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Pistorius: Putin darf mit Angriffskrieg nicht durchkommen

Der deutsche Verteidigungsminister ist für vier Tage zu Gesprächen in den USA und Kanada. Er beschwört die militärische Zusammenarbeit der westlichen Partner gegen Putins Russland.
Pistorius in den USA
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) trifft bei seiner Militärpolitischen Reise nach New York Amtskollegen, Diplomaten und Offiziere. © Britta Pedersen/dpa

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat zum Auftakt einer militärpolitischen Reise in die USA und nach Kanada zu weiterer gemeinsamer Unterstützung der Ukraine gegen die russischen Angreifer aufgerufen. Dabei betonte er auf seiner ersten Station in New York vor Vertretern des American Jewish Committee, das jüdische Interessen vertritt, die verstärkten Beiträge Deutschlands in der Nato.

Putin dürfe mit seinem brutalen Angriffskrieg nicht durchkommen. «Es geht um die Frage, ob und wie Demokratien sich verteidigen», sagte Pistorius. Dies sei Europas wichtigste strategische Frage und der Angriff darüber hinaus die größte Bedrohung für die internationale Ordnung.

Mit den Nato-Partnern USA und Kanada will der SPD-Politiker bis Freitag über die sicherheitspolitische Lage in der Welt beraten und ihnen das verstärkte deutsche Engagement im Bündnis erläutern. Pistorius wird seinen US-Amtskollegen Lloyd Austin morgen in Washington treffen und den kanadischen Verteidigungsminister Bill Blair am Freitag in Ottawa.

Pistorius: «Die Zeit der Friedensdividende ist vorbei»

Zuletzt waren in Berlin Zweifel laut geworden, ob Deutschland ausreichend auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November und die möglichen Konsequenzen vorbereitet ist. Der Republikaner hatte bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. Im Berliner Verteidigungsministerium geht man davon aus, dass die Kurskorrektur Deutschlands nicht ausreichend verstanden worden ist.

«Die Nato ist für unsere Sicherheit von zentraler Bedeutung und wir nehmen sie nicht als gegeben», sagte Pistorius. «Wir haben verstanden, dass sich die Zeit einmal mehr verändert hat. Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt und die Zeit der Friedensdividende ist vorbei. Deshalb leisten wir unseren Beitrag. Deutschland wird in diesem Jahr mehr Geld für Verteidigung ausgeben als je zuvor in der Geschichte der Bundeswehr.» Er verwies darauf, dass das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreicht werde «und wir können an diesem Punkt nicht aufhören».

Ein regionaler Flächenbrand müsse verhindert werden

Vor den Vertretern des American Jewish Committee verurteilte Pistorius die Terrorangriffe der Hamas vom 7. Oktober in Israel, die den Gaza-Krieg und eine größere Eskalation in der Region ausgelöst haben. Die Hamas habe unaussprechliches Leid über viele unschuldige Menschen gebracht, sagte der Minister. Zugleich müsse ein regionaler Flächenbrand verhindert werden. Die aktuelle Lage im Gazastreifen erwähnte Pistorius in seiner Rede nicht ausdrücklich. Eine folgende Diskussion fand hinter verschlossenen Türen statt.

Pistorius will noch heute ein Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres in New York führen. Danach will er das Rüstungsunternehmen Boeing in Philadelphia besuchen, das zwei Großaufträge der Bundeswehr für 60 schwere Transport-Hubschrauber vom Typ CH47-F «Chinook» sowie mehrere Seefernaufklärer vom Typ P-8A «Poseidon» erhalten hat. Für die Modernisierung der Bundeswehr kauft Deutschland auch von anderen US-Herstellern für Milliardenbeträge ein. So werden für die Luftwaffe 35 Tarnkappenjets vom Typ F-35 des Herstellers Lockheed Martin gekauft und es wurden Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot bestellt.

Pistorius: Schuldenbremse darf Verteidigungsausgaben nicht beschränken

Die Schuldenbremse darf nach Ansicht von Pistorius nicht die Ausgaben für die Verteidigung beschränken. Der SPD-Politiker forderte am Rande des Besuchs in New York, Ausgaben für die Bundeswehr und auch für Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. «Die Schuldbremse bliebe ja bestehen, aber die Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz würden nicht dort eingerechnet», sagte Pistorius der Deutschen Presse-Agentur. Sein Haus habe dazu ein Rechtsgutachten erstellt.

Finanzminister Christian Lindner reagierte umgehend. «Der Kollege Pistorius zeigt leider nur die Option auf, Sicherheit durch Schulden zu schaffen. Den Bürgern werden so immer mehr dauerhafte Zinslasten aufgehalst», sagte der FDP-Chef der dpa. «Der bessere Weg ist, in unserem großen Staatshaushalt Geld umzuschichten und die Wirtschaft in Fahrt zu bringen.»

Im Jahr 2028 ist das sogenannte Sondervermögen für die Bundeswehr mit einem 100-Milliarden-Euro-Topf ausgegeben, aber schon für das nächste Jahr will Pistorius deutliche Erhöhungen im regulären Verteidigungsetat, weil sonst ein «Rüstungsstopp» drohe. «Es wird keine einfache Antwort auf die Frage geben, woher das viele Geld kommen soll, was wir brauchen, die Lücke zu schließen», sagte Pistorius, der seinen Bedarf bei Lindner angemeldet hat.

«Wir reden von 6,5 bis 7 Milliarden Euro Zusatzbedarf für das kommende Jahr. Der Mehrbedarf wird auch in den Jahren danach weiter aufwachsen, weil das Sondervermögen schon ab Ende dieses Jahres vertraglich gebunden und damit ausgeschöpft sein wird», sagte Pistorius der dpa. «Wir müssen uns ehrlich machen: Ab 2028 wird eine nicht unbeträchtliche zweistellige Milliardenbetragserhöhung nötig sein.»

© dpa
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