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Schadensfall: Versicherung informieren oder selbst zahlen?

Kleiner Kratzer, großes Risiko? Wer bei Kleinstschäden die Versicherung einschaltet, könnte dafür mit höheren Beiträgen oder einer Kündigung bezahlen. Ein wohlüberlegter Einsatz spart Geld und Ärger.
Eine Frau am Telefon und Laptop
Eine Frau dokumentiert einen Schaden an einem Auto
Eine kaputte Fenterscheibe an einem Mehrfamilienhaus

Hat das Auto nur einen Kratzer oder ist es ein Totalschaden? Wurden beim Unwetter lediglich ein paar Ziegel abgedeckt oder steht der komplette Keller unter Wasser? Und was ist, wenn man versehentlich einen Dritten geschädigt hat - aber nur so marginal, dass die Begleichung des Schadens aus eigener Tasche nicht wehtäte? 

Im Schadensfall kann man schon mal ins Grübeln geraten: Lohnt es sich, den Versicherer einzuschalten oder ist es sinnvoller, den Schaden selbst zu regulieren? Immerhin können Anbieter nach Abwicklung eines Schadensfalls in vielen Fällen die Beiträge erhöhen oder den Vertrag kündigen. Dieses Risiko einzugehen, lohnt daher vor allem bei größeren Schadenssummen. 

Die Schadenshöhe ist nicht der einzige Faktor. Die Bewertung fällt daher von Einzelfall zu Einzelfall und von Versicherungssparte zu Versicherungssparte unterschiedlich aus - das macht die Einschätzung komplex.

Fakt ist: Die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung nach der Regulierung eines Versicherungsfalls ist im Versicherungsvertragsgesetz festgeschrieben. Sowohl Versicherer als auch Versicherte können von dieser Regelung Gebrauch machen.

Doch: «Wann ein Versicherer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht, lässt sich nicht pauschal beantworten», sagt Claudia Frenz vom Bund der Versicherten (BdV). Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass das passieren kann. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Wohngebäude-, Privathaftpflicht-, Rechtsschutz- oder Hausratversicherung handelt. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Kfz-Haftpflichtversicherung, die Versicherten nach einer Schadenregulierung nicht kündigen darf.

Einzelfallentscheidung: Chancen und Risiken gegeneinander abwägen

Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät Versicherten trotzdem grundsätzlich, dem jeweiligen Versicherer Schäden zu melden. «Denn deshalb hat man sich ja versichert.» Ausnahmen von dieser Regel sieht Grieble vor allem dort, wo die Schadenshöhe den Selbstbehalt der Versicherung nicht übersteigt. In so einem Fall tragen Versicherte den Schaden ohnehin alleine - selbst wenn sie den Versicherer einschalten.

Sinnvoll auch: Prüfen, wie viele Schäden der jeweiligen Versicherung in den Jahren zuvor gemeldet wurden. «Falls es wenig oder keine gemeldeten Schäden gab, gibt es kaum einen Grund, einen kleineren Schaden nicht zu melden», so der Verbraucherschützer. Ist die Liste gemeldeter Schäden lang, sollten Versicherte eher darüber nachdenken, den Schaden selbst zu tragen - denn dann könnte das Risiko einer Kündigung oder Beitragsanpassung erhöht sein.

Abwägen: Wie wichtig ist diese Versicherung gerade für mich?

Laut Claudia Frenz vom BdV sollte eine Versicherung vor allem dazu dienen, existenzielle Risiken abzusichern. Als Selbstbedienungsladen für die Regulierung sämtlicher (Kleinst-)Schäden seien Policen hingegen nicht gedacht. Darum rät sie bei Versicherungen grundsätzlich zur Vereinbarung einer Selbstbeteiligung. So kommen Versicherte bei kleineren Schäden gar nicht erst in die Versuchung, die Versicherung einzuschalten.

