Die Justizministerinnen und -minister von CDU und CSU fordern vom Bund Änderungen des Cannabis-Gesetzes. Man beobachte mit Sorge, dass Gerichte seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes immer wieder zu der Ansicht gelangten, Angeklagte vom Vorwurf der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln freisprechen zu müssen, weil bestimmte Beweismittel nach dem neuen Gesetz nicht mehr verwertet werden könnten, teilten die Ministerinnen und Minister aus Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt sowie die Justizsenatorin aus Berlin gemeinsam mit.
Die Länder fordern von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), die Gesetzeslücke schnell zu schließen. Dazu solle im Rahmen bereits anstehender Überarbeitungen des Cannabis-Gesetzes auch der entsprechende Passus der Strafprozessordnung geändert werden.
«Ausgerechnet Drogendealer, die im großen Stil gegen unsere Gesetze verstoßen, sind jetzt Nutznießer des neuen Cannabis-Gesetzes der Ampel-Regierung. Das ist ein fatales Signal», sagte Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU). Den Behörden würden wichtige Ermittlungsinstrumente aus der Hand genommen, kritisierte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). «Davon profitieren die Täter schwerer banden- und gewerbsmäßiger Drogenkriminalität. Dadurch wird Deutschland für die organisierte Kriminalität zunehmend attraktiver.»
Rückendeckung vom Deutschen Richterbund
Rückendeckung kam vom Deutschen Richterbund. Das Cannabis-Gesetz sorge für erhebliche Rechtsunsicherheit, bemängelte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. «Jetzt zeigen sich Regelungslücken, vor denen viele Experten bereits im Gesetzgebungsverfahren eindringlich gewarnt haben.» Die Bundesregierung solle sich notwendigen Korrekturen nicht verschließen. «Das erklärte Ziel des Cannabis-Gesetzes ist schließlich, organisierte Drogenkriminalität einzudämmen und den Schwarzmarkt auszutrocknen, nicht Dealern das Geschäft zu erleichtern.»
Die Justizministerinnen und -minister verweisen auf ein Urteil des Landgerichts Mannheim. Das hatte Anfang April einen Mann freigesprochen, der insgesamt 450 Kilogramm Marihuana nach Deutschland geschmuggelt haben soll. Das Gericht sei zur Überzeugung gekommen, dass die Hauptbeweismittel - verschlüsselte Chatnachrichten der Software Encrochat - nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr verwertbar seien. Dieser Auffassung hätten sich inzwischen weitere Gerichte in Urteilen angeschlossen.
Dem Schwarzmarkt den Boden entziehen
Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums hatte dazu bereits bei einer früheren Gelegenheit betont, es gehe darum, dem Schwarzmarkt den Boden zu entziehen. «Die Bekämpfung der Kriminalität muss allerdings mit rechtsstaatlichen Mitteln erfolgen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen.»
Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung seien «sehr eingriffsintensive Ermittlungsmaßnahmen», die nur bei schweren beziehungsweise besonders schweren Straftaten zulässig seien. Es bleibe abzuwarten, wie sich der Bundesgerichtshof im Verfahren des Mannheimer Landgerichts positioniere und wie die Rechtsprechung in anderen vergleichbaren Fällen ausfallen werde.
Der Bundestag soll in der kommenden Woche Änderungen an dem Gesetz beschließen. Dabei geht es unter anderem um einen neuen Grenzwert für Autofahrer, ein Alkoholverbot am Steuer bei Cannabiskonsum sowie zusätzliche Bestimmungen für die neuen Anbauvereine, um das Entstehen von Großplantagen zu verhindern.