Macht mir dieser Gegenstand noch Freude? Oder kann er weg? Ums Aufräumen ist in den vergangenen Jahren ein richtiger Rummel entstanden. Der Guru dieses Trends ist die Japanerin Marie Kondo, bekannt durch Bücher und eine Netflix-Serie. Aber was sind das für Menschen, die so gar nichts wegwerfen können? Darüber gibt es im Fernsehen manche fragwürdige Reality-Reihe, aber jetzt läuft auch ein schöner Film dazu.
Corinna Harfouch spielt in «Alles in bester Ordnung» die Zahntechnikerin Marlen. Eine Frau, die an keiner «Zu verschenken»-Kiste vorbeigehen kann und niemanden in die Wohnung lassen mag. Ihr Gegenpart ist der junge Nachbar Fynn (Daniel Sträßer), ein kontrollierter Typ, der nur fünf Paar Socken hat. Er zieht unter ihrem großen Murren wegen eines Wasserschadens bei ihr ein und soll schließlich beim Ausmisten helfen. Denn für Marlen wird das Chaos brenzlig.
Die dritte Hauptrolle hat die Kulisse von Szenenbildnerin Zazie Knepper: Die Wohnung sieht aus wie der Inhalt eines kompletten Kleinstadt-Flohmarkts. Marlen ist kein ungepflegter Messie wie aus einer Fernseh-Doku, eher eine Eigenbrötlerin mit gelebtem Leben. Sie hat Mitleid mit den Dingen, zu Hause geraten sie dann außer Kontrolle, wie sie sagt. So hebt Marlen eine kaputte Brotschneidemaschine auf. Vielleicht könnte sie die ja noch einem Freund schenken. Aber wer braucht schon eine kaputte Maschine? Hat Marlen überhaupt Freunde?
Und da ist ja noch ein Zimmer, wie Fynn erst nach einer ganzen Weile entdeckt. Wie kommt Marlen aus dem Chaos heraus? Wird aus ihr und Fynn ein Paar? So viel sei verraten: Das Ende ist nicht realistisch, aber optisch hübsch. Und Marlens Tajine, ein Kochtopf für marokkanisches Essen, wird noch nützlich.
«Ordnung ist das halbe Leben», sagt Fynn. «Willkommen in der anderen Hälfte!», sagt Marlen. Das ist der zentrale Schlagabtausch in diesem Film, der 2021 in den Kinos lief. Corinna Harfouch (heute 69), die seit einiger Zeit als «Tatort»-Kommissarin in Berlin ermittelt, zeigt ihr Können im spröde-aber-interessante-Frauen-Charakterfach. Auch ihr Gegenpart ist mit Daniel Sträßer (heute 36, «Tatort» Saarbrücken) treffend besetzt. In einer Nebenrolle ist Joachim Król zu sehen, als Marlens Chef.
Die in Köln und Oberhausen gedrehte, warm inszenierte Komödie ist in der Regie das Langfilm-Debüt von Natja Brunckhorst. Die 57-Jährige begann ihre Filmkarriere als Hauptdarstellerin in «Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo», das ist eine Rolle, auf die sie auch mehr als 40 Jahre später immer noch angesprochen wird. Der Film «Alles in bester Ordnung» sei eine Hommage an ihre Mutter, sagt Brunckhorst in den Produktionsnotizen. «Sie war sehr humorvoll, sehr charmant, auch eine schöne Frau, und sie hatte zu viele Dinge. Ich glaube, es wäre gut für sie gewesen, wenn so ein Fynn bei ihr vorbeigekommen wäre.»
Wer Brunckhorsts Gedanken dazu nachvollziehen kann, ist in diesem Film gut aufgehoben. Die richtig finsteren Seiten, die ein Messietum haben kann, bleiben ausgespart. Es bleibt eine Wohlfühl-Komödie.