Auch ohne den erhofften Finaleinzug machte der Auftritt auf dem ehrwürdigen Court Philippe-Chatrier vor etwa 14.000 Zuschauern bei Bronze-Boxer Nelvie Tiafack Lust auf die anstehende Profikarriere. «Definitiv, das ist absolut meins», sagte der Superschwergewichtler: «Ich finde es sehr geil, vor so einem riesigen Publikum geboxt zu haben und ich hoffe, das war ein Vorgeschmack auf die Zukunft als Profi.»
Der 25-Jährige kassierte in seinem letzten Kampf als Amateur eine verdiente Niederlage. Im Olympia-Halbfinale der Gewichtsklasse über 92 Kilogramm war der Kölner beim einstimmigen Punktsieg für Tokio-Olympiasieger Bakhodir Jalolov aus Usbekistan chancenlos. Die Bronzemedaille hatte er schon vorher sicher gehabt, da sich die Halbfinal-Verlierer bei Olympia den dritten Platz teilen.
Schläge werden «mehr scheppern»
Der frühere Box-Weltmeister Henry Maske, der 1988 Olympia-Gold im Mittelgewicht gewonnen hatte, beglückwünschte Tiafack zur Medaille. «Das hast du dir sehr verdient», sagte der 60-Jährige in einem Video zu ARD-Studiogast Tiafack. Beim Viertelfinalsieg gegen den Italiener Diego Lenzi habe der Kölner «nicht nur gewonnen, sondern auch unsere Herzen erobert».
Jalolov, der bereits 14 Profikämpfe bestritt und dabei ohne Niederlage blieb, agierte im Halbfinale aber technisch und taktisch deutlich reifer. «Bei den Profis werde ich weiterhin körperlich an mir arbeiten. Da werden meine Schläge auch mehr scheppern als hier, wo es mehr auf Tempo und Anzahl der Schläge geht», sagte Tiafack ohne den Anflug eines Zweifels, dass ihm der Durchbruch bei den Profis nicht gelingen könnte.
Amateurboxen «den Arsch gerettet»
Verraten wollte der Europameister von 2022 noch nicht, ob er seine Profikarriere in England oder Amerika starten werde. Klar ist für den gebürtigen Kameruner aber: Er sei «auch für die Masse ein interessanter Fighter».
Dem deutschen Amateurboxen habe er «immer wieder den Arsch» gerettet, sagte das Kraftpaket, «ich hoffe, ein anderer kann jetzt meinen Platz einnehmen». Im Deutschen Boxsport-Verband müsse sich aber «viel ändern», vor allem müssten mehr Fördergelder an die Talente fließen. Und die Sportart müsse zwingend ins olympische Programm für Los Angeles 2028 aufgenommen werden. «Wenn Boxen nicht olympisch bleibt, ist der Boxsport tot. Ganz einfach», sagte Tiafack.
Stand jetzt fehlt Boxen im olympischen Programm für 2028. Das Internationale Olympische Komitee will dies nur bei einer Zusammenarbeit mit einem verlässlichen Verband als Partner ändern. Der im Vorjahr gegründete Verband World Boxing darf auf den Zuschlag hoffen.
Redaktionshinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Jalolov sei im Finale reifer gewesen. Es muss heißen, im Halbfinale.