Linkshänder stoßen im Alltag auf so manche Herausforderung. Doch gilt das nur für Menschen? Neuere Forschung legt nahe, dass auch Tiere eine bevorzugte Pfote oder Flosse haben könnten - bis hin zum Lieblingsarm des Oktopus.
Früher galt Händigkeit als ein ausschließlich menschliches Phänomen. Darum ist auch der 13. August seit den Neunzigerjahren weltweit den Linkshänderinnen und Linkshändern gewidmet. Das ist rund jeder zehnte Mensch, wie eine 2021 vorgestellte internationale Studie ausführt. Mitgeforscht hat daran der Biopsychologe Sebastian Ocklenburg von der Medical School Hamburg. Auch zu Tieren kann er eine Menge sagen.
Viele Tiere haben eine dominierende Pfote
«Händigkeit ist eine Form hemisphärischer Asymmetrie, also eine Dominanz einer Hirnhälfte für bestimmte Tätigkeiten», erläutert Ocklenburg der Deutschen Presse-Agentur. Diese werde durch genetische Faktoren und Umweltfaktoren beeinflusst. Das gelte ebenso für Tiere. In vielen Tierarten zeige sich eine Links-Rechts-Präferenz, ergänzt er.
Gemeinsam mit den Biopsychologen Felix Ströckens und Onur Güntürkün hat Ocklenburg in einer Studie 119 verschiedene Tierarten analysiert: von der Pfotigkeit bei Katzen über Krallenpräferenzen bei Papageien bis hin zur Händigkeit bei Affen. Auch um Amphibien, Fische und Reptilien ging es in der Studie. Dabei fanden die Forscher heraus, dass in rund einem Drittel der Arten die Tiere keine klare Vorliebe für eine Seite zeigten.
Dagegen bevorzugten die Tiere in der Mehrzahl der Arten eine bestimmte Seite. Unter ihnen war auch eine ganze Reihe von Tieren, die Aufgaben am liebsten mit links erledigen - so wie Menschen insgesamt eher dazu tendieren, rechtshändig zu sein. «Diese Ergebnisse machen deutlich, dass Gliedmaßen-Präferenzen die Regel und nicht die Ausnahme im Tierreich sind», schreibt Ocklenburg in einer anderen Studie.
Weitere Untersuchungen konzentrierten sich auf Haustiere. In einer Metaanalyse dazu zeigte sich, dass mehr als drei Viertel der untersuchten Katzen entweder rechtspfotig oder linkspfotig waren. Etwa jede vierte Katze nutzte beide Pfoten gleich häufig. Auch bei Hunden war ein ähnliches Muster zu beobachten: mehr als zwei Drittel bevorzugten entweder die linke oder die rechte Pfote.
Seitenpräferenz bei Tieren mit Flossen
Interessanterweise könnten auch Tiere, die keine Arme oder Beine im klassischen Sinne haben, eine Art von Händigkeit zeigen, berichtet Ocklenburg. Ein Team um die Umweltwissenschaftlerin Annette Sieg von der Universität Michigan beobachtete zum Beispiel für eine Studie Lederschildkröten und stellte eine Vorliebe für rechts fest. Das bedeutet, dass die Weibchen dieser Schildkrötenart beim Eierlegen oft die rechte hintere Flosse benutzten, um ihre Eier abzudecken.
Selbst wirbellose Tiere mit einfachen Nervensystemen können Präferenzen bei Gliedmaßen zeigen. In einer im «The Biological Bulletin» veröffentlichten Studie beobachteten Forschende die Gazami-Krabbe, eine Art Schwimmkrabbe, die im ostasiatischen Raum viel gefischt und gegessen wird. Das Ergebnis: Bei der Nahrungssuche öffnet sie Muscheln häufiger mit der rechten als mit der linken Schere.
Nun könnte man meinen, dass nur Tiere mit zwei vorderen Gliedmaßen eine klare Seitenpräferenz zeigen. Weit gefehlt: Eine ältere Studie des Konrad-Lorenz-Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung in Österreich ergab, dass sogar achtarmige Lebewesen wie Tintenfische einen Lieblingsarm haben, um nach bestimmtem Futter zu greifen.
Versuche mit dem Haustier
Genau wie Menschen sind viele Tierarten mit einem ihrer Gliedmaßen geschickter. Mit einfachen Tricks können Haustierhalter selber herausfinden, welche Pfote ihr Vierbeiner bevorzugt.
«Im Prinzip machen es die meisten Leute mit "Food Reaching"-Aufgaben», erklärt Biopsychologe Ocklenburg. Das sind Aufgaben, bei denen das Tier nach Futter greifen muss. So lässt sich etwa ein Leckerli in einer Röhre verstecken, die so eng ist, dass nur eine Pfote hindurchpasst. «Benutzt das Tier mehrere Male hintereinander dieselbe Pfote, um an das Futter zu kommen, dann weiß man: Das Tier ist rechts- oder eben linkspfotig», sagt der Forscher.