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Dänemarks überragende EM-Reise - Ärger über Schiri-Pfiff

So will niemand aus dem Turnier ausscheiden. Dänemark liefert auch in Wembley ein großes Spiel - und verliert durch einen zweifelhaften Elfmeter. Die Stimmung schwankt zwischen Stolz und Enttäuschung.
Zurück in Dänemark
Dänemark-Torhüter Kasper Schmeichel (M) wird von Tochter Isabella zurück auf heimischen Boden begleitet. © Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/AP/dpa

Nach ein paar Stunden Schlaf und dem kurzen Flug in die Heimat hatten die dänischen EM-Helden ihr Lächeln wiedergefunden. Bei der herzlichen Verabschiedung im Terminal des Flughafens Kopenhagen-Kastrup war das Aus im Halbfinale am Mittwochabend im Wembley-Stadion gegen England schon wieder etwas weiter weg.

Gut 100 Fans applaudierten aufmunternd, nachdem Trainer Kasper Hjulmand und seine Profis ihre wundersame Fußball-Reise mit der Ankunft um 15.41 Uhr endgültig beendet hatten. Einige Spieler wurden von ihren Familien empfangen.

«Eine Nationalmannschaft für ganz Dänemark»

«Ich habe niemals etwas Vergleichbares mit diesem Rückhalt erlebt», sagte Kapitän Simon Kjaer nach der Rückkehr. «Es kann sein, dass das einem erst bewusst wird, wenn man nach Hause kommt, dass wir wieder ganz Dänemark versammelt haben. Wir haben unterstrichen, dass es eine Nationalmannschaft für ganz Dänemark ist.» Hjulmand versprach: «Wir machen weiter mit zwei Dingen, die wir mit dieser Nationalmannschaft gerne wollen: gewinnen und Dänemark durch den Fußball inspirieren.» Er glaube, «wir haben eine richtig gute Zeit vor uns».

Am Mittwochabend hatten die Dänen noch große Mühe gehabt, ihre Gefühle einzuordnen. Hjulmand wechselte da noch zwischen der Gratulation an die englischen Gewinner, seinen Gedanken an das Drama um Starspieler Christian Eriksen und der Empörung über die in Wembley spielentscheidende Szene.

Fragwürdiger Elfmeterpfiff entscheidet

«Wir sind sehr enttäuscht, es ist hart für mich, darüber zu sprechen», sagte der 49-Jährige nach dem 1:2 nach Verlängerung und meinte den Elfmeter-Pfiff von Schiedsrichter Danny Makkelie (Niederlande). Dann aber seien da die anderen Dinge. «Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich unseren Stab bewundere. Wir haben dort Menschen, die das Leben eines unserer besten Spieler gerettet haben», sagte Hjulmand. «Unsere Zukunft ist voller Hoffnung und Glaube.»

Bis ins Halbfinale - mit ein paar Tagen Abstand werden die Dänen ihre Leistung bei diesem Turnier begreifen, die weit über die EM-Spiele hinausging. Im ersten Gruppenspiel am 12. Juni, vor Tausenden Fans in Kopenhagen, war Eriksen auf dem Rasen kollabiert und hatte wiederbelebt werden müssen. Er überlebte, und Dänemark spielte sich in den folgenden Tagen frei von diesem Schock, getragen von riesigem Mitgefühl.

«Diese Jungs sind außergewöhnlich»

«Wir brauchten die Unterstützung, als das mit Christian passiert ist», sagte Hjulmand. «Diese Jungs sind außergewöhnlich, die ganze Nation kann stolz sein.» Am Donnerstag betonte er nochmals, er sei sehr glücklich, dass Eriksen überlebt habe. Die Chance sei 50:50, einen solchen Zusammenbruch zu überleben.

In Kopenhagen, beim Public Viewing vor den großen Videoleinwänden, hatten am Mittwochabend Hunderte Fans geweint, als das Aus in London feststand. Der Finaleinzug wäre der zweite nach dem Sensationstitel bei der EM 1992 gewesen. «Wir haben von Tag eins an gesagt, dass es eine Ehre ist, hier zu sein», sagte Kjaer. «Ich bin hammerstolz darauf, was wir erreicht haben.» Am Mittwochabend hatte er von einer «fantastischen Reise» mit traurigem Ende gesprochen.

Unmittelbar nach dem Schlusspfiff war der 32-Jährige kaum zu trösten gewesen. Als einer der letzten Spieler machte er sich auf den weiten Weg auf die andere Seite des Platzes zu den Fans. Sein Eigentor in der 39. Minute hatte England zurück ins Spiel gebracht, nachdem Mikkel Damsgaard (30.) die Dänen mit der Führung hatte träumen lassen.

Der höchst umstrittene Elfmeterpfiff entschied das Spiel. Raheem Sterling war in der ersten Hälfte der Verlängerung im Strafraum zu Fall gekommen. Makkelie sah dabei ein Foul von Joakim Maehle, Harry Kane verwandelte im Nachschuss (104.). «Dass es so entschieden wird - ich habe die internationale Presse gelesen - es war ein Elfmeter, den es nicht hätte geben sollen, das macht mich ärgerlich», sagte Hjulmand über das Ende, das nicht recht passte zur dänischen EM-Reise.

Im Stadion hatten der dänische Kronprinz Frederik, seine Frau Kronprinzessin Mary und ihr ältester Sohn Prinz Christian mitgefiebert. Der 15-jährige Prinz trug dabei unter seinem Sakko ein Nationaltrikot mit der Nummer 10 - der Rückennummer Eriksens. «Danke an unsere Nationalmannschaft für eine fantastische EM», teilte das Königshaus auf Instagram mit. «Auch wenn das Fest jetzt (für dieses Mal) vorbei ist, sind wir alle stolz auf die fantastische Leistung, von der wir Zeuge geworden sind. Danke, dass ihr mit dem Herz gekämpft und alles gegeben habt, was ihr hattet.»

Ob Pierre-Emile Höjbjerg, Kjaer oder BVB-Profi Thomas Delaney, der im Interview am Spielfeldrand den Tränen nah war. Bei den dänischen Spielern schwankte am Abend die Gefühlslage irgendwo zwischen Stolz und Enttäuschung. «Ich hätte niemals gedacht, dass ich solch ein Erlebnis im Fußball haben würde. Wir sind einfach zusammengerückt», sagte Delaney. Martin Braithwaite sagte: «Das müssen wir erst einmal verdauen, aber dann greifen wir wieder an.»

Auch Hjulmand blickte noch im Wembley-Stadion voraus. In der WM-Qualifikation führt sein Team die Gruppe F mit drei Siegen aus drei Spielen an, die Mischung aus erfahrenen Spielern (unter anderem Kjaer, Schmeichel, Delaney, Braithwaite) und hungrigen Profis (Damsgaard, Kasper Dolberg, Maehle) stimmt. «Ich denke, dass große Dinge vor diesem Team liegen», sagte Hjulmand. «Ich denke, wir können das noch einmal schaffen. Ich habe das Gefühl, dass wir noch besser werden.»

© dpa ⁄ Jan Mies, Nils Bastek, Miriam Schmidt und Steffen Trumpf, dpa
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