Slowakei – Spanien 0:5
Wir haben an dieser Stelle schon öfter den „Glutofen“ von Sevilla zitiert, der schon beim Halbfinale der Fußball-WM 1982 die Deutschen und Franzosen viel Kraft gekostet hatte. Insofern kann es einen nur wundern, dass die UEFA das Spiel Slowakei gegen Spanien in eben jener andalusischen Stadt schon um 18 Uhr stattfinden ließ.
Wenig verwunderlich waren also die gut 30 Grad Celsius, die vor Ort herrschten – ein klarer Vorteil für die Spanier, die solche Temperaturen gewohnt sind, bis dato in Sevilla aber zweimal nur je einen Punkt bei dieser Fußball-EM ergattern konnten. Die Slowaken, die immerhin gegen Polen gewonnen hatten, konnte sich also nicht nur sprichwörtlich auf einen „heißen Tanz“ gefasst machen.
Spanien musste gegen die Slowaken gewinnen, die mit drei Punkten knapp vor ihnen lagen. Das merkte man „La Furia Roja“ auch an, wenngleich Spanien im weißen Auswärts-Dress antrat. Zwar hieß die Formation wieder 4-3-3, doch das Spiel der Iberer war weniger auf Ballbesitz und dafür mehr auf Schnelligkeit aufgebaut. Am Ende standen „nur“ 66% Ballbesitz, aber 5:0 Tore auf dem Konto.
Ihr Ausscheiden aus dem Turnier verdankten die Slowaken vor allem ihrem Torwart. Martin Dubravka, der seit 2018 bei Newcastle United in der Premier League spielt, ist eigentlich ein solider Keeper, doch beim Versuch das 0:1 zu verhindern schlug er den Ball wie ein Volleyballer ins eigene Tor (30. Minute). Beim 0:2 durch Laporte irrte er durch den Strafraum und irritierte dabei seine Verteidiger (45. Minute).
So war der Drops schon zur Pause gelutscht und die Spanier spielten sich dank der slowakischen Geschenke in einen Rausch. Jordi Alba (56. Minute) und Ferran Torres (67. Minute) erhöhten auf 0:4. Den Schlusspunkt setzte Kucka mit dem zweiten slowakischen Eigentor des Tages (71. Minute).
Im Achtelfinale wartet ein deutlich schwererer Gegner, denn am Montag bekommt Spanien es mit Vizeweltmeister Kroatien zu tun. Die Slowaken fahren nach einer indiskutablen Leistung völlig verdient nach Hause.
Schweden – Polen 3:2
Am anderen Ende Europas standen sich zeitgleich Schweden und die polnischen Kilometerfresser gegenüber. Wohl nur bei einer Fußball-WM musste eine Mannschaft innerhalb weniger Tage so viel fliegen wie Lewandowski & Co, nämlich von St. Petersburg nach Sevilla und wieder zurück – in Zeiten des Klimawandels eine ziemlich fragwürdige Praxis der UEFA.
Doch zurück zum Sportlichen: Schweden hatte vor dem Spiel als Tabellenführer mit vier Punkten die beste Ausgangslage und lief im 4-4-2 auf. Polen musste mit nur einem Punkt als Letzter unbedingt gewinnen, um noch Chancen auf das Achtelfinale zu haben. Im 3-5-2 mit Weltfußballer Lewandowski in vorderster Linie sollte es klappen. Das Spiel hatte gerade erst begonnen, als Polen schon in Rückstand geriet. Leipzigs Forsberg schaltete am schnellsten und schoss das frühe 1:0 (2. Minute). Eine Viertelstunde später hätte Lewandowski für seine Farben ausgleichen können, scheiterte aber gleich zweimal am Aluminium.
Das wurde – wie so oft im Fußball – bestraft, denn Schweden erhöhte noch einmal durch Forsbergs Rechtsschuss auf 2:0 (59. Minute). Die Polen gaben sich aber nicht auf. Mit dem Mut der Verzweiflung warfen sie alles nach vorn und tatsächlich gelang Lewandowski in der 61. Minute der Anschlusstreffer.
Fortan stellten sich die Schweden noch tiefer in die eigene Hälfte und hatten kaum noch Entlastung, so dass Lewandowski in der 84. Minute das 2:2 nachlegte. Da Polen aber drei Punkte benötigte, ging das Team „all in“ – und verlor alles. Der eingewechselte Claessen schoss in der vierten Minute der Nachspielzeit das entscheidende 3:2.
Schweden ist damit weiter und spielt am Dienstag gegen die Ukraine, die in der Gruppe C nur den dritten Platz erreicht hatte. Polen ist zwar aus dem Turnier, kann aber erhobenen Hauptes nach Hause fahren.
Deutschland – Ungarn 2:2
Beim Spiel der Deutschen gegen Ungarn in München lag ein Hauch von „Sommermärchen“ in der Luft. 4:2 hatte die DFB-Elf gegen Portugal gesiegt – das exakt gleiche Ergebnis gegen Costa Rica war weiland 2006 der Auftakt zu einer unvergesslichen Fußball-WM im eigenen Lande.
Wenn Deutschland gegen Ungarn spielt, muss man natürlich auch immer an das „Wunder von Bern“ denken. Bis zu jenem denkwürdigen Endspiel der Fußball-WM 1954 hatte die ungarische Wunderelf um Ferenc Puskás vier Jahre lang nicht verloren, doch bei „Fritz-Walter-Wetter“ siegte die DFB-Elf nach 0:2-Rückstand noch mit 3:2.
