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Harris-Vize Walz wirbt für Einheit und warnt vor Trump

Tim Walz ist der Partner von Kamala Harris im US-Präsidentschaftsrennen. Beim Parteitag in Chicago nimmt er seine Nominierung als ihr Vize feierlich an und gibt sich als Mann von nebenan.
Wahlkampf in den USA - Parteitag der Demokraten
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Wahlkampf in den USA - Parteitag der Demokraten
Wahlkampf in den USA - Trump
Wahlkampf in den USA - Parteitag der Demokraten

Der demokratische US-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz hat die Amerikaner zu Zusammenhalt aufgerufen und vor der Politik des Republikaners Donald Trump gewarnt. Was Trump und seine Leute vorhätten, sei nicht nur «eigenartig», sondern auch falsch und gefährlich, sagte Walz in einer Rede beim Parteitag der Demokraten in Chicago. Dort nahm er feierlich seine Nominierung als Vize der Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris an und sagte, dies sei «die Ehre meines Lebens». 

Walz beklagte, Trump wolle die soziale Absicherung beschneiden und den Menschen wesentliche Freiheiten nehmen wie den Zugang zu Abtreibungen und künstlicher Befruchtung. Harris und er hätten eine andere Vision für das Land. Sie stünden für ein Amerika, «in dem Arbeiter Priorität haben, in dem Gesundheitsversorgung und Wohnraum Menschenrechte sind und in dem sich die Regierung verdammt noch mal aus dem Schlafzimmer fernhält». Es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen und eine Zukunft zu schaffen, in der jeder sein Leben frei gestalten könne. Trump und Vance verfolgten dagegen eine radikale Agenda. 

Harris selbst war an Tag drei der Parteiversammlung in Chicago nicht anwesend. Ihre große Rede dort steht in der deutschen Nacht zu Freitag an - als großes Finale des Parteitages. Walz gab eine eher kurze Ansprache und spulte viele bekannte Wahlkampfbotschaften ab. Der Gouverneur des Bundesstaates Minnesota gab sich als Mann von nebenan, der aus einer Kleinstadt stamme, wo einer den anderen akzeptiere. «Die Familie am Ende der Straße denkt vielleicht nicht so wie Sie, sie betet vielleicht nicht so wie Sie, sie liebt vielleicht nicht so wie Sie.» Aber es seien Nachbarn, also kümmere man sich um einander. 

Der Mann von nebenan

Die demokratischen Wahlkampfstrategen inszenieren den 60-Jährigen systematisch als den nahbaren Ex-Lehrer und Ex-Football-Trainer, den hemdsärmeligen Vater aus dem Mittleren Westen. Der Demokrat wuchs auf dem Land auf, in einem kleinen Ort im Bundesstaat Nebraska, diente bei der Nationalgarde, wurde später Lehrer und Football-Trainer, bevor er in die Politik wechselte, erst als Abgeordneter im Repräsentantenhaus, seit 2019 ist er Gouverneur von Minnesota. Beim Parteitag waren auch frühere Schüler von ihm dabei. 

Walz hat einen weit weniger glamourösen Lebenslauf als andere, die für den Vizeposten im Gespräch waren. Er bringt aber einiges mit, was Harris sie - als schwarze Frau, Ex-Staatsanwältin und Senatorin aus dem Westküstenstaat Kalifornien - dringend braucht. Walz ist weißer Mann aus dem Mittleren Westen im Landesinneren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, ist bodenständig, geht gerne jagen, hat eigene Waffen. Gleichzeitig ist er einer mit liberalen Ansichten, der viel Rückhalt im linken Flügel der Partei hat. 

Der zweifache Vater hatte bis vor kurzem kein starkes nationales Profil, hat sich zuletzt aber einen Namen gemacht mit seiner direkten Art, politische Botschaften zu transportieren. 

