Der Blick von Martin Schulz richtet sich nach oben - zumindest bis Sonntag. Noch muss der Triathlon-Star und deutsche Paralympics-Fahnenträger aber bangen, ob sein Wettkampf wirklich in der Pariser Seine beginnen kann. Sollte es - wie vom französischen Wetterdienst Météo France angekündigt - bis zum Wettkampftag große Mengen an Niederschlag geben, dürfte das leidige Thema der Wasserqualität wieder ganz nach oben auf die Tagesordnung rücken.
Schon bei den Olympischen Spielen vor knapp einem Monat gab es große Diskussionen. Denn Regen sorgt generell dafür, dass ein Fluss schmutziger wird. Dabei waren 1,4 Milliarden Euro in Kläranlagen und ins Abwassersystem investiert worden, damit das Schwimmen im Herzen von Paris stattfinden kann.
«Natürlich ist es nicht das beste Wasser», sagte Schulz der Deutschen Presse-Agentur. «Aber ich persönlich bin nicht so empfindlich und gehe davon aus, dass sich auch die anderen ein Schwimmen in der Seine wünschen, bevor wir einen Duathlon austragen müssen.» Einen Ausweichort gibt es nicht. Es bestünde nur noch die Möglichkeit, die Wettkämpfe auf den 2. oder 3. September zu verlegen.
Alle Entscheidungen fallen an einem Tag
«Die Entscheidung über die Durchführung der Wettkämpfe wird nach der Analyse der neuesten Wettervorhersage und der Ergebnisse der Wasserqualität in den Stunden vor den Wettkämpfen getroffen», hieß es auf dpa-Anfrage von einem Sprecher des Organisationskomitees, das bereits den Beschluss gefasst hat, dass alle elf Medaillenentscheidungen im Triathlon am Sonntag fallen sollen. Ursprünglich sollten die unterschiedlichen Wertungsklassen auf zwei Tage verteilt werden. «Seit heute ist die Wasserqualität der Seine ausgezeichnet und die Strömung liegt innerhalb der akzeptablen Werte», fügte der Sprecher am Freitag hinzu.
Schulz, dem seit seiner Geburt der linke Unterarm fehlt, möchte sich mit diesen Störfaktoren nicht zu sehr beschäftigen. Jedoch sieht der zweimalige Goldmedaillengewinner in der Strömung eine weitere Herausforderung. Er hatte bereits davor gewarnt, dass es für viele Para-Athleten unmöglich sei, stromaufwärts zu schwimmen.
Tränen auf den Champs-Élysées
Schulz selbst sieht sich gerüstet. «Mit Blick auf mein Rennen könnte es dazu führen, dass sich die starken Schwimmer vielleicht ein bisschen absetzen können», sagte der 34-Jährige, für den die Spiele in Paris schon jetzt etwas Besonderes sind.
Bei der Eröffnungszeremonie durfte er gemeinsam mit Rollstuhlbasketballerin Edina Müller die deutsche Fahne tragen. «Es war sehr berührend. Als wir über die Champs-Élysées gelaufen sind, hatte ich die eine oder andere Träne in den Augen. Auch auf der Place de la Concorde war es Gänsehaut pur, und ich bin einfach nur glücklich, dass ich das deutsche Team anführen durfte», sagte er.
Lob bekam er aus dem Kreis der Mannschaft, die ihn und Müller auch zu den deutschen Fahnenträgern bestimmt hatten. «Natürlich ist das ein super Duo. Ich habe ihnen das von Herzen gegönnt», sagte Para-Tischtennisspieler Valentin Baus. «Ich glaube, das ist ein Erlebnis, das man als Sportler nie mehr vergisst.»
Zwei Sportarten, vier Teilnahmen
Abrunden könnte Schulz seine vierten Spiele - 2012 nahm er in London im Schwimmen teil - mit der erneuten Titelverteidigung. Eine bessere Kulisse hätte sich der Athlet vom SC DHfK Leipzig nicht ausmalen können. «Ich finde die Strecke wahnsinnig cool, mitten in der Innenstadt mit Eiffelturm und Champs-Élysées – das würden sich viele Sportler wünschen», sagte er. «Es werden Tausende Zuschauer an der Strecke sein. Da schlägt das Sportherz höher.»
Natürlich sorge das Schwimmen in einem Fluss für eine gewisse Unberechenbarkeit. «Aber ich sehe das nicht so kritisch», sagte Schulz. Für ihn stehe an oberster Stelle, dass er und seine Konkurrenten überhaupt in die Seine springen dürfen, schließlich regnete es schon am Freitag in Frankreichs Hauptstadt. «Ich hoffe, dass sich für niemanden Nachteile ergeben und alles fair abläuft», sagte er.