Selbst das Möhrenschnibbeln ist im Takt. Die Kleidung wird rhythmisch gewaschen, der Hof passend dazu gefegt. So stellt es sich die schüchterne Magd Teresa zumindest in ihrer Fantasie vor, bevor sie selbst ihr Talent fürs Musizieren entdeckt.
Mit ihrem beschwingten Spielfilmdebüt «Gloria!» landete Regisseurin Margherita Vicario im Februar direkt im Wettbewerb der Berlinale. In Musik schwelgend, erzählt die Italienerin die um 1800 spielende Emanzipationsgeschichte einer Gruppe junger Frauen rund um das Dienstmädchen Teresa (Galatéa Bellugi). Sie leben in einer von einem autoritären Maestro geleiteten Musikschule für Waisenmädchen nahe Venedig.
Popmusik vorweggenommen
Teresa findet in einer Abstellkammer ein Klavier und lernt schnell, es zu spielen. Während sich im Haus alles um den bevorstehenden Besuch des neugewählten Papstes dreht, dem ein Konzert gewidmet werden soll, experimentiert sie mit anderen jungen Frauen an Melodien. Sie nehmen hier sozusagen die Entwicklung der Popmusik um ein paar Jahrhunderte vorweg.
Stellenweise entwickelt der Film daher die Dynamik eines mitreißenden, poppigen Musicals. Das überrascht beim Hintergrund von Regisseurin Vicario wenig - sie ist in Italien auch als Popsängerin bekannt. Mit der italienisch-schweizerischen Produktion will sie an die vielen überhörten und unterdrückten Komponistinnen der Geschichte erinnern.
Gefühlsüberschwang und kitschige Momente
Wenn sie eine neue Platte herausbringe, komme als Erstes immer die Frage, was sie von Frauen in der heutigen Musik halte, hatte Vicario während der Berlinale gesagt. Das habe sie auf die Idee gebracht, sich mit Komponistinnen zu beschäftigen, die zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert wirkten. Gerade das Ende des 18. Jahrhunderts habe hervorragende Musikerinnen hervorgebracht, doch kaum einer kenne sie.
Mutig kämpfen die jungen Frauen im Film gegen althergebrachte Geschlechterrollen, patriarchale Strukturen und dazu für eine lebensbejahende Musik. In schöner Beiläufigkeit entlarvt «Gloria!» dabei Bigotterie und die Gefahr von fanatischem Katholizismus. In seinem Gefühlsüberschwang hat der Film allerdings einige sentimentale und kitschige Momente und trägt insgesamt zu dick auf.