Nach dem märchenhaft-schaurigen „Poor Things“ (2024) wechselt Regisseur Lanthimos mit Kinds of Kindness in eine bedrückende Welt, die stark an seine älteren Filme wie beispielsweise „The Lobster“ (2016) erinnert. Der Film besteht aus drei einzelnen Geschichten. Dabei wechseln die Darstellenden Emily „Emma“ Stone, Jesse Plemons und Willem Dafoe in jeder Geschichte ihre Rollen.
Während Du in unserer Kritik zu Kinds of Kindness unser Urteil nachlesen kannst, wollen wir Dir in diesem Artikel das Ende von Kinds of Kindness – oder besser gesagt: die Enden – erklären und die wichtigsten Fragen so gut es geht beantworten.
Achtung: In diesem Artikel erwarten Dich viele Spoiler zur Handlung von Kinds of Kindness. Lies also nur auf eigene Gefahr weiter!
Die Geschichten von Kinds of Kindness: Was verbindet die Akte?
Die Handlungen von Kinds of Kindness spielen in derselben Welt, sind jedoch nicht direkt miteinander verknüpft. Aber sie alle behandeln dieselben Themen: der freie Wille, das Machtgefälle zwischen Personen und die Suche nach Zugehörigkeit.
Hauptdarsteller Jesse Plemons hat beim Spielen seiner Rollen eine eigene Interpretation von dem Film entwickelt: „Die Geschichten beleuchten die Konstruktionen, in die wir uns hineinversetzen, um uns sicher und geborgen zu fühlen, auch wenn das nicht immer stimmt.“
Er führt das weiter aus: „In der ersten Geschichte geht es um diese seltsame, fast schon Vater-Sohn-Beziehung. Die zweite Geschichte behandelt die Sicherheit in der Ehe und im Zuhause. Und die dritte hat mit der Sicherheit zu tun, die der Glaube bietet. Bei einigen von Yorgos’ Figuren hat man das Gefühl, dass sie verzweifelt versuchen, einander zu erreichen. Das ist unangenehm und unbequem, tragisch und lustig.“
Es muss ein wichtiger Punkt unserer Meinung unbedingt hinzugefügt werden: Der gesamte Film schafft Zweifel, ob sich die Figuren wirklich in der Realität aufhalten oder nicht vielmehr in einer Traumwelt. Jede Geschichte ist rätselhaft, hat einen unheilvollen Höhepunkt, der sie in einen Albtraum verwandelt, der durch das „Aufwachen“ – meist eine positive oder kuriose Wendung – endet.
Was die Enden von den jeweiligen Geschichten bedeuten können, beleuchten wir in den nachfolgenden Zeilen für Dich.
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Akt: Das Ende von Der Tod von R.M.F. erklärt: Ein Mann und sein Boss
Robert (Jesse Plemons) weigert sich, dem Auftrag seines Chefs Raymond (Willem Dafoe) nachzukommen, der von ihm verlangt, einen Mann durch einen Autounfall zu töten. Stattdessen wird nun Rita (Emma Stone) zur neuen Angestellten von Raymond, die den Mord vollziehen soll. Roberts Leben wird durch die Weigerung zur Hölle, weshalb er sich entschließt, Rita den Job wegzunehmen und den Mord vor ihr zu verüben. Nachdem er seine Mission erfüllt hat, versöhnen sich der Angestellter und der Chef wieder miteinander.
Unsere Deutung: Diese Geschichte könnte einen Vater-Sohn-Streit metaphorisch darstellen und gleichzeitig eine Kritik an Bedingungen gesellschaftlicher Zugehörigkeit in der modernen Welt üben.
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Akt: Das Ende von R.M.F. fliegt erklärt: Ein Mann und seine Frau
Daniel (Jesse Plemons) trauert um seine Frau Liz (Emma Stone), die bei einer Forschungsexpedition verschollen ist. Eines Tages kehrt sie plötzlich nach Hause zurück und wirkt völlig ausgewechselt. Daniel erklärt Liz’ Vater (Willem Dafoe), dass eine fremdartige Kreatur seine Frau ersetzt hat, und befürchtet, dass sie sein Essen vergiften will.
Um sie auszutricksen, verweigert er jede weitere ihrer Mahlzeiten – es sei denn, er darf ihr Fleisch essen. Als Liz beim Zubereiten ihres eigenen Körpers stirbt, erscheint plötzlich eine zweite Liz an der Türe. Daniel und sie umarmen sich, direkt vor der Leiche der angeblichen Liz, deren wahre Identität ungeklärt bleibt.