Sohn zeigt sich tränenüberströmt - und wird dafür gefeiert

Besonders emotional reagierten die Kinder des 60-Jährigen auf die Rede ihres Vaters. «Hope, Gus und Gwen, ihr seid meine ganze Welt, und ich liebe euch», sagte Walz an seine beiden Kinder und seine Ehefrau gerichtet. Der 17 Jahre alte Gus erhob sich tränenüberströmt, zeigt auf seinen Vater und rief voller Stolz: «Das ist mein Vater!» Die Szene bekam im Netz viel Aufmerksamkeit, der Teenager wurde für seine gefühlvolle Reaktion gefeiert. 

Walz und seine Ehefrau Gwen hatten vor dem Parteitag öffentlich gemacht, dass Gus eine nichtsprachliche Lernstörung, eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und eine Angststörung habe. «Es dauerte seine Zeit, aber was uns sofort klar wurde, war, dass Gus' Zustand kein Rückschlag ist - es ist seine geheime Kraft», teilte das Ehepaar mit. 

Walz präsentiert sich als nahbarer Vater. Bereits vor dem Parteitag fanden seine Kinder Beachtung. Für einige Lacher sorgte auch ein älteres Video, in dem Hope und ihr Vater Achterbahn fahren und über Essen reden. Hope sagt in dem Clip, sie sei Vegetarierin. Walz fragt sie daraufhin, ob sie Truthahn essen könne. Die Tochter antwortet: «Truthahn ist Fleisch.» Darauf reagiert Walz mit: «Nicht in Minnesota, Truthahn ist was Besonderes.»

Die Übermutter der Nation und andere Stars

Im Wahlkampf ist es die Rolle von Walz, gegen Trump und Vance auszuteilen. Auch die US-Talkshow-Königin Oprah Winfrey versetzte den beiden bei einem Überraschungsauftritt beim Parteitag in Chicago einige Seitenhiebe, ohne sie beim Namen zu nennen. Sie mahnte, ab und zu müsse sich Amerika gegen Mobber zur Wehr setzen, um Freiheit und Demokratie zu verteidigen. Bei der Präsidentenwahl im November stünden auch Anstand und Respekt auf dem Wahlzettel. 

«Lasst uns gesunden Menschenverstand statt Unsinn wählen», mahnte sie. «Lasst uns Wahrheit wählen. Lasst uns Ehre wählen - und lasst uns Freude wählen.» Für all das stehe Harris. Winfrey ist durch eine erfolgreiche Talkshow, die über Jahrzehnte im US-Fernsehen lief, weltberühmt geworden. Sie zählt zu den einflussreichsten Frauen in den USA.

Die Demokraten fuhren in Chicago auch andere Stars auf. Der Soul-Sänger Stevie Wonder trat auf, ebenso der Sänger John Legend. 

Trumps Kontrastprogramm

Die republikanischen Kontrahenten Trump und Vance wiederum machen die ganze Woche Kontrastprogramm zum Parteitag. Sie touren durch jene Bundesstaaten, die bei der Wahl besonders hart umkämpft sind. In einem dieser Swing States, North Carolina, machte Trump erstmals wieder Wahlkampf unter freiem Himmel seit dem Attentat auf ihn im Juli. 

Dort teilte er - geschützt von einer Glaswand - gegen seine Konkurrentin aus, nannte sie einmal mehr «Genossin Harris» und sagte an die Demokratin gerichtet: «Sie taugen nichts.» Seit dem Rückzug von US-Präsident Joe Biden aus dem Rennen tut sich Trump etwas schwer damit, seinen Wahlkampf auf dessen Nachfolge-Kandidatin Harris umzustellen. Er setzt auf derbe persönliche Angriffe gegen sie, verunglimpft sie regelmäßig als «dumm» und «verrückt», bezeichnet sie als «kommunistisch» - in Anspielung darauf auch der abfällige Spitzname «Genossin Harris». Trump attackierte Harris zuletzt auch mit Blick auf ihre Hautfarbe und Herkunft. Einige Parteikollegen und Berater halten das für problematisch und empfehlen ihm, sich mehr auf politische Inhalte zu konzentrieren. Trump zeigt sich davon unbeirrt. 

 

© dpa
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