England – Deutschland 2:0
Über kaum ein Spiel bei dieser Fußball-EM wurde vorher wohl so viel wie geschrieben über dieses – ein Klassiker eben, der egal, ob Freundschafts- oder Pflichtspiel die Fans elektrisiert. England gegen Deutschland im Wembley-Stadion hat eine lange Tradition.
Wer erinnert sich nicht an das legendäre Wembley-Tor, dass die Engländer 1966 auf die Siegerstraße und letztendlich zum einzigen Weltmeister-Titel führte? So unglücklich damals Uwe Seeler den Kopf hängen ließ, so glücklicher jubelte sechs Jahre später Helmut Schöns Truppe, als mit 3:1 der erste deutsche Sieg in Wembley gelang und Deutschland wenig später erstmals Europameister wurde. 1996 schließlich gewann Deutschland das EM-Halbfinale im Elfmeterschießen – ein Trauma, das Englands Coach Southgate bis heute verfolgt, verschoss er doch damals den entscheidenden Strafstoß.
Selbst die Bilanz der DFB-Elf in der Nachfolge-Arena des 2003 abgerissenen alten Stadions liest sich positiv: zwei Siege, zwei Unentschieden. Die sportliche Ausgangslage war jedoch bei dieser Fußball-EM nicht so toll. Lange hatte es so ausgesehen, als ob man in der Vorrunde rausfliegen würde, doch dann erlöste Goretzka die Mannschaft gegen Ungarn und man löste das Ticket als Gruppenzweiter. England als Gewinner seiner Gruppe war damit klarer Favorit.
Die Engländer begannen wie erwartet im 4-5-1 mit Kane als einziger Spitze, der aber bei Angriffen von den beiden äußeren Mittelfeldspielern unterstützt wurde, so dass das 4-5-1 zu einem 4-3-3 mutierte. Grealish sorgte weitgehend für den Spielaufbau.
Jogi Löws Truppe trat wieder einmal im 3-4-3 an, jedoch mit Goretzka statt Gündogan im Zentrum, so dass man hier schon fast eine Raute sehen konnte. Das ist ein System, das Ajax Amsterdam schon in den 70er Jahren erfolgreich zelebrierte.
Für einige Experten, jedoch nicht für mich überraschend spielte Werner statt Gnabry zentral im Sturm. Erstens kennt der die Premier League als Chelsea-Spieler bestens, zweitens hatte der Bayern-Star, der seine Tore mit einem angedeuteten Kaffeerühren zu feiern pflegt, bei diesem Turnier bis dato nichts gerissen.
Bis zur 15. Minute ungefähr machte die DFB-Elf ihre Sache gut. Sie kombinierte gefällig und ließ England umgekehrt nicht zur Entfaltung kommen. Doch dann kamen die „Three Lions“ immer besser ins Spiel und Deutschland agierte zu passiv, ging nicht richtig in die Zweikämpfe und ließ zu viele Standards und Flanken zu.
So musste Neuer gegen Sterling (16. Minute) und Maguire (17. Minute) parieren. Es gab wenig Entlastung, doch Werner hatte in der 32. Minute dennoch eine gute Chance, scheiterte links im Strafraum aber an Torhüter Pickford. Auf der anderen Seite rettete Hummels mit einer hervorragenden Grätsche das 0:0 (45. Minute).
Nach einer Direktabnahme von Havertz verhinderte Pickford mit einer starken Flugeinlage die deutsche Führung nach der Pause (48. Minute). Wie im ersten Durchgang kam das DFB-Team etwas besser aus den Kabinen, aber beide Teams waren hauptsächlich darauf bedacht nicht den entscheidenden Fehler zu machen. In der 69. Minute kam unverständlicherweise Gnabry für Werner, der seine Sache bis dahin gut gemacht hatte.
Das entscheidende 1:0 für England fiel, weil wieder kein deutscher Spieler den ballführenden Engländer entscheiden attackieren konnte. So fand Shaw Sterling in der Mitte (75. Minute). Sechs Minuten später schickte Havertz Müller auf die Reise, doch der vergab freistehend! So konnte England in der 86. Minute den entscheidenden Punch durch Kane setzen.
Dem Tor war ein Ballverlust von Gnabry vorangegangen, der auch sonst keine Impulse setzen konnte. Warum Löw erst nach dem 2:0 für England noch zweimal wechselte und so dem Gegner half Spielzeit von der Uhr zu nehmen, dürfte als eine von vielen fragwürdigen Entscheidungen dieses Bundestrainers in die Fußballgeschichte eingehen.
Die Ära Löw ist nunmehr nach 15 Jahren beendet und sein früherer Assistent Hansi Flick übernimmt. Das ist wohl das einzig Positive an dieser Fußball-EM, wo Deutschland im Endeffekt nur gegen Portugal überzeugen konnte. England geht nun als Favorit ins Viertelfinale.
Schweden – Ukraine 1:2 n.V.
Im Glasgower Hampden Park stand eine echte Überraschungsmannschaft auf dem Rasen. Die Schweden hatten sich in ihrer Gruppe vor den favorisierten Spaniern als Gruppenerste durchgesetzt – ein großer Erfolg für die Skandinavier, zumal die Truppe zwar mit vielen Legionären aus allen möglichen europäischen Ligen, aber eben ohne Zlatan Ibrahimovic angetreten war.
Auf der anderen Seite stand bei diesem Achtelfinale die Ukraine. Man wusste vor der Partie nicht so recht, was man von der Truppe des früheren Weltklasse-Stürmers Andriy Shevchenko halten sollte. Gegen die Niederlande holte man ein 0:2 auf, verlor aber dann doch. In den beiden anderen Partien gab es einen klaren Sieg gegen Nordmazedonien, aber auch eine ebenso klare Niederlage gegen Österreich.
Beide Teams präsentierten sich anfangs im 4-4-2 in der defensiven Variante mit zwei Sechsern. Zinchenko legt für die Ukraine vor (27. Minute), doch Schweden glich durch Forsberg aus (43. Minute). Das war schon etwas verwunderlich, brachten die Skandinavier doch offensiv bis dahin kaum etwas zustande. Nach dem Seitenwechsel war mehr Leben in der Bude. Der Ukrainer Sydorchuk traf den Pfosten (55. Minute). Forsberg tat es ihm gleich zweimal gleich (56. und 69. Minute).
So ging es in die Verlängerung, wo sich die entscheidende Szene in der 99. Minute ereignet. Danielson ging gegen Besyedin rustikal zur Sache und sah dafür Gelb. Nach Eingreifen des VAR wurde das in Rot geändert. Zehn Schweden stellten sich hinten rein, kassierten aber in der 122. Minute das 1:2, als Dovbyk sehenswert einnickte.
Die Ukrainer stehen nun als Außenseiter im Viertelfinale gegen England und können hier völlig befreit aufspielen. Die Schweden müssen sich den Vorwurf gefallen lassen über das gesamte Turnier offensiv einfach zu wenig gebracht zu haben. Nur der Leipziger Forsberg konnte überzeugen.