Man sollte auch überlegen: Wie wichtig ist die jeweilige Versicherungssparte? Je wichtiger, umso eher sollten Sie die Vorteile einer Schadenregulierung und die Nachteile der möglichen Folgen gegeneinander abwägen. Ein Beispiel: Für wenig wertvolle Fahrzeuge ist eine Kaskoversicherung weit weniger bedeutsam, als es etwa die Privathaftpflichtversicherung für den Fahrzeughalter ist. Bei einer Regulierung wäre der Verlust der Kaskoversicherung also deutlich leichter zu verkraften als der Verlust der Privathaftpflicht.

Schaden regulieren lassen oder den Schaden zurückkaufen?

Doch es muss nicht immer gleich die Kündigung sein, die nach Inanspruchnahme einer Versicherung droht. Auch eine gängige Variante: die Beitragserhöhung oder die Rückstufung der Schadenfreiheitsklasse (Kfz-Versicherung). Ungünstig auch hier: Mit Ausnahme der Kfz-Versicherung ist es für Versicherte nicht absehbar, ob und in welcher Höhe eine Beitragsanpassung nach einer Schadenregulierung erfolgen kann. Das liegt laut dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) daran, dass die Versicherer ihrer Entscheidung unterschiedliche Richtlinien zugrundelegen.

Zumindest bei der Kfz-Versicherung können sich Versicherte laut Claudia Frenz im Schadensfall von ihrem Anbieter ausrechnen lassen, was günstiger ist. Entweder die Schadenregulierung über den Versicherer samt Rückstufung, oder die Übernahme des Haftpflicht- oder Vollkaskoschadens aus eigener Tasche. Selbst wenn die Versicherung den Schaden bereits getragen hat, ist ein Schadenrückkauf laut GDV möglich - in der Regel noch mindestens sechs Monate später.

Vertragssanierung kann bisherige Police retten

Beruhigend für Versicherte: Auch bei anderen Versicherungssparten stehen Betroffene einer Kündigung oder Beitragserhöhung nicht völlig machtlos gegenüber. Das Stichwort lautet Vertragssanierung. Mit der Vereinbarung oder Erhöhung einer Selbstbeteiligung lässt sich der Vertrag laut Claudia Frenz häufig noch retten. 

Denkbar sei zu diesem Zweck auch der Ausschluss bisher mitversicherter Leistungen, wenn der restliche Vertrag ansonsten im selben Umfang bestehen bleibe. Einen Anspruch auf eine solche Vertragssanierung haben Versicherte zwar nicht, fragen kostet aber nichts.

Hält der Versicherer trotz aller Anstrengungen an der Kündigung fest, sollten Versicherte nachfragen, ob dieser die Kündigung im Austausch gegen eine eigene Kündigung zurücknimmt. «Dann ist im nächsten Versicherungsantrag nicht anzugeben, dass einem gekündigt worden ist», sagt Verbraucherschützer Peter Grieble. Das kann den Vertragsschluss mit einem anderen Versicherer erleichtern.

Schadenshistorie bei Nachfrage nicht verschweigen

Eine neue Police müssen sich Versicherte nach einer Kündigung des Versicherers teilweise unter erschwerten Bedingungen und mit höheren Beiträgen erkaufen, sagt Claudia Frenz. «Das kann zum Beispiel bei der Wohngebäudeversicherung der Fall sein.»

Dass einen nach einer Kündigung aber niemand mehr versichern möchte, ist nicht sehr wahrscheinlich. «Denn der Geschäftszweck von Versicherern ist das Versichern und nicht das Nichtversichern», sagt Peter Grieble. Er rät daher zu Gelassenheit und im Zweifelsfall zum Versicherungsmakler oder Honorarberater.

Was hingegen niemals eine gute Idee ist: Bei der Abfrage der Schadenshistorie gegenüber dem neuen Versicherer Schadenfälle zu verschweigen. Denn das gefährdet den Versicherungsschutz.

© dpa ⁄ Christoph Jänsch, dpa
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