England – Kroatien 1:0
„Football‘s Coming Home!“. Wie gern erinnern wir uns an diese schöne Fußball-Hymne, die in England bei der Fußball-EM 1996 im eigenen Land große Popularität genoss. Zwar gewannen am Ende – laut Gary Lineker wie immer – die Deutschen den Cup, aber der Song der mittlerweile schon 25 Jahre alt ist, hat nichts von seinem Charme verloren und wurde auch heute mit Inbrunst gesungen.
So freute sich selbst ein eingefleischter Deutschland-Fan mit Englands Fans, die im Londoner Wembley-Tempel zwar auch ihre Nationalmannschaft, aber doch in erster Linie ihre eigene Rückkehr ins Stadion feierten. Da auch ein paar kroatische Fans anwesend waren, kam endlich sowas wie Stimmung auf.
Rein sportlich war es die Wiederholung des Fußball-WM-Halbfinals von 2018, als noch Kroatien die Oberhand behielt. Diesmal entschieden die Engländer das Spiel für sich. Die „Three Lions“ verbuchten teilweise 75% Ballbesitz für sich und ließen die Kroaten laufen, konnten ihrerseits aber gute Chancen durch Foden (6. Minute) und Phillips (9. Minute) nicht nutzen. Danach spielte sich das Geschehen hauptsächlich im Mittelfeld ab.
Mit Nikola Modric und Kalvin Phillips traten hier zwei Ideengeber gegeneinander an, die schon frisurentechnisch Lichtjahre auseinanderliegen. Der Kroate ist der klassische, etwas langsame Spielmacher mit 70er-Jahre-Matte und Stirnband. Der Engländer trägt eine gewöhnungsbedürftige Mischung aus Rasta, Halbglatze und Zöpfchen. Während Modric das Frisurenduell für sich entscheiden konnte, gelang Phillips der entscheidende Pass zum 1:0 durch Sterling (57. Minute).
Kroatien wirkte insgesamt zu behäbig, erspielte sich in der Folge aber mehr Spielanteile, doch echte Torchancen gab es nur noch für England durch Kane (61. Minute), Mount (67. Minute) und Sterling (74. Minute). BVB-Spieler Jude Bellingham, der in zwei Wochen erst 18 Jahre alt wird, ging durch seine Einwechslung kurz vor Schluss als jüngster Fußball-EM-Spieler aller Zeiten in die Geschichtsbücher ein.
England konnte zwar nicht komplett überzeugen, hat aber gute Chancen das Achtelfinale zu erreichen, das wieder im Londoner Wembley-Stadion stattfindet. Kroatien muss sich steigern, um sich sicher als Gruppenzweiter zu qualifizieren.
Österreich – Nordmazedonien 3:1
Die rumänische Hauptstadt Bukarest war der Ort für der Premiere: Zum ersten nahm die Nationalmannschaft Nordmazedoniens an einem großen Fußballturnier teil. Nordmazedonien – da war doch was? Genau, die Männer vom Balkan hatten zuletzt Jögi Löws DFB-Elf nach einem indiskutablen Auftritt in der Fußball-WM-Qualifikation 2:1 geschlagen.
Beflügelt von diesem Prestige-Erfolg ging Nordmazedonien auch ins erste Vorrundenspiel der Fußball-EM 2021 gegen Österreich. Mit viel Leidenschaft konnte der Außenseiter zunächst ein 0:0 halten, doch vor rund 16.000 Fans erzielte Lainer mit einem anspruchsvollen Volley nach Sabitzers feiner Flanke das frühe 1:0 für die Österreicher.
Es sah so aus, als würde sich der Favorit frühzeitig durchsetzen können, doch dann leistete sich die Abwehr der im ungewohnten Schwarz-Türkis spielenden Österreicher einen peinlichen Schnitzer. Hinteregger wollte eine Hereingabe klären und schoss Sabitzer an. So sprang die Kugel zu Bachmann, der sie nicht kontrollieren konnte und entscheidend von Trajovski gestört wurde. Am Ende war Pandev zur Stelle und musste nur noch einschieben – ein historischer Treffer, schließlich war es das erste Tor für Nordmazedonien bei einem großen Turnier.
In der Folge erkämpften sich die Underdogs, angefeuert von ihren frenetischen Fans, ein ausgeglichenes Chancenverhältnis gegen immer nervöser agierende Österreicher. Erst, als Bayern Münchens scheidender Star David Alaba auf seine angestammte Linksverteidiger-Position rückte und mit Marko Arnautovic und Michael Gregoritsch zwei erfahrene Joker ins Spiel kamen, wurde es wieder besser.
