Schweden – Slowakei 1:0
In St. Petersburg traten im Nachmittagsspiel wieder einmal zwei Teams ohne echtes Heimrecht an. Statt der russischen „Spornaja“ gab es nur Schweden gegen die Slowakei zu sehen. Entsprechend bescheiden war das Interesse an diesem wenig prestigeträchtigen Duell.
Dabei hätte man gerade von den Schweden eine etwas forschere Gangart erwarten können, da die Skandinavier nach ihrem überraschenden 1:1 gegen Spanien gegen den vermeintlichen Underdog aus der Slowakei schon fast das Ticket für das Achtelfinale buchen konnten, doch es bleib beim bewährten 4-4-2 ohne merklichen Drang das Spiel zu machen.
Auf der anderen Seite konnte es den Slowaken niemand verdenken, dass sie sich zunächst einmal defensiv in einem 4-5-1 orientierten. Zum einen ist das die Spielweise dieser Mannschaft, zum anderen war man damit überraschenderweise gegen den Favoriten aus Polen zuletzt siegreich gewesen. So kam es, wie es kommen musste, und die erste Halbzeit war so öde, dass selbst Schiedsrichter Daniel Siebert die Faxen dick hatte und ganz pünktlich zur Pause pfiff.
In der zweiten Halbzeit investierte Schweden endlich mehr. Forsberg tauchte nun öfter weiter vorn auf, so dass aus dem 4-4-2 oft ein 4-3-3 wurde. Der Leipziger Profi war es denn auch, der die Entscheidung besorgte. Der BVB-Profi Isak hatte einen wunderbaren Pass auf Quaison gespielt, der dann vom slowakischen Keeper Dubravka gefoult wurde (77. Minute). Nun rächte sich die abwartende Spielweise der Slowaken, denen Kraft und Konzentration fehlten, um das schwedische Tor noch einmal zu gefährden.
Für die Slowaken ist die Niederlage doppelt bitter, weil sie nun ausgerechnet zu den Spaniern reisen müssen, die so mancher Experte als eines der stärksten Teams der Fußball-EM einschätzt. Die Schweden treffen auf die Polen, deren Punktestand wir erst am späten Samstagabend nach der Partie gegen Spanien erfahren werden.
Kroatien – Tschechien 1:1
In Schottland fand um 18 Uhr auch ein Fußball-EM-Spiel statt – nur leider ohne schottische Beteiligung, denn die Nationalmannschaft der „Bravehearts“ weilte da schon längst in London. Zwar war mit Kroatien der amtierende Vize-Weltmeister in Glasgow dabei, aber deren Spiel gegen die Tschechen wollten nicht besonders viele Einheimische sehen.
Die Ausgangslage war klar. Die Tschechen konnten ihr geliebtes Defensivspiel im 4-5-1-System mit schnellen Kontern fahren, da sie gegen Schottland – ebenfalls in Glasgow – gewonnen hatten. Die Kroaten hatten gegen England verloren und mussten diese zweite Partie unbedingt für sich entscheiden. Sie wählten eine offensivere Variante des 4-5-1 mit Spielmacher Modric im defensiven Mittelfeld, der bei Ballbesitz auch mal auf die Zehner-Position vorrutschte. Vorn vertraute man auf Inter Mailands Sturmspitze Perisic.
Trotz dieser Ausgangslage erspielten sich erstaunlicherweise die Tschechen in der ersten halben Stunde Feldvorteile von zwischenzeitlich bis zu 73%, während Kroatien kaum ins Spiel fand. Dann floss Blut: Aufgrund eines Ellenbogenchecks des Kroaten Lovren gegen Leverkusens Schick zeigte Schiedsrichter del Cerro Grande auf den Elfmeterpunkt (35. Minute). Mit noch immer blutender Nase trat Schick selbst an und verwandelte sicher (37. Minute).
Nach der Pause erfolgte der kroatische Gegenschlag. Ein schnell ausgeführter Freistoß des Hoffenheimers Kramaric kam zu Perisic. Der frühere Bayern-Spieler vernaschte seinen Gegenspieler und zirkelte den Ball vom Strafraumrand in den Winkel (47. Minute). Danach versuchten die Kroaten zwar das 2:1 zu erzielen, fanden aber kaum eine Lücke im tschechischen Defensivbollwerk. Am Ende stand so ein leistungsgerechtes 1:1-Unentschieden.
Die Tschechen können mit dem Punktgewinn besser leben, spielen sie doch nun gegen England im letzten Vorrundenspiel den Gruppensieger aus. Kroatien, das bislang unter den Erwartungen gespielt hat, könnte nur mit einem deutlichen Sieg gegen Schottland den zweiten Platz belegen, falls es im Spiel Tschechien gegen England einen Sieger gibt.
England – Schottland 0:0
Das Spiel des Tages fand logischerweise im Londoner Wembley-Stadion statt. In dieser modernisierten Kultstätte des englischen Fußballs, in die zu Nicht-Corona-Zeiten bis zu 90.000 Fans strömen können, stieg die „Mutter aller Klassiker“, um den früheren irakischen Diktator Saddam Hussein frei zu zitieren.
Schon 1872 traten England und Schottland zum ersten Länderspiel der Geschichte nach einheitlichen Regeln an und pflegten fortan eine starke sportliche Rivalität. Das Spiel im Jahr 2021 hatte aber auch politischen Symbolcharakter, will sich die Mehrheit der Schotten seit dem Brexit doch von London lösen, Westminster bis dato aber kein zweites Referendum über die schottische Unabhängigkeit gestatten.
Doch zurück zum Sportlichen: England war, zumal als Heimteam, der klare Favorit und hatte im gewohnten 4-3-3 natürlich den meisten Ballbesitz. Spielmacher Kalvin Phillips, der noch am Sieg gegen Kroatien maßgeblich beteiligt war, verteilte die Bälle im offensiven Mittelfeld. Im Sturmzentrum sollte Tottenhams Harry Kane mit Bällen versorgt werden. Die schottischen „Bravehearts“ mussten ihrerseits unbedingt gewinnen, um ihren Traum vom Achtelfinale zu wahren, und setzten auf ihre fast schon sprichwörtliche Kampfkraft und Laufbereitschaft.
Zunächst sah es in der ersten Halbzeit so aus, als würde die No-Name-Truppe aus dem Norden der Insel über kurz oder lang das 1:0 kassieren. So kam der Engländer Stones dem Treffer sehr nahe, als er in der 12. Minute nach einer Ecke von Mount den Ball an die schottische Latte wuchtete. Eine Minute später hätte Mount fast selbst das 1:0 erzielte, schoss aber trotz kurzer Distanz knapp am Tor vorbei.
Von Minute zu Minute kauften die Schotten den Engländern immer mehr den Schneid ab. Während die englischen Stars von Minute zu Minute nervöser wurden und das englische Publikum ihren Auftritt in der Pause gar mit Pfiffen quittierte, waren die „Bravehearts“ vor allem nach Standards gefährlich und hatten in Form von O’Donnell (30. Minute) und Dykes (62. Minute) zwei klare Torchancen. Am Ende stand für Schottland sogar eine Chance mehr als für den ungeliebten Nachbarn auf dem Konto.
Nach dem torlosen Prestige-Duell ist England wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet und liegt in der Tabelle nur noch auf dem zweiten Platz hinter Tschechien. Schottland ist zwar momentan Letzter, könnte sich aber als einer von den vier besten Gruppendritten für das Achtelfinale qualifizieren. Voraussetzung ist aber ein – möglichst hoher – Sieg gegen Kroatien.