«Wir werden dich nie vergessen», haben Valeriias Klassenkameraden auf ein Blatt geschrieben und darunter einen Regenbogen gemalt. Zusammen mit Blumen, Plüschtieren und unzähligen Kerzen lehnt das Bild nun an der Rathauswand in Döbeln. Nachdem die Polizei einen Tatverdächtigen im Fall der getöteten Valeriia gefasst hatte, gedachten am Abend rund 2500 Menschen in dem sächsischen Ort des Mädchens. Viele Menschen hatten Tränen in den Augen, als sie weiße und rosafarbene Luftballons in den Himmel steigen ließen; Eltern hielten ihre Kinder fest im Arm. Es zeigte sich tiefe Trauer, aber auch Erleichterung über die Festnahme.
Der gewaltsame Tod der Neunjährigen hat bundesweit viele Menschen erschüttert. Das Mädchen aus der Ukraine hatte 2022 mit seiner Mutter in Deutschland Zuflucht vor dem Krieg in der Heimat gesucht. Am 3. Juni hatte sich Valeriia morgens auf den Weg zur Schule gemacht, war aber nicht im Unterricht angekommen. Tagelang wurde mit großem Aufwand nach ihr gesucht - ein Hubschrauber, Drohnen, Taucher, Spezialhunde und Hunderte Polizisten waren im Einsatz. Am Dienstag wurde dann in einem Wald ihre Leiche im Unterholz gefunden. Laut Polizei wurde sie Opfer eines Verbrechens.
36-jähriger in Prag festgenommen
Heute vermeldeten die Ermittler nun einen Fahndungserfolg. In einem Prager Restaurant wurde am Vormittag gegen 10.15 Uhr ein 36 Jahre alter Mann festgenommen. Er sei dringend tatverdächtig, das Mädchen getötet zu haben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft Chemnitz mit. Der Moldawier sei zuvor per nationalem und europäischem Haftbefehl gesucht worden. Er sei in Tschechien in Gewahrsam und solle rasch nach Deutschland überstellt werden, hieß es. Das Strafverfahren laufe wegen Totschlags. Weitergehende Auskünfte wurden zunächst nicht erteilt.
Die Ermittlungen hatten sich in den vergangenen Tagen vor allem auf das soziale Umfeld des Mädchens konzentriert. Laut «Bild» handelt es sich bei dem Festgenommenen um den Ex-Freund von Valeriias Mutter. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz wollte sich auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur zunächst nicht äußern. Bereits zuvor hatte die «Bild» berichtet, dass der Ex-Freund die Mutter am Vormittag von Valeriias Verschwinden kontaktiert haben soll. Sein Handy soll in einer Funkzelle in Döbeln eingeloggt gewesen und er von der Überwachungskamera eines Nachbarhauses gefilmt worden sein.
Die tschechische Polizei schrieb am Nachmittag auf Twitter, dass die Polizei im Stadtzentrum von Prag einen gesuchten Mann festgenommen habe, der in Deutschland eines Gewaltverbrechens verdächtigt werde. Die Kriminal- und die Ausländerpolizei in Prag kommunizierten nun mit der deutschen Polizei, hieß es.
Zahlreiche Fragen sind unterdessen noch offen - etwa zum Motiv und zum Hintergrund des Gewaltverbrechens, aber auch zur genauen Todesursache.
Nicht in Feierlaune
Mit Musik, LED-Show und Karussell-Fahrten hatten die Menschen in Döbeln eigentlich am Abend ihr Stadtfest einläuten wollen. Doch seit das Kind so jäh aus dem Leben gerissen wurde, ist in der 24.000 Einwohner zählenden Stadt kaum noch jemandem zum Feiern zumute. «Valeriia wird nie wieder lachend über ein Fest hüpfen», sagte Oberbürgermeister Sven Liebhauser (CDU) bei dem Gedenken auf dem Obermarkt. Es gehe auch darum, der Familie des Mädchens zu zeigen: «Ihr seid in eurem unbeschreiblichen Schmerz nicht allein. Wir stehen an eurer Seite. Wir trauern mit euch.»
Zugleich zeigte er sich ebenso wie etliche Bürger erleichtert über die Festnahme. Die Verunsicherung sei nach dem Verbrechen groß gewesen, sagte Liebhauser der dpa. «Jetzt ist die Erleichterung hier umso größer.» Nun müssten die weiteren Ermittlungen abgewartet werden.
Sachsens Innenminister Armin Schuster dankte den Ermittlern nach der zügigen Festnahme. «Mein Dank gilt insbesondere der Polizeidirektion Chemnitz für die schnellen Ermittlungen und den tschechischen Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit sowie allen weiteren involvierten Polizisten», sagte der CDU-Politiker nach Ministeriumsangaben in Dresden. Er hoffe, «dass mit der Festnahme eines Tatverdächtigen dieses schreckliche Verbrechen zügig aufgeklärt werden kann».