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«Wir haben versagt»: Erinnerungsort für NSU-Opfer eröffnet

Mindestens zehn Menschen hat die Terrorgruppe NSU ermordet. Radikalisiert hatten sich Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe in Thüringen. Nun erinnert unweit des Landtags ein Mahnmal an ihre Opfer.
Erinnerungsort für die Opfer des NSU-Terrors
Der Erinnerungsort für die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) auf dem Beethovenplatz am Thüringer Landtag am Tag der Einweihung. © Martin Schutt/dpa

Mit eindringlichen Warnungen, das Leid der Hinterbliebenen nicht zu vergessen, ist unmittelbar neben dem Thüringer Landtag ein Erinnerungsort für die Opfer des NSU-Terrors eröffnet worden. «Es gab viele Momente in meinem Leben, wo ich meinen Vater sehr vermisst und ihn gebraucht habe», sagte Semiya Şimşek am Mittwoch in Erfurt während einer Gedenkstunde. Aber nicht genug, dass sie und ihre Familie einen geliebten Menschen verloren hätten. Insbesondere die Verdächtigungen durch deutsche Behörden während der Ermittlungen zu den NSU-Morden seien eine jahrelange, enorme Belastung gewesen. «Als der NSU aufflog, waren wir – so schlimm das klingt – erleichtert.» Damit sei endlich klar geworden, «dass wir unschuldig waren.»

In Thüringen radikalisiert

Şimşeks Vater, Enver Şimşek, gilt als erstes Mordopfer der Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Sie waren in den 1970er Jahren in Jena aufgewachsen und hatten sich in der Thüringer Neonazi-Szene radikalisiert. Ende der 1990er Jahre waren sie in den Untergrund gegangen, wo sie den sogenannten «Nationalsozialistischen Untergrund» bildeten. Die Terrorgruppe ermordete zwischen 1999 und 2007 mindestens zehn Menschen.

Während der Ermittlungen zu den NSU-Opfern hatten deutsche Polizisten und Staatsanwälte jahrelang nicht erkannt, dass die Taten aus rechtsextremen und rassistischen Motiven begangen worden waren. Vielmehr hatten sie die Opfer und ihre Familien verdächtigt, Teil der organisierten Kriminalität zu sein. Ihr Vater sei für einen Drogendealer gehalten worden, sagte Semiya. Ihre Mutter habe im Verdacht gestanden, in seine Ermordung verstrickt zu sein. Ihre Familie habe elf Jahre voller Anschuldigungen durchlebt. «Eine lange Zeit.»

Versagen der Behörden

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ging während der Gedenkstunde auf das Versagen der Behörden ein. Rassismus sei eine hässliche Seite der deutschen Gesellschaft, die sich nicht weglächeln lasse, sagte er. «Und die Angehörigen können schon gar nicht weglächeln, wie mit ihnen umgegangen worden ist.» Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer des NSU, Barbara John, sagte, die Polizei habe es sich bei den entsprechenden Ermittlungen viel zu einfach gemacht. «Die Polizei hat sich selbst dauernd Trugschlüsse eingeredet.» Die Ermittlungen seien von Vorurteilen gegen Migranten geleitet worden.

Ort der Erinnerung

Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) sagte, dass mit den NSU-Taten in Deutschland nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes wieder Menschen aus rassistischen Motiven ermordet worden seien, zeige, dass Deutschland das Versprechen «Nie wieder» nicht habe einlösen können. «Wir haben versagt.»

Der nun eröffnete Erinnerungsort hat die Form einer Pergola. Das Mahnmal ist nach einem Entwurf des Stuttgarter Künstlerduos Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper gestaltet worden, der den Titel «Schattenwurf» trägt. Dabei tragen sechs Torbögen mehrere Stahlstreifen. In zehn von ihnen sind die Namen der Mordopfer eingelasert worden, sodass ihre Namen bei Sonnenschein auf die Besucher fallen. Einige der Stahlstreifen sind unbearbeitet geblieben. Sie sollen an die Verletzten der rechtsextremen Terrorzelle erinnern. Der Landtag hatte die Errichtung dieses Erinnerungsortes im September 2017 beschlossen.

© dpa
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