Den Umgang mit Rückschlägen sollte Florian Wellbrock mittlerweile draufhaben. Der olympische Fehlstart mit dem Vorlauf-Aus über 800 Meter Freistil ist für den Ausnahmeschwimmer so etwas wie ein Déjà-vu. Auf seiner Bronze-Strecke von Olympia in Tokio - den 1500 Metern - möchte der 26-Jährige wieder angreifen. «Wir haben jetzt hier ein paar Serien gemacht, die ihn wieder stabilisiert haben», sagte Langstrecken-Bundestrainer Bernd Berkhahn mit Blick auf Wellbrocks Trainingsprogramm. «Die Form ist immer noch gut, alles prima.»
Schon bei den Weltmeisterschaften 2023 in Japan und im vergangenen Februar in Katar war Wellbrock auf der zweitlängsten Beckendistanz im Vorlauf gescheitert. In Doha ließ er sich davon nicht beirren, kam stark zurück und holte im 1500-Meter-Rennen Silber. Schafft er ein solches Comeback diesmal auch?
Wellbrocks Teamkollegen glänzen, er noch nicht
Am Tag vor seinem so wichtigen Vorlauf am Samstag zog Wellbrock in der La Défense Arena seine Bahnen, trainierte, nahm noch einmal Atmosphäre auf. Äußern wollte er sich nicht mehr.
Es gab Jahre, da war Wellbrock fast Alleinunterhalter in Sachen Erfolge. Die Zeiten, in denen er mit beeindruckender Selbstverständlichkeit von Medaille zu Medaille schwamm, sind aber vorbei. An die Wahnsinns-Ausbeute von fünfmal Edelmetall der WM 2022 kam er danach nicht mehr heran. In Paris hat er noch zwei Chancen: Nach dem Rennen auf der längsten Beckendistanz zählt der Freiwasser-Olympiasieger auch unter freiem Himmel zu den Favoriten.
In Paris haben bisher nicht er, sondern seine Magdeburger Teamkollegen geglänzt - Lukas Märtens als Olympiasieger, Isabel Gose mit Bronze. Wellbrock war auf der Tribüne im stimmungsvollen Schwimm-Tempel der Sommerspiele dabei. Am Abschluss-Wochenende der Becken-Wettkämpfe will er endlich über eigene Erfolge jubeln.
Märtens über Wellbrock: «Cool, gelassen, er macht sein Ding»
Wenn Wellbrock nervös ist, lässt er sich das nicht anmerken. Sein Trainingspartner und Kumpel sei «wie immer», sagte Märtens. «Cool, gelassen, er macht sein Ding. Er weiß genau, was er will.»
Das Vorlauf-Aus kommentierte Wellbrock lässig. «Beunruhigen tut mich das jetzt nicht», sagte er. «Wir kennen das Spiel mit den 800 Metern.» Unter anderem mit Videoanalyse arbeitete er das misslungene Rennen mit seinem Trainer auf. «Er hat seinen Rhythmus nicht getroffen und war dann auch nicht in der Lage das zu bemerken und den Rhythmus umzustellen», erklärte Berkhahn. «Solche Dinge haben wir jetzt nochmal geübt. Da gibt es dann wieder ein paar Aha-Erlebnisse.»
Neben sportlich-technischen und taktischen Aspekten ist aber natürlich auch die Psyche wichtig. Ist Wellbrock wirklich so cool, wie er sich gibt? Wie sehr nagt die Niederlage noch an ihm? Auch das Mentale gehört zur Rennvorbereitung dazu.
«Manchmal spricht man dem Sportler zu, manchmal provoziert man ihn, damit das ein bisschen eskaliert und Emotionen rauskommen», sagte Berkhahn. Wie er diesmal konkret mit Wellbrock umgegangen ist, verriet er nicht. «Am Ende ist es wichtig, dass er merkt, was passiert ist, dass er es realisiert, dass er es am Ende ändert», sagte er. «Das kann ich nicht beeinflussen.»