Der Tod und Mr. Poe
Der denkwürdige Fall des Mr. Poe handelt von zwei Männern, die mit dem Tod konfrontiert sind. Anders ausgedrückt: Sie leben in ständiger Auseinandersetzung mit dem Tod.
Augustus Landor (Christian Bale), pensionierter Polizist, ringt mit dem Tod seiner verstorbenen Frau. Zudem ist seine einzige Tochter verschwunden. Wie wir gegen Ende des Films erfahren, ist sie ebenfalls tot, was Landor aber lange verschweigt.
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Auf ganz andere Weise hat Edgar Allen Poe (Harry Melling) mit dem Tod zu tun. Der junge Schriftsteller beschäftigt sich intellektuell mit dem Tod. Für ihn ist der Tod, wie er es ausdrückt, das edelste Thema eines Künstlers.
Landor und Poe haben nicht nur zum Thema Tod ganz unterschiedliche Ansichten, sie sind in vielfacher Hinsicht sehr verschieden. Aber beide entwickeln eine Freundschaft, die am Ende stärker als der Tod zu sein scheint.
Darum geht’s in Der denkwürdige Fall des Mr. Poe
1830 in der US-Militärakademie West Point: Ein Kadett wurde erhängt aufgefunden. Kommandant Sylvanus Thayer (Timothy Spall) engagiert Landor, den Fall zu untersuchen. Landor soll diskret vorgehen, um den Ruf der Akademie nicht zu gefährden.
Er entdeckt, dass dem Toten das Herz herausgeschnitten wurde. Und er findet Spuren, die darauf hindeuten, dass der Tod des Soldaten kein Selbstmord war. Landor spannt den Kadetten Poe ein, ihm bei den Ermittlungen zu helfen. Der junge Mann ist ein Außenseiter an der Akademie, entpuppt sich aber als fähiger Detektiv.
Das Ende von Der denkwürdige Fall des Mr. Poe erklärt
Lange kreist die Aufklärung des Mordes, dem nach einiger Zeigt ein zweiter folgt, um geheime Machenschaften einer satanischen Sekte. Aber aufmerksame Zuschauer:innen ahnen natürlich, dass ein derart heikler Fall nicht zu lösen ist, wenn nicht auch der persönliche Konflikt des Helden gelöst wird.
Augustus Landor hadert mit dem Verlust seiner Tochter. Was ihr zugestoßen ist, bleibt lange im Verborgenen. Aber ihr Schicksal ist der Schlüssel zur Auflösung des Kriminalfalls. Es ist Poe, der die Zusammenhänge entdeckt.
Er stellt fest, dass die Handschrift auf dem Fetzen Papier, dass Landor in der Hand des Erhängten findet, dieselbe ist wie die auf einer Nachricht an Poe. Verfasser dieser Zeilen war Landor. Der Mann, der den Kadetten erhängte, muss also Landor sein. Landor gesteht seine Schuld – und erzählt die ganze Geschichte.
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Die beiden Morde an den Kadetten der Akademie waren Rache für den Tod seiner Tochter. Die wurde vor Jahren von drei West-Point-Kadetten vergewaltigt und beging anschließend Selbstmord. Landor kannte nur einen der Täter, lockte ihn in einen Hinterhalt, presste den Namen eines Mittäters heraus und brachte den Mann um.
Das Herz des Kadetten allerdings entfernte Landor nicht. Das war die Tat einer Gruppe von Okkultisten um Julia Marquis (Gillian Anderson). Die Frau des Akademie-Arztes hoffte, mit einem Menschenopfer die epileptischen Anfälle ihrer Tochter Lea (Lucy Boynton) zu heilen. Es spricht für die morbide Seite des Edgar Allen Poe, dass er sich ausgerechnet in diese todkranke junge Frau verliebt.
Sie kommt allerdings bei einem Feuer um, das ausbricht, als Poe das nächste Opfer der Okkultisten werden soll. So begegnen sich auch hier wieder Landor und Poe. Beide haben das verloren, was ihnen am meisten bedeutete: Landor seine Tochter, Poe seine große Liebe.
Warum verrät Poe den Polizisten nicht?
Poe verbrennt nach Landors Geständnis die Notiz mit dessen Handschrift, das wohl einzige Beweisstück. Er verzichtet darauf, die Behörden zu alarmieren – und lässt damit den zweifachen Mörder Augustus Landor davonkommen.
Seine Gründe dafür äußert er nicht; aber es scheint, dass zwischen den beiden Männern eine tiefe Freundschaft entstanden ist. Und so etwas wie gegenseitige Achtung des einen Außenseiters vor dem anderen.
Beide sind erklärte Kritiker des Soldatentums in Westpoint, beide haben mit großen persönlichen Verlusten zu kämpfen. Und beide ergänzen sich in ihrer Perspektive auf den Tod.
Landor sieht den Tod als etwas Endgültiges. Ein Leben nach dem Tod, wie auch immer religiös verbrämt, hält er für ausgeschlossen. Dazu ist er viel zu sehr der rationale Denker.
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Für Poe sind Leben und Tod nicht klar voneinander getrennt, er sieht sie als zwei Welten, die miteinander verschlungen sind. Da ist er ganz der empathische Poet. Das sind sehr gegensätzliche Auffassungen, aber die beiden Männer überwinden sie durch großen gegenseitigen Respekt.
Das gemeinsame Wissen um den wahren Hergang der Mordfälle macht sie gewissermaßen zu Komplizen. Und es scheint, als habe Landor das auch von Anfang an im Kalkül gehabt. Denn als er Poe als seinen Assistenten verpflichtete, muss er zumindest geahnt haben, dass dieser intelligente junge Mann ihm auf die Schliche kommen könnte.
Am Ende rettet er ihm sogar das Leben, bevor die verwirrte Leas ihm das Herz herausschneiden kann. Vielleicht auch aus Dankbarkeit dafür verrät Poe seinen väterlichen Freund nicht.
Mr. Poe: Wahrheit und Fiktion
War der Schriftsteller Edgar Allen Poe (1809-1849) tatsächlich an der Aufklärung eines Verbrechens beteiligt? Nein, aber er hat in der US Army gedient und war Anfang der 1830er-Jahre einige Monate als Kadett in West Point.
Louis Bayard nutzte diese Episode aus dem Leben von Poe, um in seinem Buch “The Pale Blue Eye” eine fiktive Krimihandlung zu erzählen. Wie im Film, der auf diesem Buch basiert, steht der junge Edgar Allen Poe im Mittelpunkt.
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Die Handlung spielt geschickt mit dem Image des Schriftstellers, der als Autor finsterer Geschichten bekannt ist und von Tragödien, Tod und allerlei Abseitigem geradezu besessen war. Zugleich gilt er aber als einer der Erfinder des Detektivromans (“Der Doppelmord in der Rue Morgue”).
Dessen Held ist der deduktiv arbeitende Ermittler, der seine Fälle durch Logik und Kombinationsgabe löst. Genau diesem Typus entspricht Augustus Landor, der den Tod des Kadetten nüchtern und wissenschaftlich untersucht.
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