Unsere Deutung: Diese Geschichte könnte als Metapher eines Kampfes zweier Ehepartner:innen gelesen werden, die sich auseinander entwickelt haben und wieder aufeinander zubewegen wollen. Die Entfremdung ist so weit fortgeschritten, dass Daniel in Liz sogar eine bösartige Kreatur sieht.
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Akt: Das Ende von R.M.F. isst ein Sandwich erklärt: Eine Frau und ihre Suche
Emily (Emma Stone) und Andrew (Jesse Plemons) sind in einer Sekte, in der ein hohes Reinheitsgebot gilt: Sex darf nur mit dem Anführer Omi (Willem Dafoe) praktiziert werden. Als eines Nachts Emilys Ex-Mann sie vergewaltigt, erklärt die Sekte ihr Mitglied für unrein.
Um wieder aufgenommen zu werden, will sie ihrem Anführer einen besonderen Dienst erweisen: Sie geht allein auf die Suche nach einer Frau, die Tote wiedererwecken kann. Die Auserwählte findet Emily tatsächlich in der Tierärztin Ruth (Margaret Qualley). Allerdings gelingt es Emily nicht, ihre Mission zu erfüllen – sie gerät in einen Autounfall, bei dem die Auserwählte zu Tode kommt.
Unsere Deutung: Diese Geschichte lässt sich als Parabel auf religiöse Hingabe lesen – oder auf das langsame Versinken und das brachiale Aufwachen aus einem Leben voller Verschwörungstheorien.
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Was bedeutet der Titel Kinds of Kindness?
Kinds of Kindness bedeutet übersetzt so viel wie „Arten der Freundlichkeit“. Der Titel kann ein Verweis auf die vielfältigen Formen und Facetten von Freundlichkeit sein, die im Film gezeigt werden. Denn auch wenn in allen drei Akten eigene Geschichten erzählt werden, finden sich darin freundliche Gesten.
Im ersten Akt will Robert für seinen Chef Raymond einen Mord begehen. Im zweiten versucht die falsche Liz freundlich zu Daniel zu sein. Das geht sogar so weit, dass sie sich ihre eigenen Finger für Daniel abschneidet und danach noch mehr lebenswichtige Körperteile entfernt. Im dritten Akt ist die Kult-Führung so freundlich, ihre Mitglieder im Tausch für ihre Freiheit zu erleuchten und Emily entführt eine Tierärztin für ihren Guru. Ob das gesunde Freundlichkeit ist, lassen wir an dieser Stelle einmal so stehen …
Das sagt der Produzent dazu
Unsere Deutung zum Titel passt auch zu der von Produzent Ed Guiney. Guiney teilt in einem Presse-Release von Disney seine Perspektive auf den Film mit: „Jede Geschichte hat eine eigene Erzählung, aber sie leben alle irgendwie im selben Universum. Es ist uns in mancher Hinsicht vertraut, vor allem durch das seltsame und ungewohnte Verhalten der Figuren.“
Und der Titel? „Es könnte heißen, dass die Menschen [in Kinds of Kindness] auf unterschiedliche Weise freundlich zueinander sind. Es ist ein spielerischer Titel […] Die Leute werden sich beim Verlassen des Kinos auf eine gute Art und Weise den Kopf kratzen“, sagt er.
Was bedeuten die Akt-Titel und die Abkürzung R.M.F.?
Zuletzt wollen wir die offensichtlichste Fragen ansprechen, die im Raum steht. Was hat „R.M.F.“ zu bedeuten?
Jede der Geschichten in Kinds of Kindness trägt einen seltsamen Titel.
• „Der Tod von R.M.F.“
• „R.M.F. fliegt“
• „R.M.F. isst ein Sandwich“
Gehen wir zuerst auf die Akt-Titel ein: In der ersten Geschichte mit dem Titel „Tod“ stirbt tatsächlich ein Mann, in der zweiten wird Liz mit einem Helikopter nach Hause geflogen, aber in der dritten spielt ein Sandwich keine Rolle. Soll das Ausbleiben der Verbindung in diesem Fall etwa nur Verwirrung stiften?
Ist es dann vielleicht eine Anspielung auf die Figur-Namen? Viele davon beginnen mit R (Rita, Robert, Raymond). Aber wo bleibt dann M und F? Aber da kommen wir der für uns logischsten Lösung schon näher. Denn schaut man auf die Besetzungsliste der Online-Filmdatenbank IMDB taucht ein gewisser Yorgos Stefanakos unter dem Namen R.M.F. auf.
Unsere Deutung: R.M.F. ist eine Person, die in allen drei Geschichten vorkommt und somit für eine Konstante sorgt. Soll er im ersten Akt ermordet werden? Fliegt er Liz mit dem Helikopter aus? Und isst er vielleicht doch im dritten Akt ein Sandwich? Das kannst Du seit dem 4. Juli im Kino herausfinden.
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