Andere Zeiten, andere Ausgangslagen. Ungarn musste auf jeden Fall siegen, um sich doch noch als Dritter oder sogar Zweiter für das Achtelfinale zu qualifizieren. Jogi Löws Truppe reichte auch ein Unentschieden, sollte Frankreich parallel Portugal schlagen.
Für die Medien spielte das alles keine Rolle. Viel wichtiger war es, dass die UEFA verboten hatte das Münchner Stadion in Regenbogenfarben anzuleuchten. Aus Protest gegen ein ungarisches Gesetz verteilten LGBTI-Aktivisten deshalb vor dem Stadion 1.000 bunte Fahnen. Im Stadion dominierte allerdings Schwarz-Rot-Gold.
Nach dem 4:2 gegen Portugal lag über der Arena trotz heftigen Regens eine angenehm leichte „Sommermärchen“-Stimmung. Wer bei der Fußball-WM 2006 aufgepasst hatte, weiß aber, dass das DFB-Team damals am liebsten „Dieser Weg wird kein leichter sein“ von Xavier Naidoo im Mannschaftsbus hörte. Leider sollten sich diese Zeilen wieder einmal bewahrheiten.
Adam Szalai, ein alter Bekannter aus der Bundesliga, crashte die deutsche Party. Toni Kroos hatte gepennt und Sallai nicht am Flanken gehindert. Szalei wuchtete per Kopf zum überraschenden 0:1 ein (11. Minute). Die Achillesferse im deutschen 3-4-3-System war damit wieder einmal schonungslos aufgedeckt worden.
Danach stellte die Ungarn im 5-3-2 vor allem die deutschen Außen mit Geschick und einer rustikalen Gangart zu. Robin Gosens, gegen Portugal noch der Matchwinnter, war kaum zu sehen. Etwas besser lief es für sein Pendant auf der rechten Seiten, Joshua Kimmich. Am Ende sorgte aber ein Torwartfehler von Ungars Gulasci für das 1:1 in der 66. Minute. Hummels gewann das erste, Havertz das zweite Kopfballduell.
Einen rabenschwarzen Tag hatte Leroy Sané erwischt. Der Jungstar von Bayern München hatte sich bis dahin ein ums andere Mal verdribbelt und sah 20 Sekunden nach Wiederanpfiff alt aus. Er verlor das Laufduell gegen den Ungarn Schäfer und dieser machte per Kopfball das 1:2 (67. Minute). Allerdings muss man sich fragen, warum gerade ein Stürmer in so einen Zweikampf gehen musste. Die deutsche Abwehr war an diesem Tag einfach ein unsortierter Hühnerhaufen.
Das Münchner Publikum war nun kaum noch zu hören. Die ungarischen Fans feierten umso lautstärker. Mit frischen Kräften in Form von Goretzka, Müller, Werner, Volland und Musiala versuchte Bundestrainer Jogi Löw das Ding noch zu biegen. Ausgerechnet der erst 18-jährige Musiala zeigte sich dann ganz cool und legte von links überlegt in den Strafraum. Goretzka bekam einen abgewehrten Ball vor die Füße und hämmerte das Leder unwiderstehlich zum erlösenden 2:2 ein (84. Minute).
Die wackeren Ungarn sind damit aus dem Turnier. Deutschland muss im Londoner Wembley-Stadion gegen England antreten – ein echter Klassiker mit hoffentlich lauterem Publikum. Ich kann allerdings nur hoffen, dass Löw auf ein 4-5-1 umstellt, denn mit so einer desolaten Abwehr wird es im Achtelfinale gegen die „Three Lions“ ganz schwer.
Portugal – Frankreich 2:2
Ironie dieser Fußball-EM: Während die Ungarn parallel in München antreten mussten, machten es sich in der Budapester Puskás-Arena Portugal und Frankreich gemütlich – und Frankreich war sicherlich froh nicht gegen die Magyaren spielen zu müssen, hatten ihnen doch deren leidenschaftliche Fans beim 1:1 zuletzt mächtig eingeheizt.
Der amtierende Weltmeister hatte jedoch keine leichte Aufgabe vor sich. Portugal ist amtierender Europameister und hat mit Cristiano Ronaldo einen früheren Weltfußballer sowie den erfolgreichsten Fußball-EM-Torschützen in seinen Reihen. Außerdem hatte Frankreich 2016 bei der letzten Fußball-EM ausgerechnet gegen diese Portugiesen das Finale in der eigenen Hauptstadt mit 0:1 verloren – was für eine Schmach!
Genau wie damals hatte eigentlich Frankreich die bessere Ausgangslage bei dieser Fußball-EM 2021. Bei einem Sieg war man sicher Gruppensieger, bei einem Unentschieden auf jeden Fall Gruppenzweiter. Nur eine Niederlage mussten „Les Bleus“ fürchten, denn sie hätte auch gleichbedeutend mit dem dritten Platz sein können.
Frankreich spielte im 4-4-2, Portugal im 4-3-3. Dass Portugal der französische Angstgegner ist, konnte man in der 30. Minute sehen. Cristiano Ronaldos 1:0 hatte aber nur bis zur 45. Minute Bestand, als Benzema per Foul-Elfmeter ausglich.
In der 48. Minute schien Frankreich das Spiel gedreht zu haben. Wieder war es Benzema, doch diesmal per Rechtsschuss. In der 66. Minute schlug Ronaldo im Privatduell mit seinem früheren Mannschaftskameraden bei Real Madrid zurück und machte das 2:2.
Als Gruppensieger trifft Frankreich im Achtelfinale am Montag auf die Schweiz – eine absolut machbare Aufgabe für „Les Bleus“. Portugal muss am Sonntag gegen Belgien antreten und sich in diese Partie gewaltig steigern, um weiterzukommen.