Erst hielt Gregoritsch in der 78. Minute sein feines Füßchen nach Alaba-Flanke von links hin und erzielte das 2:1. Arnautovic ließ vergessen, dass er angeschlagen zur Fußball-EM angereist war, lief allen nordmazedonischen Abwehrspieler davon und netzte in der 89. Minute wuchtig zum 3:1 ein.
Die Mannen vom Balkan können sich über einen Prestige-Gewinn freuen, müssen nun aber gegen die Ukraine unbedingt punkten. Österreich muss nach Amsterdam reisen und dort den Niederländern deutlich mehr entgegensetzen als in diesem Spiel.
Niederlande – Ukraine 2:0
Schon den ganzen Tag war Amsterdam in Orange getaucht. Nach langen Monaten des Corona-Lockdowns freuten sich die Menschen auf ein Spiel ihrer „Elftal“ in der heimischen Johan-Cruyff-Arena. Gegner Ukraine durfte sich schon vor dem Spiel als Sieger sehen, hatte die UEFA doch Russlands Einspruch gegen das Design des Nationalmannschafts-Trikots abgelehnt. Moskau hatte moniert, dass dort die Ukraine inklusive der von Russland annektierten Krim dargestellt wird, aber diese Annexion ist schließlich international nicht anerkannt.
Auf dem Platz legte dann „Oranje“ los wie die Feuerwehr. Fast im Minutentakt erspielten sie sich Chancen und die Ukraine wankte bedenklich. Ungefähr nach 15 Minuten konnten sich die Osteuropäer aus der Umklammerung lösen und immer wieder gut durchdachte Angriffe starten. Der Favorit aus den Niederlanden war gewarnt und nun bis zur Pause deutlich mehr auf Absicherung bedacht. Andriy Shevchenko, Trainer der Ukrainer und früherer Weltklassespieler, ging sichtlich zufrieden in die Pause.
In der zweiten Halbzeit sah das Bild wieder anders aus. Die Gastgeber legten wieder vermehrt den Vorwärtsgang ein und wurden belohnt. Ein schöner Steilpass wurde in der 52. Minute auf die rechte Seite zu Dumfries gespielt, der konnte nach einem ukrainischen Abwehrfehler durchlaufen und scharf in die Mitte flanken. Der ukrainische Keeper Bushchan ließ den Ball nach vorne abklatschen, doch dort lauerte Wijnaldum und schlenzte die Kugel aus 13 Metern in die linke Ecke.
Doch damit nicht genug! Angefeuert von den wie immer besonders schön herausgeputzten Oranje-Fans wurde auf 2:0 erhöht. Wieder ging Dumfries auf rechts, verlor dann aber eigentlich den Ball im Strafraum. Matviienko legte allerdings unfreiwillig auf für Weghorst, der aus sechs Metern satt vollstreckte. Der Stürmer des VfL Wolfsburg genoss sichtlich die Sprechchöre der Fans, während das Tor vom Video-Assistenten auf Abseits untersucht, aber als regulär gegeben wurde. Der deutsche Schiedsrichter Dr. Felix Brych hatte wieder einmal richtig gelegen.
Es sah alles nach einem Favoritensieg aus, doch dann tauchte Yarmolenko nach einem ukrainischen Konter vor dem niederländischen Strafraum auf und erzielte nach Doppelpass mit Yaremchuk ein Traumtor in den Winkel. Keeper Stekelenburg, mit 38 Jahren der Oldie dieser Fußball-EM, sah bei dieser Aktion in der 75. Minute nicht gut aus. Nur wenige Zeigerumdrehungen stand es sogar 2:2! Ein perfekter Kopfball von Yaremchuk nach Freistoß sorgte für den nicht unverdienten Ausgleich in der 79. Minute, der das Amsterdamer Stadion zum Schweigen brachte. Doch dann in der 85. Minute der Rückschlag in Form von Dumfries, der einen wuchtigen Kopfball zum 3:2-Endstand im ukrainischen Kasten unterbrachte.
Nach dem bislang besten und dramatischsten Spiel dieser Fußball-EM sind die Niederlande obenauf, doch die Ukrainer müssen sich nicht grämen. Mit so einer Leistung sollten sie als Favorit in die entscheidenden Partien gegen Österreich und Nordmazedonien gehen.