Kroatien – Spanien 3:5 n.V.
Ein Auswärtsspiel hatten diesmal beide Teams. Die Spanier hatten ja zuvor nur im heimischen Sevilla gekickt, während die Kroaten quer durch den Kontinent reisen mussten. Bei diesem Achtelfinale war Kopenhagen ein wirklich neutraler Ort, denn die Größe beider Fan-Lager hielt sich die Waage.
Beiden Teams gemein waren zwei holprige Partien zu Anfang der Fußball-EM. Kroatien hatte dann gegen Schottland mit 3:1 den Befreiungsschlag gelandet. Spanien spielte sich beim 5:0 gegen harmlose Slowaken in einen Rausch.
Die Spielanlage der Kontrahenten ist ähnlich. Die Kroaten und Spanier lieben es selbst den Ball zu haben und den Gegner mit endlosen Ballstafetten zu verwirren. Dabei sind die Kroaten im 4-5-1 einen Tick defensiver eingestellt als die Spanier in ihrem 4-3-3. Beide haben einen Spielmacher: die Kroaten den erfahren Modric, die Spanier den blutjungen Pedri – ein äußerst spannendes Duell der Generationen.
Über weite Strecken des Spiels dominierte Spanien mit seinem üblichen langweiligen „Tiki-Taka“ und ließ so Ball und Gegner laufen. Kroatien kam überhaupt nicht gefährlich vor das Tor, so dass eine Slapstick-Einlage der Spanier zum 1:0 führte. Pedri spielte den Ball scharf auf Torwart Simón zurück, doch dem rutschte das Leder über den Schlappen und schlug hinter dem verdutzten Keeper ein.
Kroatien war nun gegen verunsicherte Spanier am Drücker, doch Sarabia brachte die Iberer mit dem 1:1 wieder in die Spur (38. Minute). Nach der Pause wieder das gewohnte Bild. Kroatien lief nur hinterher, kassierte aber zwei Treffer durch Azpilicueta (57. Minute) und Ferran Torres (77. Minute). Das Spiel schien gelaufen, doch eine Energieleistung brachte die Mannen von Balkan zurück. Orsic drückte den Ball in der 85. Minute über die Linie, wie der Chip im Ball meldete. In der Nachspielzeit war Pasalic per Kopf zur Stelle.
Die Kroaten hatten nun den mentalen Vorteil auf ihrer Seite, doch die Tore fielen auf der anderen Seite. In der 101. und 105. Minute machten Busquets und Oryazabal den Sack zu. Die Kroaten hatten keine Körner mehr, ermöglichten aber immerhin dem großen Luka Modric sich gebührend von der internationalen Bühne zu verabschieden, als er in der 114. Minute ausgewechselt und von den mitgereisten kroatischen Anhängern gefeiert wurde.
Frankreich – Schweiz 7:8 n.E.
Frankreich und die Schweiz sind Nachbarn, mussten aber beide weit reisen. Im rumänischen Bukarest ging es bei schwülen Temperaturen zur Sache. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich nicht allzu viele Fans beider Teams im Stadion wiederfanden.
Frankreichs Performance in der Vorrunde darf man mit Fug und Recht als durchwachsen bezeichnen. Zwei Unentschieden und ein Sieg (gegen Deutschland) hatten dennoch für das Weiterkommen gelangt. Die Schweiz hatte sich gegen Wales und Italien blamiert, kam aber durch einen Sieg gegen die grottenschlechten Türken dennoch als Gruppendritter weiter.
Ein fußballerischer Leckerbissen war nicht zu erwarten, denn Weltmeister Frankreich wartet gern ab, um dann blitzschnell über Griezmann, Benzema oder Mbappé nach vorn zu stoßen. Die Eidgenossen präferieren ein defensives und relativ langsames 4-5-1, waren aber von Anfang an hellwach. Die Achillesferse der Franzosen ist nun mal die hüftsteife Abwehr, die nicht eng genug in die Zweikämpfe geht. Seferovic nutzte eine Flanke von Zuber zu einem sehenswerten Kopfball – 0:1 (15. Minute).
Nun stellten sich die Eidgenossen tief in die eigene Hälfte, hatten jedoch mehrmals Glück bei Weitschüssen. Gleichzeitig öffneten die nun anrennenden Franzosen Räume für Konter. Dabei brachte Pavard Zuber zu Fall und es gab Elfmeter, doch Rodriguez ließ die Chance zum vorentscheidenden 0:2 für die Schweizer liegen (55. Minute).
Zwei Minuten später tauchte Benzema vor Sommer auf und macht das 1:1 – eine kalte Dusche für die Eidgenossen, die nun unsortiert waren. Noch einmal Benzema schien Frankreich mit dem 2:1 auf die Siegerstraße zu bringen (58. Minute). Als dann Pogba ein Traumtor aus der Distanz zum 3:1 erzielte, schien der Drops gelutscht (75. Minute).
Mitnichten! Die Eidgenossen warfen nun alles nach vorn und wieder war Seferovic per Kopf zu Stelle. Die Franzosen ließen das 3:2 in der 81. Minute zu, weil sie wieder nicht eng genug verteidigten und im Abwehrzentrum zu langsam schalteten. Doch damit nicht genug: Nach starkem Zuspiel von Xhaka glich der eingewechselte Gavranovic tatsächlich zum 3:3 aus (90. Minute).
Wer so verteidigt und dann in der Verlängerung beste Chancen liegen lässt, muss sich nicht wundern, dass es ins Elfmeterschießen ging. Hier wurde der Schweizer Keeper Sommer zum Helden. Der bodenständige Typ, der in der Bundesliga für Borussia Mönchengladbach spielt und sein Team gegen Frankreich mit mehreren Glanzparaden im Spiel gehalten hatte, hielt ausgerechnet den Elfmeter von Mbappé. Der launische Weltstar hatte zu mittig und zu lasch gezielt – ein Sinnbild für die nonchalante Grundhaltung der Franzosen an diesem Abend.
Somit spielen nun die wackeren Schweizer gegen Spanien um den Einzug ins Halbfinale. Die zu selbstgefällig aufgetretenen Franzosen haben sich ihr Ausscheiden selbst zuzuschreiben.